Einkäufer sehen leichte Entspannung

Versorgungslage bessert sich, Preise sinken nur vereinzelt

17. April 2023, 14:00 Uhr | Engelbert Hopf
Vor allem im Bereich sehr kleiner passiver Bauelemente, die vor allem in der Consumer-Elektronik zum Einsatz kommen, hat sich die Verfügbarkeit in den letzten Monaten deutlich verbessert. Für den Einsatz in der Industrieelektronik werden diese aber eher selten in Betracht gezogen.
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Standardkomponenten und passive Bauelemente sind nach einer aktuellen Umfrage unter strategischen Einkäufern wieder besser verfügbar als 2022. Ob das so bleibt, werden die nächsten Monate zeigen. Zieht in Asien die Consumer-Elektronik wieder an, könnte es für Anwender in Europa wieder eng werden.

In manchen Bereichen der Elektronikbranche scheint sich die Liefersituation langsam zu entspannen, mancherorts ist sogar von partiell sinkenden Preisen die Rede. Eine Trendwende oder nur eine vorübergehende Phase? Markt&Technik hat strategische Einkäufer in verschiedenen Bereichen der Elektronikbranche nach ihren aktuellen Erfahrungen mit Lieferzeiten und Preise gefragt.

»Vor einem Jahr wurden die Lieferketten noch massiv durch Lockdowns etwa in Shanghai oder Malaysia gestört«, vergleicht Ruben Conzelmann, Vice President Purchasing bei Pilz, die aktuelle Situation mit der von Anfang 2022. »Diese Lockdowns gibt es nicht mehr, gleichzeitig ging die Nachfrage im Consumer-Bereich zurück; bei einigen Komponenten führte das bislang zu einer besseren Verfügbarkeit.« Speziell bei Granulaten, Leiterplatten und elektromechanischen Bauelementen stellte er zuletzt eine Verbesserung der Versorgungssituation fest.

Eine leichte Verbesserung bei der Belieferung mit mechanischen Baugruppen sieht Andrea Glawa, Regionale Vertriebsdirektorin beim Maschinenbauer Kroenert: »Elektronikbauteile sind aus unserer Sicht jedoch kritisch, aber auch hier verbessert sich die Situation langsam nach der inzwischen erfolgten vollständigen Öffnung Chinas.« Ihr vorläufiges Fazit: »Mechanische Teile sind inzwischen einfach wieder zuverlässiger zu bekommen.«

Marco Wiegand, im strategischen Einkauf Elektronik bei Jumo tätig, gibt zwar zu, »dass es derzeit den Anschein erweckt, als wenn es im 2. Quartal 2023 zu einer temporären Trendwende kommen könnte und Bauteile wieder besser verfügbar sein könnten«. Er berichtet aber auch davon, dass die Freude bei Jumo groß war, als vor Kurzem, 22 Monate nach der Bestellung, Analog-Switches geliefert wurden. Gleichzeitig wartet man aber immer noch auf die Anlieferung eines Bauelements, dass im November 2020 bestellt wurde und nun voraussichtlich im Juli dieses Jahres, also 32 Monate später, geliefert werden soll.

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Andrea Glawe, Kroenert: »Wir sehen einen leichten Trend zur Verkürzung der Lieferzeiten für mechanische Baugruppen. Die Situation bei Elektronikbauteilen ist dagegen immer noch kritisch.«
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»Bisher war eine Abschwächung des chinesischen Marktes spürbar, wodurch Standardkomponenten und passive Komponenten teilweise wieder besser verfügbar waren«, berichtet Hauke Hannig, Pressesprecher der ebm-papst-Gruppe. »Mikrocontroller, Analog-ICs und Leistungshalbleiter sind nach wie vor nur schwer verfügbar. Legacy Bauteile bleiben extrem schwierig.« Eine wirkliche Hilfe ist die Schwäche des asiatischen Konsumgütermarktes, speziell auch im Halbleiterbereich, für die ebm-papst-Gruppe nicht, wie Hannig versichert: »Wir setzen halt typischerweise keine High-End-Prozessoren oder Speicher ein.«

Wie sich die generelle Situation in der deutschen Elektro- und Digitalindustrie hinsichtlich der Versorgungssicherheit darstellt, beantwortet der Branchenverband ZVEI mit dem Fakt, dass im 1. Quartal 2023 rund 68 Prozent seiner Mitglieder über Versorgungsengpässe klagten. Vor einem Jahr seien es noch 88 Prozent gewesen.

So seien etwa Leiterplatten und zugehörige Sondermaterialien inzwischen wieder besser verfügbar. Allgemein betrachtet habe sich die Situation also etwas entspannt, allerdings stelle die Materialknappheit nach wie vor das größte Produktionshemmnis für die Mitgliedsfirmen dar.

Schmidt Torsten
Torsten Schmidt, Puls-Gruppe: »Bei Preisnachlässen zeigen sich die etablierten Hersteller zumeist noch nicht kooperativ. Wir weichen darum auf qualitativ gleichwertige, im Westen noch nicht so bekannte Hersteller aus.«
© Puls

Hört man sich beispielsweise bei den Stromversorgungsspezialisten im deutschsprachigen Raum um, dann wird schnell klar, wo es immer noch hakt – bei Leistungshalbleitern, analogen ICs und diversen Kondensatoren. »Es sind zwar wesentlich weniger Produkte von Engpässen betroffen als noch vor einem Jahr«, so Gerhard Reifner, Head of Corporate Supply Chain Management & IMS bei Recom Power, »aber insbesondere bei ICs und MOSFETs einzelner Hersteller gibt es weiterhin Schwierigkeiten mit langen Lieferzeiten, kurzfristigen Lieferverzögerungen und fehlender Verfügbarkeit am Markt«. »Bei C-Bauteilen wie passiven Bauelemente oder Dioden hat sich die Versorgungslage etwas verbessert«, stellt auch Dieter Kocevar, Geschäftsführer der Autronic Steuer- und Regeltechnik fest, »aber bei MOSFETs, Transistoren und ICs ist bislang kaum eine umfassende Erleichterung zu erkennen«.

Kai Heinemann, Geschäftsleiter Entwicklung und Produktmanagement bei Block Transformatoren-Elektronik, sieht das ähnlich: »Waren im letzten Jahr praktisch alle Materialien von Lieferengpässen betroffen, beschränkt es sich nun auf einige Bereiche, in erster Linie sind es aber Leistungshalbleiter.« Eine Verbesserung der Lage sieht Heinemann bei passiven Bauelementen und aktiven Komponenten mit kleiner Leistung, »zum Teil gilt das inzwischen sogar für Mikrocontroller«.


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