Lieferzeiten auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit, aber deutlich höhere Preise, das ist die aktuelle Situation auf dem deutschsprachigen Batterie- und Akku-Markt. Auf diesem gewinnen Rundzellen im 21700er-Format zunehmend an Bedeutung, vor allem im Zusammenhang mit Lithium-Eisenphosphat.
Bei manchen Technologien oder Zellentypen sind inzwischen selbst Kontingente wieder ab Lager lieferbar«, beschreibt Marc Eichhorn, Technology Segment Specialist Energy Storage bei Avnet Abacus, die aktuelle Versorgungslage auf dem deutschsprachigen Batterie- und Akku-Markt. »Bei einzelnen Zelltypen ist die Verfügbarkeit aktuell sogar sehr gut, allerdings handelt es sich dabei um eine Momentaufnahme; die weitere Entwicklung ist aktuell schwer zu prognostizieren.«
Ähnlich sehen die Erfahrungen von Thilo Hack, Vorstand bei Ansmann, aus: »Die Konjunktur in China ist rückläufig, die Lieferzeiten für Zellen sind vor diesem Hintergrund wieder auf einem Stand, der mit 2019 vergleichbar ist. So ist es inzwischen auch wieder möglich, plötzlich entstehende höhere Bedarfe ohne großen Aufwand und langfristigen Forecast zu beschaffen.« Als deutlich höher als zu Vor-Corona-Zeiten würde er die Verfügbarkeit zwar nicht bezeichnen, »aber es gibt durchaus einige Zelltypen, für die das zutrifft«.
Gegenüber der Situation im ersten Halbjahr dieses Jahres scheint sich damit die Verfügbarkeit am Markt noch einmal verbessert zu haben. In einer damaligen Marktbefragung (siehe Markt&Technik 15/2023) war von teilweise halbierten Lieferfristen im Vergleich zu 2022 die Rede. Die Besserung bestätigt auch Tino Gehrmann, Senior Technical Product Manager Power & Energy bei Hy-Line: »Die Verfügbarkeit ist inzwischen wieder durchaus vergleichbar mit der Vor-Corona-Zeit.« Ähnlich sieht das Josef Pfeil, Vertriebsleiter Dynamis Batterien: »Die meisten Zellen lassen sich heute auf ähnlich gutem Niveau beschaffen wie 2019, lediglich die Preise sind heute höher als 2019.«
»Fast alle Zellen unserer Hersteller sind mittlerweile wieder gut verfügbar«, versichert auch Sven Krüger, Geschäftsführer von Actron Power. »Natürlich können die Lieferzeiten dabei je nach Hersteller und Technologie geringfügig variieren.« Aus seiner Sicht ein Effekt der geringen Nachfrage nach Batterien auf dem chinesischen Inlandsmarkt: »Viele chinesische Zellenhersteller bieten inzwischen proaktiv ihre Produkte an.« Pauschal möchte Werner Suter, Managing Director der Tefag Elektronik, nicht von normalisierten Lieferzeiten sprechen: »Beliebte Zellentypen oder Nischen-Zellen sind nach wie vor schwierig zu bekommen.«
Dass sich etwas am Markt verändert hat, das zeigt aber speziell auch der chinesische Markt für E-Mobility-Batterien. »Der jüngste Preiskampf bei Elektrofahrzeugen war auch darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der Speicher günstiger zugekauft werden konnte, wofür auch die schwache Konjunktur in China verantwortlich ist«, meint etwa Benno Leuthner, President Project Business bei Custom Cells. »Preisbestimmend waren in der Vergangenheit ja oft die knappen Ressourcen der Zellhersteller, das dreht sich momentan und ist über die Rabatte der Autohersteller bereits sichtbar.«
Auch wenn sich die Situation bei den Lieferzeiten inzwischen noch weiter verbessert hat, preislich tut sich offenbar nach wie vor wenig. Offenbar ist die Entwicklung des Batteriemarktes immer noch stark von der Entwicklung der Rohstoffmärkte geprägt. Die Preise etwa für Lithiumkarbonat sind nach Angaben von Volker Schumann, Vice President der Battery Division bei Toshiba Electronics, seit Ende 2022 wieder stark gefallen, »das hat die Kostensituation etwas entspannt, auch wenn der Lithiumpreis heute immer noch um den Faktor 3 höher ist als Anfang 2021 und die starke Inflation alle anderen Kostenfaktoren treibt«.
Trotz der aus Sicht der Anwender eigentlich positiven Entwicklung der letzten Monate hat sich die Stimmung in der deutschsprachigen Batteriebranche seit Beginn des Jahres deutlich eingetrübt. Das zeigt auch das von dieser Zeitung seit über zehn Jahren ermittelte Stimmungsbarometer des deutschsprachigen Batterie- und Akkumarktes. Der Einbruch im ersten Halbjahr war massiv. Waren die Branchenexperten zu Beginn des Jahres noch positiv gestimmt, was sich in einem Index-Wert von 1,7 manifestierte, korrigierten sie diese Einschätzung nun im Rückblick – der Indexwert halbiert sich und liegt nun bei 0,75. Für das zweite Halbjahr liegt der Indexwert aktuell bei 1,25 (statt 2), und für das erste Halbjahr 2024 ist der Wert mit 1,63 nur geringfügig besser.
Verantwortlich für den Stimmungseinbruch im ersten Halbjahr 2023 dürfte unter anderem die Tatsache sein, dass die Kunden Lager aufgebaut hatten und angesichts der sich eintrübenden Konjunkturlage begannen, diese Lager abzubauen. Branchenkenner verweisen zudem darauf, dass etwa die Hersteller von Elektrorollern und E-Scootern »bestellt haben, als wenn es kein Morgen gäbe«; in den letzten Monaten häuften sich dann die Insolvenzen in diesem Bereich, und die Zahl der Neuaufträge ging deutlich zurück.
Für eine gewisse Verunsicherung am Markt haben nach Einschätzung von Suter auch die neuen Batterieverordnungen der EU gesorgt. «In den Entwicklungsabteilungen sind da Fragen aufgetaucht», so der Schweizer Batterie-Manager. »Im Prinzip geht es dabei um den Fakt, dass in Zukunft jeder Akku auch vom Endkunden, also dem Anwender,gewechselt werden kann und nicht mehr unbedingt von der Serviceabteilung einer Firma.« Ähnlich sieht das Schumann: »Einige Punkte der EU-Verordnung müssen nun noch durch Sekundärrecht geklärt werden«, meint Schumann zu diesem Thema. »Trotzdem sind die Eckpfeiler für den europäischen Batteriemarkt nun klar und alle Akteure können sich entsprechend vorbereiten.«
In letzter Konsequenz würden die EU-Vorgaben ein neues Akku-Design erfordern, das auch eventuelle Unachtsamkeiten, etwa einen äußeren Kurzschluss, berücksichtigt. Apple, so Suter, hat sich bereits gegen diese Vorschrift gewehrt, »weil dies bei modernen Mobiles gar nicht möglich ist». Konkret müssten dafür in Zukunft etwa Lithium-Polymer-Pouchzellen in einem Kunststoffgehäuse untergebracht werden. »Vor diesem Hintergrund», so Suter, »sind Entwickler zurzeit sehr verunsichert, welche Vorstellungen sich nun letztendlich durchsetzen werden«.
Völlig klar ist dagegen ein anderer Trend. Nachdem Rundzellen der Baugröße 21700 inzwischen seit mehr als zehn Jahren am Markt sein dürften, gewinnen sie nun wirklich an Marktbedeutung.
Einer der Gründe dafür: »Im Bereich der 18650-Zellen sind inzwischen keine Entwicklungsanstrengungen mehr hinsichtlich Kapazitätsverbesserungen und anderen technischen Spezifikationen festzustellen«, fasst Hack die Entwicklung der letzten Jahre zusammen. Die Tatsache, dass viele Hersteller nur noch in neue Zelllinien investiert haben, die mindestens 21700 und 18650 produzieren konnten, wenn sie nicht gleich ausschließlich auf 21700-Linien gingen, hat diesen Trend verstärkt.
Hack schätzt, dass der Anteil der 21700er-Zellen am Markt «ohne Automotive bei etwa 30Prozent liegen dürfte». Bis zur Mitte dieses Jahrzehnts erwartet er einen Marktanteil von etwa 50Prozent. Ganz genauso sieht Gehrmann die aktuellen und zukünftigen Marktanteile der 21700er-Zellen auf dem europäischen Markt. Haupteinsatzgebiete für diese Rundzellen sind E-Bikes, Elektroautos, elektrische Rollstühle, Golfwagen und Ähnliches. »Bei neuen Batteriedesigns mit höheren Kapazitätsanforderungen von über 100Wh«, so Eichhorn, »ist die 21700 definitiv technisch wie auch kommerziell attraktiv«. Suter ist da etwas zurückhaltender, er verortet den aktuellen Marktanteil bei rund 10Prozent.
Wie stark der Anteil der 21700er-Zellen vom jeweiligen Anwendungsbereich abhängig ist, zeigt das Statement von Pfeil: «Für die Mehrzahl unserer Kunden spielt der Formfaktor 21700 nach wie vor nur eine untergeordnete Rolle. Aktuell haben etwa 5 bis 7Prozent der von uns verbauten Rundzellen diesen Formfaktor.« Pfeil geht davon aus, das sich der Anteil der 21700er-Zellen langfristig in Anwendungsbereichen wie etwa der Medizintechnik auf 10 bis 15Prozent erhöhen wird. Einig sind sich alle Befragten darin, dass das Wachstum der 21700er-Zellen vor allem mit der zunehmenden Bedeutung von Lithium-Eisenphosphat zu tun hat.