Hohe Inflation, steigende Zinsen – auch die Batterie- und Akku-Branche bekommt die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu spüren, die Kunden zurückhaltender geworden. Aktuell hat das teils fallende Preise zur Folge. Aber es gibt auch eine boomende Ausnahme.
Wir spüren derzeit schon eine gewisse Zurückhaltung«, bringt Werner Suter, Managing Director der Tefag Elektronik, die aktuelle Stimmung in der Branche gleich zu Beginn der Diskussionsrunde auf den Punkt. »Die große Investitionslust, die ist nicht mehr da!« Nach einem sich letztlich über zwei Jahrzehnte erstreckenden Wachstum wäre ein solches Luftholen vor allem des Marktes der Batteriekonfektionäre aber auch nicht weiter verwunderlich. Suter beschreibt die Situation denn auch mit dem Wort »Egalisierung«.
Thilo Hack, Vorstand bei Ansmann, widerspricht dem nicht, ist sich aber über die Gründe unklar. »Wir müssen im Moment erst einmal verstehen, was los ist. Handelt es sich um einen Stau, weil jetzt wieder Ware im großen Stil zufließt, oder ist es zum Stau gekommen, weil bei den Kunden nichts mehr rausgeht, weil die Nachfrage eingebrochen ist?« Für die veränderte Marktstimmung hat er ein gutes Beispiel. »Vor zwei Jahren kamen die Kunden ins Geschäft, zogen ihr Portemonnaie und sagten, ich will dieses E-Bike. Heute dagegen lassen sich fast nur noch Jobräder verkaufen.«
»Die Dentalmedizin hat inzwischen angefangen, alle ihre Aufträge nach hinten zu schieben«, berichtet Josef Pfeil, Vertriebsleiter bei Dynamis Batterien; »dazu muss man aber auch sagen, diese Branche bestellt 12 bis 14 Monate im Voraus«. Anders sehe es dagegen beispielsweise bei Defibrillationsgeräten aus, »die würden eher noch mehr Ware nehmen, wenn es möglich wäre«. Begonnen hatte das Jahr bei Dynamis Batterien noch wahnsinnig gut, wie Pfeil versichert, »das zweite Quartal war dann noch ganz ok, aber inzwischen merken wir ganz klar, dass der Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahr um 30, 40 Prozent zurückgeht«.
Bezogen auf den Medizinmarkt sieht Fabian Fluck, Project Manager bei Hy-Line in der Schweiz, das ganz ähnlich. »Da gibt es Kunden, die völlig normal weitermachen, beispielsweise bei Beatmungsgeräten oder Defibrillatoren, das spricht für eine sehr gute Planung.« Fluck hat aber in den letzten Jahren auch anderes erlebt. »Es gab auch jene, die sich die Lager vollgemacht haben, aber leider nicht auf die Batterien aufgepasst haben, die dann leider tiefentladen waren.« Fluck versichert, das sei häufiger passiert, als man es für möglich halte.
Ralf Isermeyer, Gründer und Geschäftsführer der VRI Batterie-Technik, konstatiert im Konsumgüter-Bereich eine weltweite Rezession; »das hat dann zum Teil auch auf den E-Bike-Markt übergegriffen, das schlägt jetzt durch, dass die auf Biegen und Brechen bestellt haben«. Aber der Anwender kaufe einfach nicht mehr so schnell wie noch während der Pandemie. »Wir sehen veränderte Rahmenbedingungen, und das sorgt auch bei den Industrieunternehmen für große Unsicherheit.« Das Motto laute: »Ich warte mal ab.« In der Konsequenz gebe es über den ganzen Industriemarkt hinweg keine Freigabe für höhere Summen.
Adrian Griese, Geschäftsführer bei Omnitron-Griese, ist froh, aktuell als Assembler breit aufgestellt zu sein. Aus seiner Sicht läuft der Bereich der Elektromobilität gut, aber auch die Windtechnik. »Speziell bei Nischengeschichten sieht es aktuell sehr gut aus«, versichert er. Aber auch er gibt offen zu: »Wenn alle jetzt die nächsten zwei Jahre zurückhaltend sind, haben wir ein Problem!« Eines der Probleme liegt für ihn in der deutschen Politik. »Man hat irgendwie nicht das Vertrauen, dass das jetzt voll nach vorne gehen würde.« Weder würden die besten Rahmenbedingungen für die Industrie geschaffen noch die Zahl der verfügbaren Fachkräfte erhöht, und Innovationen würden einem auch nicht einfach gemacht. »Der Standort Deutschland«, so Griese, »hat da momentan nicht die besten Voraussetzungen«.
Secondary Mining ist ein Muss!
Spätestens seit die E-Mobility-Welle weltweit ins Rollen gekommen sind, werden die Fragen danach, wie zukunftssicher eigentlich die Versorgung mit dem Kernrohstoff Lithium ist, mit Nachdruck gestellt. Nach Untersuchungen der Internationalen Energie-Agentur IEA wird 2023 wohl das letzte Jahr sein, in dem der weltweite Bedarf an Lithium noch von den zur Verfügung stehenden Minen gedeckt werden kann. »Bereits im nächsten Jahr wird das nach Einschätzung der IEA nicht mehr der Fall sein«, berichtet Prof. Pettinger. »Auch die Kapazitäten noch geplanter Minen schaffen da keine Abhilfe, die Schere geht bis 2030 immer weiter auseinander.«
»Ich glaube, jedem ist bereits klar oder wird zeitnah klar werden, dass wir bei den angepeilten Zielen sowohl im Bereich der Elektroautos als auch der Energiespeicherung dringend ein Recycling der verwendeten Rohstoffe benötigen«, warnt Dr. Heydecke. Vor diesem Hintergrund seien inzwischen Forschungen zum State of Health (SOH) in der Branche angelaufen. Könne man den SOH bestimmen, habe man die Wahl, ob man die Batterie repariere, ein Modul austausche, dem »Second Life« zuführe oder sie ins Recycling gebe. »Das wird auch neue Investoren in den Batteriebereich bringen«, ist sich Dr. Heydecke sicher, »schließlich wird es ohne ein gutes Recycling schwierig sein, den in Zukunft entstehenen Materialbedarf zu decken«.
Fluck ist sich sicher, »dass im Zuge des Recycling-Gedankens in Zukunft bereits in der Entwicklung von Batterielösungen darauf geachtet werden muss, dass einmal assemblierte Batterien auch entsprechend gut wieder recycelt werden können«. Das Recycling, so Fluck, »muss in Zukunft bereits bei der Auswahl von Komponenten beginnen«. Fluck ist sich zudem sicher, »dass die Menge und der Wert der eingesetzten Ressourcen dabei eine so große Rolle spielen wird, dass eine Vielzahl an Recyclingunternehmen in diesen Bereich investieren werden«.
An der Notwendigkeit des Recyclings zweifelt auch Suter nicht, nur teilt er die Euphorie, dass sich daraus sehr schnell ein lohnendes Geschäft entwickeln werde, nicht. »Recycling ist sehr teuer aufzubauen, zudem sind die auf diese Weise wiedergewonnenen Rohstoffe oft teurer als die am Weltmarkt erhältlichen Naturrohstoffe.« Nach seiner Einschätzung müssten solche Recycling-Centren vor dem Hintergrund des üblichen Preisdrucks vom Staat unterstützt werden, wenn dieser den Gedanken der Nachhaltigkeit in Form von Recycling politisch vorantreiben wolle. Mehr Chancen räumt er kurzfristig dem Einsatz ausgedienter Batterien aus dem Antriebsbereich von E-Fahrzeugen für Second-Life-Anwendungen ein.
Da sich Recycler das Geschäft nicht unnötig schwer machen wollen, bevorzugen sie nach den Erfahrungen von Prof. Pettinger die sortenreine Anlieferung von Batterien und Batteriesystemen. »Aus diesem Grund koppeln sie sich jetzt mal primär an die großen OEMs wie etwa Düsenfeld an VW.« Auf der anderen Seite gehen die OEMs offenbar davon aus, dass sie auch bei diesem Thema die Preise in der von ihnen gewohnten Art gestalten können. »Ich durfte mal einen Blick in die Pläne bei BMW werfen und kann sagen, dass bei der Auslagerung des Recyclings ab einer gewissen Losgröße im Umlauf befindlicher Batterien Recycling ergebnispositiv sein wird, also damit ein Gewinn erzielt werden kann.« Zwar seien die Vorgaben der EU zu Recycling- und Wiedergewinnungsquoten der Metalle hoch gesteckt, »die Technologien dafür scheinen aber entwickelt zu sein und müssen in Bälde hochskaliert werden.«