Polymer-Tantal-Kondensatoren

Bauelemente mit extrem niedrigem ESR

23. März 2024, 8:30 Uhr | Von Kenneth Sanchez, Vishay Intertechnology
Bild 1: Beispiel für einen vergossenes Polymerkondensator (Querschnittzeichnung)
© Vishay Intertechnology

Anwendungen in den Bereichen Militär, Luft- und Raumfahrt (AMS) wachsen stark. Es bedarf neuer und fortschrittlicher Geräte, um alte Systeme zu ersetzen und neue Anforderungen in der Luft, auf dem Boden und im Weltraum zu erfüllen. Damit steigt auch der Bedarf an hochentwickelten Kondensatoren.

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Systeme wie Freund-Feind-Erkennung (IFF) und Phased-Array-Radarsysteme zur Verfolgung und Zielerfassung, Flugcomputer sowie Stromversorgungssysteme sind für extreme Umweltbedingungen und elektrische Anforderungen ausgelegt, die dem MIL-STD-704 entsprechen. Die Notwendigkeit für AMS-Kunden, ihren Wettbewerbsvorteil zu erhalten, treibt das Marktwachstum voran. Ein Nebeneffekt der Modernisierungsmaßnahmen ist der Bedarf an Kondensatoren mit höherem volumetrischem Wirkungsgrad, höherer Zuverlässigkeit, höheren Nennspannungen und größeren Kapazitäten. Um diese Anforderungen zu erfüllen, haben sich Entwickler für die vPolyTan-Polymer-Tantalkondensatoren von Vishay Intertechnology entschieden.

Was sind Polymer-Tantal-Kondensatoren?

Anders als bei den meisten Kondensatortechnologien werden bei Polymer-Tantal-Bauelementen keine Platten für Anode und Kathode verwendet. So besteht die Anode aus einem Tantalpulver, das zu einem Tantalpellet gesintert wird. Dieses Pellet wird anschließend eloxiert, um eine dielektrische Schicht aus Tantalpentoxid (Ta2O5) auf der gesamten Anodenoberfläche zu bilden. Danach wird das oxidierte Pellet mit einem hochleitfähigen Polymer imprägniert, das als Kathode dient.

An dieser Stelle erfolgt die Beschichtung der leitfähigen Polymerschicht mit Graphit, gefolgt von einer Schicht aus metallischem Silber, die eine leitfähige Oberfläche zwischen dem Kondensatorelement und den äußeren Anschlüssen (etwa Anschlussblechen) bildet. Bei vergossenen Chip-Polymer-Tantalkondensatoren wird das Bauelement mit Kunststoffharzen wie beispielsweise Epoxidharzen umhüllt. Dabei wird die Vergussmasse so ausgewählt, dass sie die Anforderungen von UL 94 V-0 und die Ausgasungsanforderungen von ASTM E-595 erfüllt (siehe Bild 1). Nach der Montage erfolgt das Testen und Prüfen der Kondensatoren, um eine lange Lebensdauer und Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Leitfähiges Polymer vs. Mangandioxid-Tantal

Leitfähige Polymerkondensatoren sind ähnlich aufgebaut wie Mangandioxid(MnO2)-Tantal-Kondensatoren. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen durch das Material, das zur Herstellung des Festelektrolyten zum Einsatz kommt. Standard-MnO2-Kondensatoren haben die Leitfähigkeit von typischen Halbleitern. Für leitfähige Polymerkondensatoren werden inhärent leitfähige Polymermaterialien (ICP) verwendet, die eine um mehrere Größenordnungen höhere elektrische Leitfähigkeit aufweisen. Infolgedessen haben leitfähige Polymerkondensatoren einen viel niedrigeren äquivalenten Serienwiderstand (ESR) und erfordern ein geringeres Spannungs-Derating als MnO2-Kondensatoren.

Ein weiteres Merkmal leitfähiger Polymerkondensatoren ist die Tatsache, dass aufgrund des geringeren Sauerstoffgehalts im Material keine Selbstentzündungen auftreten.

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Bild 2: Spannungs-Derating
© Vishay Intertechnology

Verunreinigungen im Dielektrikum eines Kondensators können zu hohen Leckströmen führen. Der Selbstheilungsmechanismus in MnO2-Tantalkondensatoren beruht auf einer thermisch induzierten Umwandlung der MnO2-Moleküle in das widerstandsfähigere Mn2O3 + O. Wenn der Leckstrom einen ausreichend hohen Temperaturanstieg verursacht, bildet sich Mn2O3 und isoliert den Fehler von weiterem Stromfluss. Wenn die dabei entstehenden freien Sauerstoffmoleküle bei einer ausreichend hohen Temperatur mit dem Tantal interagieren, kann sich dieses entzünden und eine exotherme Reaktion hervorrufen.

Wenn die gleiche Verunreinigung im Dielektrikum eines Polymerkondensators auftritt, steht kein Sauerstoff für die Verbrennung zur Verfügung, sodass keine Selbstentzündungen entsteht. Es kommt zu einer Selbstheilung, die dazu führt, dass sich ein hochwiderstandsfähiges Material um die Fehlstelle bildet.

Spannungs-Derating

Wie bereits erwähnt, ermöglicht die erhöhte Spannungstoleranz der Polymertechnologie eine geringeres Spannungs-Derating. Neben einem deutlich niedrigeren ESR weist die leitfähige Polymerkathode einen gutartigen Ausfallmodus auf (siehe oben), sodass eine zusätzliche Leistungsreduzierung aufgrund der mit MnO2 verbundenen Sicherheitsbedenken nicht erforderlich ist.

In Bild 2 ist zu sehen, dass bei einer Nennspannung (VR) von 10 V oder weniger nur ein Derating von 10 Prozent erforderlich ist, während für VR >10 V ein Derating von 20 Prozent empfohlen wird. Diese Leitlinien sind konsistent bis zu einer Temperatur von 105 °C. Oberhalb von 105 °C ist ein linearer Rückgang des empfohlenen Deratings auf 40 Prozent für VR ≤ 1 V bei 125 °C zu beobachten. Gleichermaßen wird bei Kondensatoren mit einer Nennspannung oberhalb 10 V ein Derating von 46 Prozent empfohlen.

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Bild 3: T54-MAP-Technologie mit Doppel-Anoden-Design
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Höherer Spannungsbereich, niedriger ESR

Verbesserte Derating-Richtlinien bedeuten höhere Arbeitsspannungen und damit einen höheren volumetrischen Wirkungsgrad. Typische Polymerkondensatoren haben eine Nennspannung von 50 V, wohingegen die vPolyTan-Technologie von Vishay Sprague derzeit Nennspannungen von bis zu 75 V erreicht. Dadurch ist ein Einsatz von Polymeren in Anwendungen nach MIL-STD-704 mit 28-V-DC-Bus (22 V – 29 V DC im eingeschwungenen Zustand) möglich, bei denen ein Spannungs-Derating bis zu 125 °C notwendig ist. Diese hohen Nennspannungen in Verbindung mit dem geringen Derating verschaffen Polymeren einen großen Vorteil hinsichtlich der volumetrischen Effizienz gegenüber anderen Kondensatortechnologien.

Da die Kathode aus einem inhärent leitfähigen Polymer besteht, das eine hohe Leitfähigkeit aufweist, haben Polymerkondensatoren einen sehr niedrigen ESR, der in der Regel 10 Prozent niedriger ist als bei MnO2-Tantal-Kondensatoren. Dadurch eignen sich die Komponenten besonders für Anwendungen mit hohen Frequenzen und hohem Ripple-Strom.

Für Polymere verwendet man einen Festelektrolyten, sodass sie nicht so anfällig für Austrocknung wie Flüssig- oder Gel-Elektrolytkondensatoren sind. Dieser Trocknungsprozess ist eine häufige Fehlerquelle bei Aluminium-Elektrolyten und kann zu Überhitzung führen. Beim Verdampfen der Flüssigkeit kann sich ein Druck aufbauen, der zum Auslaufen, Ausbeulen oder sogar zum Bersten oder Explodieren führt. Festpolymerkondensatoren weisen diese Fehlerquelle nicht auf und sind daher viel zuverlässiger und langlebiger. Im Gegensatz zu Aluminium-Elektrolytkondensatoren kann man Polymerkondensatoren problemlos über längere Zeiträume bei höheren Temperaturen betreiben.

MAP-Technologie

Bei der Multi-Array-Packaging(MAP)-Technologie von Vishay wird die maximale Kapazität in einem vorgegebenen Volumen untergebracht. Dahinter steht eine Minimierung der Bauteilterminierungen, sodass mehr Volumen für den eigentlichen Kondensator zur Verfügung steht.

Vishays Hi-Rel-T54-Familie nutzt die MAP-Technologie zur Verbesserung der volumetrischen Effizienz. Die Kombination von MAP mit einem Doppel-Anoden-Design ermöglicht noch niedrigere ESR-Werte möglich (Bild 4 unten).

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Bild 4: T54 – gestapelte Polymer-Arrays
© Vishay Intertechnology

Gestapelte Kondensatoren

Auf der Grundlage der MAP-Technologie hat Vishay die T54-Familie um eine gestapelte Option für Anwendungen erweitert, die hohe Kapazitäten bei geringem Platzbedarf erfordern. Bei diesen Stapeln werden mehrere Kondensatoren in einer Parallelanordnung verbaut. Da die Kondensatoren parallelgeschaltet sind, erhöht sich die Kapazität bei gleichzeitiger Verringerung des ESR.

Es stehen folgende Stapeloptionen zur Auswahl: 1×2 (ein Kondensator breit, zwei hoch), 1×3, 2×2, 2×3 und 3×2. Dabei liegen die verfügbaren Werte liegen zwischen 130 µF bei 75 V DC und 2800 µF bei 16 V DC. Kundenspezifische Anordnungen sind ebenfalls erhältlich. Diese gestapelten Konfigurationen mit großen Kapazitäten helfen dem Entwickler, viel Platz auf seiner Leiterplatte zu sparen.

Energiespeicherung, Volumenkapazität

Vishays MAP- und Stacked-Array-Technologie ermöglicht eine höhere volumetrische Effizienz. Diese Verbesserung der Volumenkapazität macht Polymere zu einer guten Wahl für Anwendungen, die eine Energiespeicherung und/oder schnelle Lade- und Entladezyklen erfordern, etwa gepulste Radaranwendungen, Lidar-Applikationen, Verzögerungsglieder und Ähnliches.

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Bild 5: Langzeit-Zuverlässigkeit (Kapazitätsänderung, Leckstrom, ESR)
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Angesichts der Gleichung für die in einem Kondensator gespeicherte Energie von E = ½ C∙V2, wobei E die Energie in Joule, C die Kapazität in Farad und V die Nennspannung in Volt ist, kann die T54-Serie under idealen Bedingungen bis zu 5 J/in2 (775 mJ/cm2) in einem E6-Gehäuse (2×3-Array) speichern (beispielsweise bei Anwendung der Stackversion 900 µF/35 V DC).

Langzeit-Zuverlässigkeit

Im Gegensatz zu konkurrierenden Technologien wie keramischen Vielschichtkondensatoren oder Aluminium-Elektrolytkondensatoren weisen Polymerkondensatoren aufgrund der oben genannten Eigenschaften keine Abnutzungserscheinungen auf. Dies ermöglicht die für Hi-Rel-Militär- und Raumfahrtanwendungen erforderliche Langzeit-Zuverlässigkeit. Bild 6 zeigt das typische Langzeitverhalten, das bei der Polymertechnologie zu beobachten ist, mit sehr geringen Veränderungen hinsichtlich Kapazität, Leckströmen und ESR über die Zeit.

Zu den Einsatzbereichen der vPolyTan Polymer-Tantalkondensatoren von Vishay zählen unter anderem High-End-Server-Motherboards, MIL-STD-704-Stromversorgungen, Phased-Array-Radar, Freund-Feind-Erkennung (IFF), Netzwerkinfrastruktur, Energiespeicherung, Stromaufbereitung, Entkopplung, Glättung, Filterung, Überbrückung und andere Applikationen.


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