Renesas Electronics

»Das Automotive-Geschäft entwickelt sich prächtig«

30. Januar 2023, 15:00 Uhr | Iris Stroh
Takeshi Kataoka
Takeshi Kataoka, Renesas Electronics: »Wir wollen eine vollständig skalierbare Lösung anbieten. Im Automotive-Segment bieten wir schon skalierbare Produkte an, aber das gilt für die MCUs und SoCs getrennt. Im nächsten Schritt werden wir die Lücke zwischen diesen beiden Familien schließen, das heißt, dass wir in der nächsten Generation von Produkten auch zwischen den Familien die Tool-Chain, die Software-Wiederverwertbarkeit, dasselbe IP etc. gleichhalten werden.«
© Renesas Electronics

Die IIoT-Business-Unit (BU) von Renesas Electronics kann mit enormen Zuwachsraten aufwarten, die Automotive-BU nicht. Takeshi Kataoka, Senior Vice President & General Manager der Automotive Solution Business Unit bei Renesas Electronics, ist dennoch durchaus zufrieden mit der Entwicklung.

Markt&Technik: Schaut man sich die Zahlen von Renesas von 2021 und 2022 an, so ist auffällig, dass der Umsatz, den Renesas im Automotive-Segment erzielt, deutlich langsamer wächst als der Umsatzanteil, der aus dem IIoT-Bereich kommt. Woran liegt das?

Takeshi Kataoka: Das liegt daran, dass Renesas in den letzten Jahren viele Unternehmen übernommen hat, einschließlich Dialog, IDT und Intersil, und diese Übernahmen kommen bislang vorwiegend unserer IIoT-BU zugute.

Dann sind Sie mit der Geschäftsentwicklung im Automotive-Segment also durchaus zufrieden?

Derzeit auf alle Fälle. Natürlich gibt es immer Risiken, aber die Nachfrage im Automotive-Segment ist immer noch sehr hoch. Das Problem in diesem Absatzmarkt liegt eher auf der Angebotsseite, sprich: den Lieferengpässen der letzten Zeit.

Deshalb konzentrieren wir uns momentan darauf, sowohl unsere eigenen Produktionskapazitäten auszubauen als auch mit unseren Outsourcing-Partnern über höhere Kapazitätszuteilungen zu verhandeln. Das betrifft im Front-End-Bereich hauptsächlich TSMC, aber wir verhandeln auch mit unseren OSAT-Partnern an entsprechenden Abkommen (OSAT: Outsource Semiconductor Assembly and Test – Anmerkung der Redaktion).

Aber auch in Hinblick auf Leistungshalbleiter hat sich Renesas zu einer großen Investition entschlossen: Wir haben fast 90 Milliarden japanische Yen in die vormals geschlossene Kofu-Fab investiert, um sie wieder hochzufahren; 2024 soll die 300-mm-Fab wieder laufen.

Und diese Fab wird ausschließlich für Leistungshalbleiter und für den Automotive-Markt verwendet?

Ja, etwa 95 Prozent der Kapazitäten sind für Automotive bestimmt. Die Elektromobilität setzt sich immer mehr durch und generiert die Nachfrage. Daran ändert auch nichts, dass Infineon und andere Konkurrenten ebenfalls enorme Investitionen in den Kapazitätsausbau tätigen, die Nachfrage wird weiter steigen.
Hinzu kommt noch, dass die OEMs immer wieder einen zweiten Halbleiterlieferanten in Betracht ziehen. Denn sie wollen sich nicht nur auf eine einzige Lieferquelle verlassen.

Das ist normalerweise nicht so einfach, beispielsweise von einem Mikrocontroller auf einen anderen umzusteigen.

Ja, das stimmt, aber das gilt typischerweise mehr für traditionelle OEMs. Aufstrebende OEMs wie BYD, aber auch Tesla, sind hier schneller. Wir waren beispielsweise selbst sehr überrascht, als sich einer unserer OEM-Kunden entschieden hat, den Anbieter zu wechseln, aber das Unternehmen hat diesen Schritt in nur drei Monaten umgesetzt.

Kann Renesas die erfolgten Übernahmen überhaupt nicht im Automotive-Segment nutzen?

Doch. Bislang waren wir sehr stark mit digitalen Produkten, MCUs und SoCs, im Automotive-Markt vertreten. Aber mittlerweile stehen uns Design-Möglichkeiten auch im Analog/Power-Bereich dank der Übernahmen von Intersil, IDT, Dialog und Celeno offen. Derzeit erzielt Renesas seinen Automotive-Umsatz zwischen 55 und 60 Prozent mit MCUs, auf unsere SoCs entfallen 15 Prozent, die restlichen 25 Prozent entfallen auf Analog- und Power-Produkte. Aber unser Ziel ist es, den Anteil von Analog und Power auf 50 Prozent zu erhöhen. Und bislang sieht es gut aus, dass wir dieses Ziel auch erreichen, denn wir konnten unsere Design-Wins bei Analog und Power ausbauen und damit unseren Umsatzanteil mit Analog/Power bald auch erhöhen.

In Japan soll mit Rapidus eine japanische Foundry aufgebaut werden, die mit Strukturgrößen von 2 nm fertigen soll. Ist Renesas daran beteiligt?

Nein, unsere grundlegende Strategie heißt »Fab Lite«. Wir ziehen immer ein zweifaches oder mehrfaches Sourcing in Betracht, bei einer Single Source besteht immer ein potenzielles Risiko, das sich sowohl auf den Preis als auch auf die Lieferfähigkeit auswirken kann.

Es heißt, dass die OEMs aufgrund der schwierigen Liefersituation der letzten zwei Jahre heute wirklich an einem partnerschaftlichen Verhältnis zu ihren Tier-Two-Zulieferern interessiert sind. Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?

Ja, das stimmt. Die Meinung der OEMs hat sich geändert, das gilt insbesondere für die europäischen OEMs, aber auch in den USA. Mittlerweile wollen mehr OEMs direkt mit den Tier-Two-Unternehmen kommunizieren. Es ist heute klar, dass für eine sichere Lieferkette eine Zusammenarbeit zwischen allen drei Parteien – OEMs, Tier-Ones und Tier-Twos – sehr wichtig ist.

Unsere Zusammenarbeit mit Vinfast ist ein Beispiel, das zeigt, dass wir auch direkt mit OEMs zusammenarbeiten, und wir begrüßen die Zusammenarbeit ganz ausdrücklich. Europäische und US-amerikanische OEMs benötigen jedoch nicht das gleiche Maß an Unterstützung, denn sie verfügen typischerweise über Inhouse-Möglichkeiten, ihre eigenen Software-Plattformen herzustellen, zumindest in einem gewissen Umfang. Aber im Falle von Vinfast müssen wir proaktiv eine schlüsselfertige Lösung vorschlagen. Das heißt, Vinfast benötigt mehr Unterstützung, als das bei den etablierten OEMs der Fall ist.

Aber auch mit europäischen OEMs werden wir in Zukunft unsere Produkt- und Technologie-Roadmaps teilen und die dazugehörigen Zeitpläne. Denn dann können die Unternehmen sich besser mit unseren zukünftigen Produkten abstimmen; das ist aber eine etwas andere Zusammenarbeit.

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