Neue Regierung, ein riesiges Investitionsprogramm – eigentlich sollte das Jahr 2025 für die deutsche Stromversorgungsbranche erste positive Anzeichen für eine Trendwende bringen, doch das scheint nur partiell der Fall zu sein. Trumps Zollchaos wirkt als Stimmungskiller - für 2026 sieht besser aus.
Aufschwung, Trendwende? Weit gefehlt: Das Gros der im deutschsprachigen Stromversorgungsmarkt tätigen Hersteller sieht in der bisherigen Entwicklung des Geschäftsjahres 2025 durchaus noch deutlich Luft nach oben. »Die ökonomische Unsicherheit in Deutschland und Europa ist nach wie vor spürbar«, stellt Christopher Haas, Managing Director bei TDK-Lambda Europe, fest. »Viele unserer Kunden agieren zurückhaltend, zögern mit ihren Bestellungen und verlassen sich auf die derzeit kurzen Lieferzeiten, anstatt längerfristig zu planen.«
»Wir bewegen uns vom Tiefpunkt weg, jedoch nur in kleinen Schritten«, analysiert Dr. Stefan Größbrink, Managing Director bei AEconversion, die Entwicklung der letzten acht Monate. »Vor allem die Branchen Automatisierung und Intralogistik befinden sich nach wie vor in einer sehr angespannten Lage.« Wenigstens einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es: »Das Auslandsgeschäft ist weiterhin robuster.«
»Nach einem kurz aufleuchtenden Lichtlein am Ende des Tunnels im zweiten Quartal dieses Jahres ist inzwischen wieder Ernüchterung in unser Basisgeschäft eingezogen«, zieht Hermann Püthe, Geschäftsführender Gesellschafter der inpotron Schaltnetzteile, eine vorläufige Bilanz des bisherigen Geschäftsjahres 2025. »Insbesondere alles rund um die Gebäudesystemtechnik und die Beleuchtung ist weiterhin schwach.«
Man kann es auch so ausdrücken: »Das Jahr 2025 ist weiterhin von der weltweiten spürbaren Unsicherheit geprägt, die mit dem Ukrainekrieg begann, die deutsche Regierungskrise überdauerte und mit der Trump-Regierung dann neues Öl bekommen hat«, fasst Martin Tenhumberg, Managing Director DACH bei Traco Power, den bisherigen Verlauf des Jahres aus seiner Sicht zusammen.
Doch nicht alles ist grau und perspektivlos. »Im ersten Halbjahr 2025 haben wir eine leichte Nachfragebelebung gespürt«, beschreibt Markus Bicker, Gründer und Geschäftsführer der Bicker Elektronik den bisherigen Verlauf des Geschäftsjahres. »Diese Nachfragebelebung fußt hauptsächlich auf den Bereichen Industrieautomation und Medizintechnik.« Da man die Erwartungen für 2025 deutlich nach unten korrigiert hatte, liegt man nach seiner Auskunft, »aktuell in etwa auf dem erwarteten Niveau«.
Positive Ansätze gibt es in diesem Jahr nach Auskunft von Thomas Widdel, Managing Director bei Eplax, »im Bereich Auftragseingang«. Von »im Großen und Ganzen erfüllten Erwartungen für 2025« spricht Bernhard Erdl, Gründer und CEO der Puls-Gruppe. „Erfüllte Erwartungen“, mit diesem Terminus lässt sich auch Kai Heinemann, General Manager Development and Product Management bei der Block Transformatoren-Elektronik zitieren.
Für Oliver Walter, CEO der Camtec Power Supplies, hätte speziell das erste Halbjahr 2025 erfreulicher verlaufen können: »Das erste Halbjahr war angespannt. Da wir als Camtec immer tief im Projektgeschäft stecken, war der Auftragseingang in den ersten sechs Monaten dieses Jahres ungewöhnlich stark schwankend – mal sehr hoch und dann wieder sehr schwach.« Sein Fazit: »Leider ist das eingetreten, was ich erwartet hatte, nicht das, was ich gehofft hatte.«
Richtig gut gelaufen ist es dagegen offenbar bei Recom Power. »Wir haben in Europa auch im achten Monat in Folge eine positive Book-to-Bill-Rate gehabt«, freut sich Uwe Frischknecht, Managing Director Sales EMEA bei Recom. »Auch das Umsatzwachstum zum Vorjahr liegt im zweistelligen Bereich.« Bislang habe der Verlauf des Geschäftsjahres die Erwartungen mehr als erfüllt, »sodass wir mit Optimismus auch in die nächsten Quartale blicken«.
»Wir sind mit dem Verlauf von 2025 sehr zufrieden«, versichert auch Georg Beretitsch, Managing Director bei Phoenix Contact Power Supplies. »Das bisherige Ergebnis für das Stromversorgungsgeschäft übertrifft unsere ursprünglichen Erwartungen und entspricht nahezu unserem »Best-Case« Planungsszenario für 2025.« Insgesamt rechnet man deshalb in Paderborn mit einem erheblichen Umsatzzuwachs des Stromversorgungsgeschäfts in diesem Jahr.
Teilt man in der Stromversorgungs-Distribution diese teilweise sehr positive Sicht der Stromversorgungshersteller auf den bisherigen Verlauf des Jahres? Jan Stoll, Team Leader Market Intelligence and Rutronik Analytics bei Rutronik Elektronische Bauelemente, verweist auf die DMASS-, IDEA- und FBDI-Zahlen für den europäischen Distributionsmarkt 2024 und weist darauf hin, »dass wir für 2025 mit keiner signifikanten Verbesserung rechnen. Vielmehr weisen die Marktsignale für das 3. und 4. Quartal dieses Jahres auf eine Seitwärtsbewegung hin«. Zwar erreiche die Book-to-Bill Werte von um die 1, »jedoch auf geringem Niveau«.
»Die Marktsituation ist immer noch sehr verhalten«, konstatiert Uwe Daro, Produkt Manger bei Fortec Power. »Gebäudetechnik, Automatisierungstechnik und die Industrieelektronik sind noch immer nicht wieder auf dem Niveau der letzten Jahre angekommen.« Man habe zwar durch die Anpassung des Workflows an den geänderten Markt und die Priorisierung auf Fokuskunden und Märkte Erfolge erzielt, »aber ein funktionierender Markt wäre uns in Zukunft sehr willkommen«!
Frank Stocker, Field Application Engineer Power Supplies bei Schukat electronic, hat im bisherigen Verlauf dieses Jahres Ähnliches beobachtet wie einige der oben zitierten Stromversorgungshersteller: »Nach einem guten ersten Quartal 2025 gab es leider bereits im zweiten Quartal wieder einen leichten Dämpfer. Wir hatten erwartet, dass eine mögliche Umsatzsteigerung nicht vor dem zweiten Halbjahr 2025 möglich sein wird, und das hat sich bewahrheitet.«
Als ziemlich stabil beurteilt Andreas Hanausek, Produkt Manager und Field Application Engineer für Stromversorgungen bei Codico, den bisherigen Geschäftsverlauf. »Wir sehen relativ viele Neuentwicklungen, müssen aber auch feststellen, dass Projekte tendenziell eher verspätet realisiert werden.«
Besteht noch die Chance auf einen erfolgreichen Herbst? »Wir werden sowohl global als auch in Europa das Jahr 2025 mit einem gesunden Wachstum abschließen«, ist sich Frischknecht von Recom sicher. »Es sind die Neuprojekte, die für einen Umsatzzuwachs im restlichen Jahr sorgen werden«, meint Heinemann bei der Block Transformatoren-Elektronik. »Der erwartete Wiederansprung der langjährigen Bestandskunden wird wohl auch im Rest des Jahres nicht so erfolgen wie erhofft.«
Bei der Puls-Gruppe sieht Erdl für den Rest des Jahres 2025 alles »On Track« für ein hohes einstelliges Umsatzwachstum. Eine Verbesserung im Bereich Auftragseingang ist das, was Widdel bei Eplax für den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres noch erwartet. »Einen Umsatzzuwachs hatten wir aufgrund des unsicheren Marktumfelds ohnehin nicht geplant.«
Bicker hofft darauf, »dass die angebotenen Projekte dieses Jahres zumindest teilweise in den verbleibenden Monaten noch als Aufträge eingebucht werden können«. »Es wird wohl nicht mehr zweistellig werden«, schätzt Püthe bei inpotron Schaltnetzteile, »aber bei Neuprojekten sehen wir für den Rest des Jahres noch ein Wachstum.« »Nein, eine signifikante Steigerung der wirtschaftlichen Dynamik im Rest des Jahres erwarte ich nicht mehr«, legt sich Dr. Größbrink bei AEconversion fest.
Abwarten, was der Endspurt des Jahres 2025 noch bringen wird, will Walter bei Camtec Power Supplies. »Das zweite Halbjahr sah bisher schon vielversprechender aus als das erste.« »Wir erkennen durchaus einen ersten positiven Trend im Bestellverhalten unserer Kunden«, sagt Haas bei TDK-Lambda. »Doch dieser Trend setzt zu spät ein, um die gesteckten Ziele für 2025 noch erreichen zu können.«
»Es ist immer noch so, dass die Kunden vermehrt auf Tag-zu-Tag-Bestellungen setzen und nur wenige es schaffen, Sicherheit in der Lieferkette durch langfristige Bestellungen zu schaffen«, resümiert Tenhumberg bei Traco Power. »Die Absatzmärkte, auch die unserer Kunden, sortieren sich momentan neu, trotzdem rechnen wir aktuell im Vergleich zu 2024 mit einem soliden Wachstum für 2025.«
Und rechnen die Stromversorgungs-Distributoren noch mit einem Auftragsendspurt für 2025? Bei Rutronik geht man für den Rest des Jahres derzeit nicht von einer signifikanten Verbesserung der Lage aus. »Der Markt braucht vor allem Stabilität«, benennt Daro bei Fortec Power das Hauptproblem des Jahres 2025. »Und derzeit ist es leider so, dass kleine Wachstumshoffnungen schon innerhalb von Sekunden durch einen Tweet zerstört werden können.«
»Nach dem Ende der Urlaubs- und Ferienzeit werden die verbleibenden Monate mit dem Blick auf die momentanen Bookings wohl eher eine begrenzte Dynamik entwickeln«, meint Stocker bei Schukat electronic. »Wir werden deshalb für 2025 nur ein kleines Wachstum erwarten dürfen.« Bei Codico hat Hanausek die Hoffnung auf ein zumindest geringes Wachstum noch nicht ganz aufgegeben: »Uns kommt zugute, dass Stromversorgungen in verschiedenen Märkten Anwendung finden und wir dadurch breit aufgestellt sind.«
Aber 2026 wird die Trendwende, der Aufschwung doch dann sicher kommen? Schließlich haben die Parteien der Mitte in Deutschland doch die gigantische Summe von über 1 Billion Euro für Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung für die nächsten zehn Jahre auf den Weg gebracht. Verpufft dieser Effekt angesichts der aktuellen geopolitischen Welt- und Wirtschaftslage?
»Wir sehen global für 2026 einen weiterhin stark wachsenden Bedarf für sichere, hochverfügbare Stromversorgungen und -systeme«, gibt sich Beretitsch bei Phoenix Contact Power Supplies sicher. »Wenn Teile des Investitionsprogramms in Deutschland hinreichend schnell zur Umsetzung kommen, können sie sicherlich 2026 einen ersten positiven Beitrag leisten!«
»Ich bin mir sicher, dass das Investitionsprogramm in Deutschland seine positiven Spuren hinterlassen wird«, legt sich Frischknecht bei Recom fest, schränkt aber ein: »Ein Teil dieses positiven Schubs wird jedoch sicherlich durch die neuen US-Zölle wieder zunichte gemacht werden.« »Wir erwarten für 2026 eine leichte Steigerung«, heißt es von Fortec Power Sachsenheim. »Immer davon ausgehend, dass die generell erwartete Steigerung der Wirtschaftsleistung in Deutschland tatsächlich eintritt.«
»Bislang sehen wir wenig konkrete Maßnahmen, die für ein Wachstum in der Investitionsgüterindustrie sorgen könnten«, meint Erdl bei Puls. »Nur der Militärbereich wird erkennbar profitieren. Die umfassende Unsicherheit durch das Zollchaos ist bislang tödlich für die Investitionsneigung, zumindest so lange, bis sich alle daran gewöhnt haben.«
»Ich gehe davon aus, dass sich bereits Anfang 2026 die ersten Effekte des Investitionsprogramms bemerkbar machen werden«, schätzt Walter bei Camtec Power Supplies, »und dass sie im Laufe des Jahres 2026 dann stark zunehmen werden.« Eine Einschätzung, die Dr. Größbrink von AEconversion teilt: »Wir erwarten darum für 2026 ein stärkeres Wachstum als in diesem Jahr.«
Bei Traco Power geht man davon aus, dass positive Signale wie das Investitionsprogramm und eine wie auch immer geartete Einigung im Zollstreit 2026 wieder für Planungssicherheit in der Industrie sorgen werden. »Mit diesem Schwung erwarten wir dann einen deutlich positiven Effekt auf das Stromversorgungsgeschäft«, sagt Tenhumberg.
Dass das alles so eintritt, davon scheinen aber nicht alle auf dem deutschsprachigen Markt tätigen Stromversorgungshersteller überzeugt zu sein. »Solange die Politik das Geld mit vollen Händen für Projekte rauswirft, die höchstens kurzfristig den Konsum fördern, bleibt wenig Hoffnung, dass noch Geld für wirkliche Investitionen übrig bleibt«, warnt Heinemann bei der Block Transformatoren-Technik.
»Natürlich hoffen wir auf positive Effekte aus dem Investitionsprogramm«, betont Widdel bei Eplax. »Allerdings sehen wir derzeit dafür noch keine Impulse seitens unserer Kunden.« »Entscheidend für den Erfolg dieser Programme wird sein, dass das staatliche Geld mit entsprechenden privaten Investitionen gehebelt werden kann«, meint Markus Bicker.
»Selbstverständlich ist die Erwartung, dass die Investitionen ein wirksames Wachstum erzeugen«, versichert Püthe bei inpotron Schaltnetzteile. »Die richtigen Maßnahmen zu treffen und die Wirtschaft zu stärken, ist notwendiger denn je, sonst wird der Wohlstand in unserem Land nicht mehr haltbar sein.«
»Wir sehen deutlichere Signale als zu Anfang des Jahres, die einen positiven Trend erkennen lassen«, erklärt Haas bei TDK-Lambda. »Doch von einem umfassenden Stimmungswandel kann noch keine Rede sein. In unseren Gesprächen mit den Kunden stellen wir aber bei einigen eine wachsende Zuversicht fest, die von einer stabilen Exportnachfrage, vor allem in Europa, profitieren.«
Und die Stromversorgungs-Distribution, die ihr Ohr am Markt hat, setzt sie für 2026 bereits auf die befreiende Dynamik des Investitionsprogramms in Deutschland? Aus Sicht von Stoll von Rutronik könnte 2026 durchaus ein Wendepunkt sein, mit Chancen durch massive Investitionen und Risiken durch geopolitische Spannungen: »Zum Tragen kommen werden da vor allem der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Modernisierung der Netzinfrastruktur. Außerdem ist zu erwarten, dass die Stromnachfrage durch die Elektrifizierung von Verkehr und Wärme steigen wird.«
»Investitionsprogramme sollten zumindest die positive Stimmung heben«, gibt sich Hanausek bei Codico vorsichtig. »Deutschland und auch Österreich können viel tun, um positive Effekte auf die lokale Wirtschaft zu forcieren.« Vorsichtig optimistisch zeigt sich auch Stocker von Schukat electronic: »Ob und inwiefern nach dem Beginn der Ausschüttung des Sondervermögens tatsächlich schon spürbare Effekte in Form von resultierenden Projekten zu erkennen sein werden, bleibt vorerst abzuwarten.«