Versorgungslage bei passive Bauelementen

»Back to normal – aber nicht überall«

30. Januar 2023, 14:30 Uhr | Engelbert Hopf
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Mit der Situation des Jahres 2019 lässt sich der Markt für passive Bauelemente in Deutschland zwar noch nicht vergleichen, aber vor allem im Bereich der Standardprodukte mehren sich die Zeichen der Normalisierung.

Auch wenn die Liefersituation bei Spezialbauteilen immer noch deutlich angespannter ist als bei Standardbauteilen, hat sich laut einer aktuellen Umfrage der Markt&Technik bei Herstellern und Distributoren passiver Bauelemente die Lage insgesamt klar verbessert: So haben sich im Vergleich zum Jahresbeginn 2022 die Lieferzeiten in vielen Bereichen fast halbiert. Statt 52 Wochen wie vor Jahresfrist werden aktuell eher wieder 16 bis 25 Wochen aufgerufen. Angespannt stellt sich die Situation nach wie vor bei Spezialbauteilen wie etwa Dünnschichtwiderständen, einigen High-Cap-MLCCs, Film- und Aluminiumelektrolytkondensatoren dar.

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Ladiges Falko
Falko Ladiges, WDI: »Lieferanten in Europa, China, Indien, den USA oder Taiwan sind quasi ‚back to normal’. Unsere japanischen Hersteller haben größtenteils noch Probleme, ihren Backlog abzuarbeiten.«
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»In einigen Produktsegmenten wie etwa Folienkondensatoren und MLCCs haben sich die Lieferzeiten sogar nochmals erhöht«, so Josef Vissing, President bei TDK Europe. »Für Produkte, die speziell im Bereich E-Mobility, der Fahrerassistenzsysteme oder der regenerativen Energieerzeugung zum Einsatz kommen, wird sich die Versorgungslage wohl nur bedingt entspannen.«

»Kritische Bauteile sind beispielsweise nach wie vor SMD-Widerstände mit AEQ-200-Zulassung und SMD-Tantalkondensatoren und Alu-Elektrolytkondensatoren«, stellt Annette Landschoof, Produktmanager für passive und elektromechanische Bauteile, Komponenten und Geräte bei Schukat electronic, fest. »Bei den übrigen Bauelementen haben sich die Lieferzeiten verbessert, sind aber noch lange nicht auf dem Niveau von 2019. Da auch die Distribution die Läger gut bestückt hat, wirkt es auf die Kundschaft, als wäre die Lieferzeit wieder auf Normal-Niveau.

Annette Landschoof it Product Manager PEMCO bei Schukat electronic
Annette Landschoof, Schukat electronic: »Kritische Bauteile sind aus unserer Sicht beispielsweise nach wie vor SMD-Widerstände mit AEQ-200-Zulassung und SMD-Tantalkondensatoren und Alu-Elektrolytkondensatoren.«
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Dass die Situation bei SMD-Widerständen nach wie vor angespannt ist, bestätigt auch Olaf Lüthje, Senior Vice President für CRM & Marketing Operations bei Vishay: »Da liegen die Lieferzeiten nach wie vor in der Größenordnung von einem Jahr und mehr.« Durch laufende Kapazitätserweiterungen sieht Lüthje speziell bei SMD-Widerständen aus seinem Haus für 2023 jedoch eine abnehmende Tendenz.

Nach Einschätzung von Stefan Sutalo, Vice President im Product Marketing für Passive Components bei Rutronik, »sind es immer noch die Spezialprodukte, die uns Sorgen machen, das sind oft die Produkte, die auf neuesten Herstellungstechnologien basieren oder neueste Materialien verwenden, um überhaupt die Performance in den kleinen Formfaktoren zu erreichen«. Standardprodukte sind nach seiner Marktbeobachtung inzwischen schon wieder gut verfügbar.

Ein Eindruck, den auch Maximilian Jakob, Division Director in der Device Solution Business Division von Panasonic Industry Europe, bestätigt: »Die Liefersituation für Commodities entspannt sich spürbar; verantwortlich dafür sind die sinkenden Absätze im Bereich Consumer- und Informationstechnologie sowie der Computing-Markt in Asien. Dagegen sind Kernkomponenten für EV, BMS oder Inverter nach wie vor schwer verfügbar. Bei Panasonic selbst liegen die durchschnittlichen Lieferzeiten nach seiner Auskunft derzeit über 30 Wochen.«

Markt & Technik
Uwe Reinecke, TTI: »Trotz der Entspannung bei den Commodities gibt es immer noch Bauteile wie etwa gewisse MLCC-High-Caps, Dünnfilm-Widerstände sowie Alu-Elkos und Film-Kondensatoren mit langen Lieferzeiten.«
© Markt & Technik

»In der zweiten Jahreshälfte 2022 hat sich vor allem der Druck auf Commodities aufgrund des Markteinbruchs in Asien etwas entspannt«, stellt auch Uwe Reinecke, Regional Vice President Sales bei TTI Europe, fest. »aber es gibt nach wie vor noch kritische Bauteile mit erweiterten Lieferzeiten!« Dazu zählt er unter anderem bestimmte MLCC-High-Caps, Dünnfilm-Widerstände sowie Aluminium-Elektrolyt- und Film-Kondensatoren.

Fragt man die großen MLCC-Spezialisten, stellt sich die Situation aktuell wie folgt dar: »Vor allem bei Induktivitäten und MLCCs mit kleiner Bauform haben sich die Lieferzeiten deutlich reduziert und liegen aktuell bei 12 bis 15 Wochen«, so Harald Sauer, Director bei Taiyo Yuden Europe; »MLCCs in den Bauformen 1206 und 1210 sind dagegen teilweise weiterhin von längeren Lieferzeiten betroffen«.

Jakob Maximilian
Maximilian Jakob, Panasonic Industry Europe: »Die Liefersituation für Commodities entspannt sich spürbar, hervorgerufen durch die sinkenden Absätze im Consumer-, Informations- sowie Technologie- und Computing-Markt in Asien.«
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»Im Allgemeinen liegen unsere Lieferzeiten derzeit zwischen acht und zwölf Wochen«, bestätigt auch Rüdiger Scheel, Vice President Mobility bei Murata; »wir sind für alle Produkte lieferfähig«. Speziell für Produkte, bei denen Murata auf Halbleiterzulieferungen angewiesen sei, wie etwa HF-Module und Power-Module, habe sich die Lage innerhalb des letzten Jahres deutlich verbessert; »nur im Power-Bereich gibt es noch weitere Probleme«.

Aus Sicht von Falko Ladiges, Teamleader für PEMCO bei WDI, der allgemein von einer deutlich entspannten Liefersituation spricht, »sind es eigentlich nicht die Produktsegmente, die unterschiedliche Lieferzeiten aufweisen, die Frage ist vielmehr, von wo man diese Produkte bezieht« So seien Lieferanten in Europa, China, Indien, den USA oder Taiwan inzwischen quasi »back to normal«. »Unsere japanischen Hersteller haben dagegen größtenteils noch Probleme, ihren Backlog abzuarbeiten, und liegen noch bei deutlich längeren Lieferzeiten von 52 Wochen und mehr.«

 


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