Eine Abkühlung der Marktnachfrage zeichnet sich 2023 auch im Bereich der Laborstromversorgungen ab. Gekoppelt an den Forschungs- und den Investitionsgüterbereich, machen der Branche Projektverschiebungen und ein Rückgang der Investitionsbereitschaft zu schaffen. Die Aussichten für 2024: Verhalten.
Labornetzteile gehen vor allem in den Bereich F&E, sie kommen an Hochschulen, Universitäten, Instituten, aber auch in der Qualitätssicherung zum Einsatz. Und sie werden auch nicht in Hunderterstückzahlen angeschafft, sondern eher in überschaubaren Größenordnungen. Labornetzteile sind ein Nischenmarkt, und reagieren damit eigentlich relativ unempfindlich auf Marktzyklen. Wirken sich darum die Bremsspuren der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und im Euroraum weniger deutlich aus, als in anderen Bereichen der Elektronikbranche?
»Bedingt«, meint Robert Kerl, Geschäftsführer der CompuMess Elektronik im Sommer dieses Jahres. »Die Investitionsbereitschaft hat eigentlich nicht nachgelassen, allerdings werden Projekte geschoben, da die Zeithorizonte gestreckt werden«. Kerl führt das unter anderem darauf zurück, »dass die von Hochschulen und Universitäten dringen gebrauchten Investitionsmittel, die zur Wahrung des Technologiefortschritts gebraucht werden, wie bereits in den Vorjahren zwar vollmundig angekündigt werden, letztlich dann doch ausbleiben«. Seiner Einschätzung nach scheint die zuständige Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, im Kabinett nicht genügend Gehör zu finden. Eine Einschätzung, die er traf, bevor das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zur Nichtigerklärung des Nachtragshaushalts 2021 die Bundesregierung in akute Finanzierungsnöte stürzte.
»Basierend auf den Ende 2022 bereits laufenden oder initiierten Projekten, einem weiteren Anziehen der Nachfrage sowie einem extrem großen Backlog, resultierend aus Lieferzeiten von bis zu einem Jahr«, so Kerl, zeichnete sich bis zur Jahresmitte ein hervorragendes Geschäftsjahr 2023 ab. Ähnlich die Einschätzung von Bernhard Kluschat, Head of Product Marketing & Marketing Communication EMEA bei TDK-Lambda: »Die Situation stellte sich für uns speziell zum Jahresbeginn ähnlich dar, wie zum Jahresende 2022. Diese Entwicklung hat uns ein sehr zufriedenes erstes Halbjahr 2023 beschert«. Er verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, »dass wir im Bereich Labornetzteile weiterhin die positive Entwicklung erkennen, die maßgeblich von der Elektromobilität ausgeht«.
Keine Rezession, aber eine Konsolidierung des Marktes beobachtet Oliver Walter, CEO der Camtec Power, aktuell im Bereich Laborstromversorgungen. »Im Jahr 2022 wurden die Fertigungskapazitäten bei unseren Kunden stark ausgeweitet. Durch den Gesamtrückgang der Bedarfslage beim Kunden reichen aktuell die aufgebauten Kapazitäten aus«. Das drücke die notwendigen Investitionen nach unten. Aktuell geht er deshalb von einer Pause aus, »ich rechne bestenfalls wieder mit einem Anstieg der Bedarfe in der ersten Jahreshälfte 2024«. Eine Entwicklung für das Jahr 2024 vorherzusagen, hält Kluschat für schwierig, »längere Zeiträume einzuschätzen, fällt uns schwer«. Da die Lage bei den Laborstromversorgungen eigentlich positiv sei, rechnet man bei TDK-Lambda deshalb damit, »dass die Entwicklung für uns in diesem Bereich ähnlich weitergeht wie in diesem Jahr«.
Die Frage, ob sich die Preiserhöhungen aus der Zeit der Corona-Pandemie weiter fortsetzen werden, verbindet Kerl mit der von Walter angesprochenen Konsolidierung des Marktes. Für ihn stellen die 2022 und 2023 vorgenommenen Preiserhöhungen nur eine lange fällige Bereinigung dar. »Die Preise wurden jedes Jahr angehoben, dadurch sollten seit Jahren bei einigen Herstellern sinkende Absatzmengen im Gesamtangebot durch das übergroße Wettbewerbsangebot kaschiert werden«. In den vergangenen Jahren hatte sich sowohl das Produktangebot, wie auch die Zahl der Anbieter von Laborstromversorgungen vergrößert. Laborstromversorgungen galten im Gesamtmarkt der Stromversorgungstechnik als interessantes Wachstumssegment.
Letztlich, so Kerls Fazit, »lassen sich jedoch in einem von einem Überangebot bestimmten Markt die gewünschten Preise eben nicht mehr durchsetzen«. Die letzten Jahre hätten da in Verbindung mit der Bauteileknappheit die negative Seite der Skaleneffekte bei den Herstellern sichtbar gemacht. »Da weltweit die Inflation als Preistreiber nicht gestoppt ist«, so Kerl, »muss von weiteren Preissteigerungen und einem Marktbereinigungseffekt ausgegangen werden«.
»Labornetzteile kauft man sich eher selten auf´s Lager«, versichert Walter, »natürlich gibt es weiterhin einzelne Branchen, wie etwa Batterie und Fuel Cell, die weiterhin ein starkes Wachstum aufweisen, aber insgesamt, hat sich die Lage im Bereich Laborstromversorgungen inzwischen beruhigt«. Bei Camtec lag der Book-to-Bill-Ratio im Sommer, global betrachtet, bei etwa 0,9. »Das ist zwar kein ungesunder Wert«, so Walter, »er zeugt jedoch von einer Konsolidierung der Märkte«. Camtec stelle seine Labornetzteile nicht für den Labortisch her, sondern für die Prüfautomation. »Daher sind wir in diesem Produktsegment stark an die Investitionsbereitschaft und den Ausbau der Fertigungskapazitäten in der Industrie gekoppelt«.
Dass Laborstromversorgungen komplexere Geräte sind, lässt sich auch daran ablesen, dass das Thema Lieferengpässe, vor allem auch bei kritischen Komponenten immer noch nicht ausgestanden ist. »Die Verknappung von Komponenten ist nach wie vor ein Thema«, bemerkte Kluschat noch zur Jahresmitte, »viele Halbleiter sind nach wie vor auf Allokation, die Kosten weiterhin auf hohem Niveau«. »Die Situation hat sich noch nicht wirklich entspannt«, pflichtet Kerl bei, »noch immer sind Lieferzeiten über 30 Wochen keine Seltenheit«. Hersteller in allen Ländern hätten sich daher gezwungen gesehen, ganze Serien abzukündigen, da die Bauteilproblematik eine weitere Produktion nicht möglich oder unverhältnismäßig teuer gemacht hätte.
Walter sieht die Situation in diesem Jahr deutlich besser als 2022. »Im Bereich der passiven und elektromechanischen Komponenten ist inzwischen ein gute Entspannung eingetreten. Insgesamt sind inzwischen 60 bis 70 Prozent unserer Einlastungen pünktlich. Noch vor einem Jahr sprachen wir davon, dass etwa 80 Prozent aller Einlastungen unter mittlerem bis massivem Terminverzug litten. 6 bis 7 Prozent der Dispositionen hatten vor einem Jahr sogar einen Totalausfall«. Doch Walter will nicht zu optimistisch klingen, »auf dem Halbleitermarkt gibt es nach wie vor anhaltende Probleme«. Und er warnt davor, »wenn China seine Drohung wahrmacht, den Export seltener Erden im angekündigten Maße zu reglementieren, werden neue Probleme am Horizont auftauchen«. Wer die Möglichkeit habe, solle deshalb weit vorausschauend planen.
Thema Halbleiter. Bereits vor einigen Jahren hatten einzelne Hersteller von Laborstromversorgungen bekanntgegeben, in einigen Ihrer Geräte SiC-MOSFETs einzusetzen. Hat sich der Einsatz der Wide-Bandgap-Bauteile inzwischen auf breiterer Front im Bereich der Laborstromversorgungen etabliert? »Wir setzen bereits seit 12 Jahren SiC-FETs in unseren Produkten ein«, erläutert Walter, »unter dem Strich betrachtet, lohnt sich der Einsatz kommerziell ab etwa 1 kW. Betrachtet man den Innovationsgrad hinsichtlich der Energieeffizienz, wäre der Einsatz auch unter 1 kW wünschenswert«. Letztlich bleibe es eine Kostenfrage. »Aus technischen Gründen werden wir bei Neuentwicklungen in den besprochenen Leistungsklassen definitiv weiterhin auf SiC-FETs setzen!«
Für Kerl ist die Frage schwierig zu beantworten. »Eine einmal erfolgte Auslegung auf SiC-MOSFETs lässt sich nicht gleichermaßen für IGBTs verwenden und umgekehrt. Unterschiedliche Treiber und die Änderung sowohl der BOM und der CE sprechen ebenfalls gegen eine alternative Verwendung«. Er weist auch darauf hin, »dass sämtliche Hersteller, mit denen wir arbeiten, die Geräteauslegung darüber hinaus als schützenswertes Know-how ansehen, das sie nur selten, und nur unter NDA überhaupt herausgeben«.
Einer der Hersteller bei CompuMess Elektronik habe zum Beispiel bei allen neuen Produkten und Serien aus Performance-Gründen von IGBTs auf MOSFETs gewechselt, nicht aufgrund von Lieferschwierigkeiten. Andere benutzten sowohl als auch. »In keinem der Fälle liegen uns allerdings Informationen darüber vor, ob normale Silizium-basierte MOSFETs zum Einsatz kommen oder SiC-MOSFETs«. Letztlich sei die Entscheidung abhängig von der Geräteauslegung. »Bei der Performance«, so Kerl, »stehen hier auch nicht Ampere oder Volt im Vordergrund, sondern die höhere Schaltfrequenz«.
Bleibt abschließend die Frage, werden Megatrends wie die Energiewende, erneuerbare Energien und die E-Mobilität weiterhin als Motor für die Bedarfsgenerierung im Bereich der Laborstromversorgungen wirken können? »Erneuerbare Energien und die Elektromobilität sehen wir als einen der wesentlichen Treiber im Investitionsgüterbereich«, so TDK-Lambda-Manager Kluschat, »und dazu gehören auch Labornetzteile. Es gilt also Lösungen zu entwickeln, die helfen, die Klimaziele im angestrebten Zeitraum zu verwirklichen«.
Walter ist da etwas verhaltener. »Eine Zulassung von 7,5 Millionen Elektrofahrzeugen 2021 ist natürlich eine echte Ansage.« Er ist sich sicher, »dass wir hier in Europa und Asien auf weiteres Wachstum hoffen dürfen«. Damit die E-Mobilität jedoch andere Bereich, die eventuell nachgeben, abfangen und für ein deutliches Wachstum sorgen könne, »wäre aus meiner Sicht noch etwas mehr Dynamik vonnöten«. Aber er ist sich sicher, »dieser Markt ist definitiv eine Chance mit Ansage, und die politischen Entscheidungen in Europa wurden in diesem Fall ja auch getroffen«.