Innerhalb weniger Monate hat sich die Stimmung in der deutschsprachigen Stromversorgungsszene verbessert. Ein Silberstreif zeigt sich am Horizont, der wohl auch mit Nachholeffekten des Vorjahres zu tun hat. Die Lager der Kunden sind sehr niedrig.
Mit einem spürbaren Aufschwung wird aber erst in der zweiten Jahreshälfte gerechnet.
Manchmal geht es dann doch schneller, als man denkt. War die Stimmung in der deutschsprachigen Stromversorgungsbranche im letzten Jahr mies, so scheint sie sich in den letzten Wochen doch überraschend aufgehellt zu haben. Was umso erstaunlicher ist, als noch im Oktober, November des letzten Jahres die Enttäuschung über ein vielerorts noch unter den Erwartungen verlaufenes 4. Quartal massiv auf die Branchenstimmung drückte.
Was ist passiert? »Auch ich hätte mich vor acht Wochen noch in den Chor der Pessimisten eingereiht«, gibt Thomas Widdel, Geschäftsführer der Bremer Eplax offen zu. »Mittlerweile sehen wird jedoch sowohl kundenseitig als auch bei Neuanfragen und unseren vertrieblichen Aktivitäten positive Zeichen, und das lässt uns optimistischer als noch vor einigen Wochen in das neue Jahr 2025 blicken«! Widdel geht letztlich aber davon aus, dass 2025 wie auch das Vorjahr ein Übergangsjahr sein wird, »was bedeutet, dass wir Investitionen und Neuentwicklungen vorsichtiger planen«.
Positive Stimmung auch bei Georg Beretitsch, Geschäftsführer der Phoenix Contact Power Supplies, »Wir blicken mit großer Zuversicht auf das Geschäftsjahr 2025. Die positiven Gespräche mit unseren Kunden und Partnern sowie das gute 4. Quartal 2024 bestärken uns dabei in unserem Optimismus«. Beretitsch sieht derzeit eine positive Entwicklung im Export und geht davon aus, »dass nachgelagert diese steigende Nachfrage auch auf Deutschland und Europa abstrahlen wird«.
Ähnlich in puncto Export äußert sich Christopher Haas, Geschäftsführer der TDK-Lambda Germany: »Da die internationalen Märkte häufig schneller anziehen und eher den Bedarf haben, erwarten wir bei einer Markterholung die ersten Anzeichen dafür im Export. Die Nachfrage in Deutschland und Europa wird dann voraussichtlich langsamer folgen«. Hoffnungen setzt man bei TDK-Lambda Germany auch auf die Politik, dass sie »eine positive Atmosphäre schaffe und Maßnahmen ergreift, um die Konjunktur anzukurbeln«.
»Was momentan motiviert, sind Neuprojekte, die spannend sind und ein beachtliches Volumen für die nächsten Jahre versprechen«, beschreibt Hermann Püthe, Geschäftsführender Gesellschafter der Inpotron Schaltnetzteile seinen aktuellen Blick auf den deutschen Stromversorgungsmarkt. Er geht davon aus, »dass wir mit einem einigermaßen konstanten Bestandsgeschäft im Vergleich zu 2024 und den erwähnten Neuprojekten im Jahr 2025 zum Wachstum kommen werden«.
So ähnlich sieht das auch Karsten Bier, CEO der Recom-Gruppe: »Wir hatten 2024 einen Umsatzanteil von 20 Prozent, der sich aus neuem Geschäft ergeben hat. Für 2025 erwarten wir einen außerordentlichen Wachstumsschub durch unsere neuen Technologien«. Überraschenderweise setzt er nicht auf eine Markterholung durch anspringenden Export. »Der europäische Markt sollte als erster wieder anspringen, wahrscheinlich wieder angetrieben von diversen Förderprogrammen«.
»Wir sehen uns aktuell besser aufgestellt als beispielsweise vor einem Jahr, und insofern sehen wir auch positiv in die Zukunft«, berichtet Kai Heinemann, General Manager Development and Product Management bei der Block Transformatoren-Elektronik. Man habe neue Kunden gewonnen, weitere Branchen erschlossen und die Produkterneuerung fortgesetzt. Da die Kassen leer seien, ist er pessimistisch, was den Einfluss von Förderprogrammen neuer Regierungen auf den Geschäftsverlauf 2025 angeht: »Da vermutlich keine Partei die absolute Mehrheit erreichen wird und so Kompromisse für Koalitionen eingegangen werden müssen, ergibt sich daraus ein hohes Maß an Unsicherheit«. Planungssicherheit würde wohl anders aussehen.
Etwas anders als bei den anderen Stromversorgungsspezialisten ist das Jahr 2024 offenbar bei MTM Power verlaufen. Eine Umsatzsteigerung von 11 Prozent bescherte dem Thüringer Unternehmen den höchsten Umsatz seiner Firmengeschichte. Für 2025 erwartet Steffen Heinrich, Segment Manager Railway bei der MTM Power Messtechnik Mellenbach, jedoch Eintrübungen, die überwiegend mit Rückgängen in der Industrie und damit verbundenen Branchen verbunden sind. »Dennoch gehen wir davon aus, dass es uns auch 2025 gelingen wird, den Umsatz des Jahres 2023 zu übertreffen«.
Und wie sieht man das Ganze in der Distributions-Branche? Mit einem Umsatzrückgang unter 15 Prozent zum extrem starken Jahr 2023 hätten sich bei Schukat electronic die Erwartungen 2024 bestätigt, berichtet Frank Stocker, Field Application Engineer Power Supplies. »Das Jahr 2025 wird sehr spannend, da die Überbestände bei den Kunden fast abgebaut sind. Deshalb erwarten wir trotz des eingetrübten konjunkturellen Klimas 2025 wieder die Möglichkeit für ein Wachstum«. Allerdings rechnet Stocker mit einem spürbaren Anziehen der Umsätze erst im zweiten Halbjahr 2025.
»Es ist richtig, dass EV und Erneuerbare Energien derzeit etwas schwächeln«, meint Andreas Hanausek, Produktmanager und FAE Power Products bei Codico. »Gleichzeitig sehen wir aber auch viele neue Projekte, Designs und hungrige Entwickler, die diese auch umsetzen möchten«. Doch ohne Optimismus, ist sich Hanausek sicher, »wird es auch 2025 nicht gehen«!
Hinzu kommt, dass vor allem im Bereich der Standardgeräte sich spätestens seit Herbst letzten Jahres der Preiswettkampf verschärft hat. »Durch die hohen Bestände am Markt und die daraus resultierende niedrige Nachfrage hat sich das in letzter Zeit intensiviert«, bestätigt Stocker, »dieser Preisdruck wird auch weiterhin spürbar sein und auch anhalten«. Hanausek geht davon aus, »dass sich die Situation wieder anders darstellen wird, wenn der Halbleitermarkt wieder stärker anzieht«.
Bei allem Optimismus, der sich für 2025 jedoch auch aus Nachholgeschäft ergibt, das Investitionsstaus im letzten Jahr verhindert hatten, könnten die positiven Erwartungen für 2025 jedoch einen heftigen Dämpfer bekommen, wenn US-Präsident Donald Trump mit seinen Zoll-Drohungen ernst macht. Dass der Mann zu seinem Wort steht, hat die Weltwirtschaft bereits in seiner ersten Amtsperiode zu spüren bekommen. Dass er es absolut ernst meint, zeigen die 78 Dekrete, die er kurz nach seiner Vereidigung unterzeichnet hat. Dass nicht alle juristisch Bestand haben werden, spielt dabei schon fast keine Rolle, es geht um die damit verbundene Symbolik und den radikalen Politikwandel, den er damit demonstriert.
Wie Bernhard Erdl, Gründer und CEO der Puls-Gruppe im Interview der Woche erläutert, dürfte entscheidend sein, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert: »Wie weit wird es Trump eventuell schaffen, durch die von ihm angedrohten Zölle etablierte Strukturen am Markt zu verschieben? Welche Folgen wird es haben, wenn er Zölle auf Stromversorgungen aus Europa erhebt, aber keine auf solche aus Taiwan oder Indien? Zölle werden für Reibungsverluste im Geschäft sorgen. Setzt er sie schnell um, wird man sich kaum darauf vorbereiten können. Er wird damit das Decoupling Chinas vorantreiben«.
Welche Möglichkeiten hätten die europäischen Stromversorgungsspezialisten, auf solche Zölle zu reagieren? »Wir haben verschiedene Szenarien vorbereitet«, erläutert etwa Beretitsch, »auch das Ergebnis der Bundestagswahl könnte spürbaren Einfluss auf den Geschäftsverlauf 2025 haben. Wir haben uns daher gut vorbereitet, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können«.
»Trumps Amtsübernahme wird vermutlich zu stärkeren De-Globalisierungstendenzen führen. Es gilt darum, sich entsprechend aufzustellen«, meint Heinemann. »Wir werden aber erst in naher Zukunft wissen, welche Produktionsstandorte beispielsweise am besten geeignet sein werden, um in Zukunft die USA zu beliefern«. Püthe verfolgt einen pragmatischen Ansatz: »Wir werden die kommenden Veränderungen annehmen und akzeptieren müssen, jedoch sollten wir selbstbestimmt daraus unsere Schlüsse ziehen und unser Geschäftsmodell entsprechend ausrichten. Ein ‚Weiter so‘ wird keine Alternative sein«!
Und der erstarkte Dollar? Wird er sich nicht negativ auf den Geschäftsverlauf 2025 auswirken? Aktuell ist die Abwertung zwar deutlich erkennbar, aber sie bewegt sich etwa dem Yen gegenüber noch im mittleren einstelligen Prozentbereich. »International und auf Bauteilebene sind die Wertströme bei vielen Herstellern auch gar nicht so unterschiedlich«, meint Heinemann dazu. »Sollten also Hersteller einen japanischen Wertschöpfungsanteil von 30 Prozent in ihrem Gerät haben, der 10 Prozent positiver ist als in anderen Ländern, führt das wohl auch nur zu einem Gesamtunterschied von 3 Prozent«. Wohl nicht nur in den Augen von Heinemann ein Wert mit kurzfristig wenig Relevanz. Was sich aber im Laufe des Jahres durchaus noch ändern kann. Es bleibt also spannend!