US-Zölle unter Trump schüren Sondernachfrage und Chaos in der Elektronikbranche: Vorratskäufe, teure Logistik und drohende Gegenmaßnahmen belasten Hersteller und Distributoren weltweit.
Es musste so kommen: Als Donald Trump als wiedergewählter US-Präsident Zölle als sein bevorzugtes Instrument der Wirtschaftspolitik proklamierte, war das der Startschuss für weltweite Vorratskäufe in der Elektronikindustrie. Wie die jüngste Umfrage der Markt&Technik unter Herstellern und Distributoren passiver Bauelemente ergab, zog dieser Reflex zu Jahresbeginn eine regelrechte Sondernachfrage nach sich. Doch die vorgezogenen Einkäufe hatten ihren Preis – das Orderverhalten in der zweiten Jahreshälfte 2025 sank.
»In Europa kann ich weniger Einfluss durch die Zollmaßnahmen erkennen«, stellt Harald Sauer, Director Taiyo Yuden Europe, fest. »Unsere Kollegen in den USA haben jedoch extremen Mehraufwand in der Logistik und das Problem, die Mehrkosten weitergeben zu können.« »Unser Geschäft in Nordamerika war deutlich betroffen und erforderte zum Teil Veränderungen auch in der Supply Chain hinsichtlich ‚Country of Origin‘ oder ‚Supply Route‘«, bestätigt Rüdiger Scheel, Vice President Mobility und Branch Manager bei Murata. »Diese Anpassungsprozesse sind nach wie vor im vollen Gang. Zum Glück hat Murata nur einen kleinen Footprint, was Exporte aus China angeht.« »Global trifft uns das«, bestätigt Michael Turbanisch, Director, Head of Sales Central Europe bei der Yageo Group. »In Europa betrifft dies eher unsere exportorientierten Kunden als uns.« Dass die dynamische Einführung der US-Zölle mit zu Beginn ständig wechselnden Prozentsätzen sich inzwischen etwas beruhigt hat, freut Josef Vissing, President und Head of Sales Europe bei TDK Europe. »Das verschafft uns zumindest einmal eine Verschnaufpause, um unsere Importprozesse zu stabilisieren.«
Wie er meint, seien die Auswirkungen der US-Zölle je nach Produktgruppe unterschiedlich, »da es in den USA nur wenige Hersteller von passiven Bauelementen gibt«. Ob weitere Zollbarrieren als Gegenmaßnahme kommen werden, lässt sich für ihn derzeit nur schwer abschätzen. Er trifft aber einen Punkt, der der gesamten Branche Sorgen bereitet, wenn er auf mögliche Exportbeschränkungen aus China, zum Beispiel im Bereich Seltene Erden, oder die zusätzliche Forderung nach lokaler Wertschöpfung hinweist. Speziell aus Sicht international tätiger Automobilzulieferer wie der Isabellenhütte Heusler, sind die US-Importzölle eine ernstzunehmende Herausforderung, wie Guido Renner, Director Strategic Business Segment Components&Sensors von Isabellenhütte versichert: »Wir sehen am Markt bereits einige Kunden, die Lieferketten aufgrund der globalen Importzölle zu optimieren versuchen. Wir prüfen derzeit gezielte Maßnahmen, um die Auswirkungen dieser Veränderungen abzufedern.«
»Die Auswirkungen der amerikanischen Zölle betreffen vor allem die amerikanischen Kunden durch stark ansteigende Kosten«, versichert Dr. Arne Albertsen, Senior Sales Manager bei Jianghai Europe Electronic Components, »und das bei gleichzeitig sinkender Verfügbarkeit von passiven Bauelementen.« Da Jianghai als chinesisches Unternehmen seine Exportanstrengungen traditionell auf den europäischen Markt richtet, »spüren wir die Auswirkungen der Zollmaßnahmen kaum«. Ob dies der Status quo bleibt? »Eigentlich kann man nur damit rechnen, dass die Lage unter Trump weiterhin für alle volatil und angespannt bleiben wird.«
Dass die Zölle letztlich alle treffen und beispielsweise auch Auswirkungen auf das Geschäft von Endrich Bauelemente hatten, betont in diesem Zusammenhang noch einmal Antonio Rodas, CTO von Endrich Bauelemente: »Und es ist leider davon auszugehen, dass der US-Präsident keine Ruhe geben wird und wir mit weiteren Zollkapriolen und sonstigen Erschwernissen rechnen müssen.« Diese Erschwernisse könnten sich unter anderem dadurch ergeben, dass sich, wie Vissing schon andeutete, beispielsweise China zu Gegenmaßnahmen genötigt fühlt, falls es zu keiner aus chinesischer Sicht akzeptablen Einigung unter anderem im Zollstreit mit den USA kommt. »Hersteller und Kunden stehen letztlich vor denselben Herausforderungen«, fasst Thomas Garz, CEO der Würth Elektronik eiSos Gruppe, zusammen. »Wir für unseren Teil bleiben trotz der Zollschranken optimistisch und halten unter anderem an unserer Umsatzplanung fest.«.
Mehr über die Entwicklungen im Bereich passiver Bauelemente erfahren Sie in unserem Themenschwerpunkt ab Seite 18 im E-Paper.