Für wie viel Chaos kann Trumps Zolloffensive sorgen, oder findet die exportorientierte deutsche Wirtschaft neue Absatzmärkte? Von der Antwort auf diese Fragen hängt auch die weitere Entwicklung des deutschsprachigen Stromversorgungsmarkts ab.
Für den war eigentlich für 2025 eine Rückkehr der Marktnachfrage erwartet worden.
Im Vergleich mit der Stimmung zum Jahresende 2024 haben sich die Aussichten für die deutschsprachige Stromversorgungsbranche auf das Jahr 2025 in den letzten Monaten aufgehellt. Zwar gilt »Flat is the new up«, wie ein Kunde aus den USA gegenüber Jörg Traum, dem Geschäftsführer der Fortec Power, äußerte, doch hatten sich bis Anfang April die Erwartungen der meisten Branchenteilnehmer bestätigt: Ja, die Kunden agierten weiterhin zurückhaltend, aber die Stimmung entwickelte sich allmählich in Richtung eines verhaltenen Optimismus – die Marktsignale standen auf Erholung. Und dann kam die Nacht vom 2. auf den 3. April, als US-Präsident Trump im Rosengarten des Weißen Hauses anlässlich seines sogenannten »Liberation Days« für die US-Wirtschaft ein weltweites Zollpaket präsentierte, das es so noch nicht gegeben hatte. Natürlich war man sich in der Branche darüber im Klaren, »dass die sich verschärfende global restriktive US-Handelspolitik immer wieder als großer Unsicherheitsfaktor auftreten kann«, wie das Jan Stoll, Team Leader Market Intelligence and Rutronik Analytics bei Rutronik, ausdrückt – aber das?
Doch bleiben wir bei den Fakten. Bei Traco Power lagen die Billings im ersten Quartal in etwa auf dem Niveau des Vorjahresquartals, wie Martin Tenhumberg, Managing Director bei Traco Power DACH, ausdrückt. »Die Bookings liegen jedoch deutlich darüber.« Steffen Heinrich, Head of Business Development und Segment Manager Railway bei MTM Power, zeigt sich ebenfalls mit den aktuellen Entwicklungen der letzten drei Monate zufrieden: »Unsere Erwartungen wurden bislang voll erfüllt.«
»Wir sehen eine verstärkte Nachfrage«, bestätigt auch Thomas Widdel, Geschäftsführer der Eplax, »und unser Auftragsbuch füllt sich allmählich wieder.« Eine Entwicklung, die er erwartet hatte, »deshalb sind wir bis dato mit dem Geschäftsverlauf zufrieden«. Auch bei Murata startete das Jahr 2025 mit einem positiven Trend, wie Zlatko Pavlovic, Business Development Manager für Power Conversion Products, erläutert. »Ob sich die geweckten Erwartungen erfüllen werden, wird sich noch zeigen.«
Nicht ganz so positiv ist das Bild, das Christopher Haas, Managing Director von TDK-Lambda Europe, zeichnet. »Viele unserer Kunden agieren nach wie vor zurückhaltend, zögern mit ihren Bestellungen und verlassen sich auf die derzeit kurzen Lieferzeiten, anstatt langfristige Aufträge zu platzieren.« Er entdeckt zwar positive Signale, »von einem umfassenden Stimmungswandel am Markt kann aber noch keine Rede sein.« »Der Markt ist derzeit sehr inkonstant. Bestellungen kommen sehr kurzfristig rein, das geht aber auch unseren Kunden so«, beobachtet Oliver Walter, CEO der Camtec Power Supplies.
Und wie beurteilt die Distribution den Jahresbeginn 2025 und die Aussichten für dieses Jahr? Von einer leichten Steigerung im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres spricht Frank Stocker, Field Application Engineer Power Supplies bei Schukat electronic. »Wir haben auch einen steigenden Auftragseingang, ob das nur ein temporärer Effekt ist oder ob sich das in den nächsten Monaten noch festigt, wird sich zeigen.« Traum sieht seine verhaltenen Erwartungen für das 1. Quartal bestätigt: »Die Geschäfte laufen stabil, aber weiterhin auf niedrigem Niveau.«
Als recht stabil bezeichnet auch Andreas Hanausek, Product Marketing and Applications für Active Components bei Codico, die vergangenen drei Monate. »Wir beobachten relativ viele Neuentwicklungen, auch wenn sich dann deren Realisierung immer wieder verzögert.« Aus Sicht von Stoll sind die Wachstumserwartungen der bevorstehenden zwölf Monate auf einem Zwei-Jahres-Hoch, »liegen aber immer noch unter dem langfristigen Durchschnitt«.
Und wie bewertet die Branche die fast 1 Billion Euro schweren Investitionsprogramme der noch in Bildung begriffenen neuen Bundesregierung? Traum sieht einen positiven emotionalen Effekt durch die Ankündigung der Sondervermögen: »Die reale Wirksamkeit wird sich jedoch erst mit der konkreten Zuweisung der Gelder und den dazugehörenden Aufträgen an die Industrie zeigen.« Stocker spricht von einem wichtigen Impuls, »aber es ist aktuell schwer zu sagen, zu welchem Zeitpunkt die Elektronikindustrie in Deutschland das Investitionspaket spüren wird.« Hanausek ist optimistisch und geht davon aus, dass sich Infrastrukturprojekte für breit aufgestellte Distributoren schon in der zweiten Jahreshälfte bemerkbar machen könnten.
Haas ist da pessimistischer: »Weil viele Projekte Zeit für Planung und Umsetzung benötigen, erwarten wir besonders in der Infrastruktur frühestens 2026 spürbare Effekte.« »Ganz wichtig«, unterstreicht Haas noch einmal, »ist aber, dass die Wirtschaft jetzt das Vertrauen gewinnt, dass diese Mittel wirklich fließen werden!« Auch Heinrich verweist darauf, »dass Infrastrukturprojekte längere Planungs- und Ausschreibungsphasen haben. Wir gehen deshalb davon aus, dass diese Investitionen nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2026 in der Industrie wirksam werden.« Widdel erwartet, »dass im Bereich Rüstung und Verteidigung sicherlich schon in diesem Jahr erste Beauftragungen spürbar werden« und spricht damit auch für andere, die hoffen, dass das Militär- Business letztlich auch die Industrieapplikationen ankurbeln wird. Dem Ganzen nicht trauen will Walter: »Stand heute sind das alles nur reine Absichtserklärungen, ob daraus dann wirklich Taten folgen oder ob das Ganze wieder nur heiße Luft ist, wird sich noch zeigen müssen.«
Vertreiben die Zollankündigungen von Trump nun den zarten Hoffnungsschimmer auf einen konjunkturellen Aufschwung in Deutschland und damit auch für die Elektronikbranche? Derzeit gehen etwa 10 Prozent der deutschen Exporte in die USA – sehr ähnlich verhält es sich nach aktuellen Zahlen des ZVEI mit den Elektronikexporten in die USA.
Spürbare Effekte für die Power-Branche durch Trumps Zoll-Offensive erwartet Haas erst dann, »wenn Trump gezielt Hochtechnologie-Importe aus Asien beschränkt, Strafzölle auf Elektronikbauteile verhängt oder Handelswege massiv stört.« Besonders kritisch wäre aus seiner Sicht »ein verschärfter Konflikt mit China, der Halbleiter und Komponenten verteuert und die Produktion verzögert. Als Folge dessen könnte es dann zu Lieferengpässen und Preisanstiegen kommen, ähnlich wie in der Chipkrise.«
Wären Preiskämpfe wie sie in der Distribution im Bereich Standardgeräte zum Jahresende hin ausbrachen, dann überhaupt noch denkbar, oder würde dafür ganz einfach der Spielraum fehlen? »Durch die allokationsbedingte Überbevorratung hatte sich der Preisdruck im letzten Jahr verstärkt«, blickt Stocker zurück. »Es war aber absehbar, dass das ein temporärer Effekt sein wird, der sich mit der Bereinigung der Bestände wieder normalisiert.« Ähnlich sieht das Traum: »Es gab zu diesem Zeitpunkt ein Überangebot zur vorherrschenden Nachfrage – die Nachfrage nach Netzteilen ist immer noch nicht auf dem Niveau der Vorjahre angekommen. Hinzukam, dass die Lager gut gefüllt waren, da viele auf den prognostizierten Bedarfsanstieg im 4. Quartal 2024 vorbereitet sein wollten, der dann aber ausblieb.« Stoll sieht die aggressive Preisgestaltung bei Standardnetzteilen in der Distribution ebenfalls hauptsächlich in Verbindung mit einer Leerung der Lage. Letztlich könnte also ein altbekannter Effekt dafür verantwortlich gewesen sein – niemand nimmt in den Büchern gern mehr Lagerware mit ins neue Jahr als unbedingt nötig.
Ob das auch Ende 2025 der Fall sein wird, werden die kommenden Monate zeigen. Sie werden Aufschluss darüber geben, ob sich die Flaute auf dem Stromversorgungsmarkt in der DACH-Region ein weiteres Jahr fortsetzen wird, oder ob Trump zum Trotz die europäische Politik und Wirtschaft in einer Rückbesinnung auf die eigene Stärke und ihre internationalen Möglichkeiten neue Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte etwa jenseits der USA finden wird.