Auch wenn die Versorgungssituation vielerorts herausfordernd war: Offensichtlich haben viele Power-Spezialisten die Marktherausforderungen 2022 hervorragend gelöst, wie zahlreiche Rekordumsatzsteigerungen zeigen. Für 2023 rechnet man mit einem geringeren Wachstum, einen Einbruch erwartet niemand.
Hervorragend, anders kann man aus Sicht der Stromversorgungsspezialisten im DACH-Bereich den Verlauf des Jahres 2022 wohl nicht beschreiben. Gut, es gab Lieferkettenprobleme, aber eine starke Nachfrage dürfte in Kombination mit den gestiegenen Preisen bei vielen nicht nur für kräftige Umsatzanstiege, sondern für Rekordergebnisse gesorgt haben. »Es war ein unglaubliches Rekordjahr«, versichert Bernhard Erdl, Gründer und President der Puls-Gruppe, »unser Team in den Werken und im Einkauf hat da einen phantastischen Job gemacht!«
Wachstumsraten von 15, 20, ja sogar von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr waren möglich! »Wenn wir das Jahresergebnis 2022 mit 2021 vergleichen«, so Sebastian Fischer, Geschäftsführer Traco Electronic, »dann sind wir nach den Plus 20 Prozent im Jahr 2021 noch einmal um 40 Prozent gewachsen«. Ein ähnliches Wachstum meldet auch Recom. »Unser Wachstum lag im Vorjahr mit 40 Prozent sogar noch einmal über 2021«, berichtet Gehard Reifner, Prokurist sowie Head of Corporate Supply Chain Management & IMS. »Aktuell liegt das Umsatzniveau im 1. Quartal 2023 zwar noch über dem Vorjahr, wir gehen aber davon aus, dass das Ganze auf eine Stagnation hinausläuft. Angesichts einer Steigerung um 80 Prozent in zwei Jahren wäre das aber immer noch ein Top-Ergebnis!«
Ein sattes Wachstum für 2022 meldet auch Oliver Walter für die Camtec Power Supplies: »Trotz massiver Lieferkettenprobleme und einem zum Teil hohen Krankenstand konnten wir unseren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 28 Prozent steigern.« Auch wenn es vonseiten der Lieferkette noch keine echte Entwarnung gäbe, geht Walter davon aus, »dass wir in diesem Jahr das Vorjahresergebnis nochmal übertreffen können; wir erwarten darum ein Wachstum im deutlich zweistelligen Bereich«.
»Wir hätten 2022 noch ein höheres Wachstum erzielen können, wenn ausreichend Material vorhanden gewesen wäre«, schildert Kai Heinemann, Geschäftsleiter Entwicklung und Produktmanagement bei Block Transformatoren-Elektronik, die Geschäftsentwicklung des letzten Jahres. »Über alles betrachtet gehen wir auch für 2023 von einer weiteren Umsatzsteigerung aus, wobei die Steigerung dieses Mal wohl weniger steil ausfallen wird als in den letzten beiden Jahren.« Auch wenn keine neuen Aufträge mehr reinkämen, so Heinemann, »könnten wir noch rund ein Jahr lang weiterarbeiten«.
Etwas zurückhaltender gibt sich Thomas Widdel, Geschäftsführer der zur Cosel-Gruppe gehörenden Eplax: »Wir werden unser Geschäftsjahr zum 30. April abschließen, und man kann jetzt schon sagen, dass wir das laufende Geschäftsjahr mit einem Plus von 20 Prozent im Vergleich zum Jahr davor abschließen werden. Für das kommende Geschäftsjahr planen wir aktuell mit einer Umsatzsteigerung von 15 Prozent.«
Bei der Fortec-Gruppe berichtet Jörg Traum, Geschäftsführer der Emtron electronic, »dass der weltweite Bedarf an Stromversorgungslösungen nach wie vor die Fertigungskapazitäten übersteigt«. Aktuell gäbe es sowohl Projekte, die von Kundenseite verschoben werden, aber auch Kunden, die ihre georderte Ware gerne früher beziehen möchten, und dann gibt es da noch die Kunden, die wieder Neuaufträge für kurzfristige Bedarfe bei Emtron platzieren. »Ein wirklich einheitliches Bild des Marktes können wir aktuell nicht beobachten.«
Für Uwe Saum, Market Development Engineer Manager Power CE bei Arrow Electronics, sind Stromversorgungen der am stärksten wachsende Technologiebereich bei IP&E. Wie in anderen Technologiebereichen gäbe es aber auch hier einen hohen Backlog. Saum rechnet deshalb für 2023 mit einer leichten Konsolidierung und Normalisierung auf der Bestellseite, »aber wir sind in diesem Bereich sehr positiv gestimmt«.
Bauteilbeschaffung
Auf die Frage, ob sich die Lieferkette für die Stromversorgungshersteller inzwischen wieder verbessert hat, gibt es aus der Branche durchaus unterschiedliche Antworten. »Die Lieferzeiten haben sich stark gebessert, teilweise auf dem Niveau vor der Pandemie«, meint Saum, »viele Produkte sind in einem Zeitrahmen von sechs bis acht Wochen erhältlich«. Auch Fischer sieht die Versorgungssituation im Allgemeinen als deutlich entspannter: »Häufig haben sich inzwischen die Lieferzeiten wieder halbiert.« Püthe beobachtet eine »gewisse Entspannung für Wickelgüter, Leiterplatten und Verbindungstechnik-Komponenten«.
Heinemann antwortet mit einem klaren Jein: »Massenware wie Chipwiderstände und MLCCs sowie Standarddioden und -transistoren gehen inzwischen schon wieder ganz gut, aber alles rund um Power, in Form von Dioden, MOSFETs, ist weiterhin schlecht.« Eine Einschätzung, die man auch bei Recom teilt, »die Lieferzeiten für Komponenten gehen teilweise nach unten«. Einige wenden jedoch ein, dass sich die Bedarfe für Industrieelektronik doch deutlich von den Bedürfnissen der Konsumelektronik-Branche unterscheide.
»Viele Industriebauteile sind nach wie vor kritisch«, stellt etwa Erdl fest. »Bislang merken wir kaum Veränderungen bei der Lieferkette«, meint Giovanni Rodio, Vertriebsleiter bei der Autronic Steuer- und Regeltechnik, »das ist darauf zurückzuführen, dass der Consumer-Markt mit anderen Bauteil-Baugrößen und -Leistungen arbeitet, die für unsere PSUs nicht relevant sind«. Noch deutlicher wird Walter: »Für uns wirkt sich dieser Umstand kaum aus, da wir in unseren Schaltnetzteilen sehr wenig Material einsetzen, das in Consumer-Produkten zum Einsatz kommt. Eventuell noch SMD-Chip-Widerstände und Kondensatoren, aber bei diesen Bauelementen waren wir nie wirklich von Lieferengpässen betroffen«.