Jianghai: 1 Milliarde Dollar Umsatz

Nachhaltige Überzeugungsarbeit brachte den Erfolg

27. Januar 2023, 13:30 Uhr | Engelbert Hopf
Ole Bjorn
Ole Bjørn, Jianghai Europe Electronic Components: »In China entwickelt sich bereits ein sehr dynamischer Markt für Lithium-Kondensatoren; in Europa steht die Entwicklung dieses Marktsegments noch am Anfang.«
© Jianghai

In 20 Jahren hat sich Europa für Jianghai zum wichtigsten Absatzmarkt nach China entwickelt. Als Spezialist für kundenspezifische Alu-Elkos gestartet, gelang dem Unternehmen inzwischen in China wie in Europa mit Folienkondensatormodulen der erfolgreiche Eintritt in den E-Mobility-Markt.

Markt&Technik: Was waren kurz nach der Jahrtausendwende 2003 die Beweggründe für Jianghai, eine eigene Niederlassung in Europa zu eröffnen? Welche Ziele hatte man damals für den europäischen Markt?

Ole Bjørn: Wie Sie sich vielleicht erinnern, verlief das erste Jahrzehnt der Globalisierung im Rückblick betrachtet zum Teil chaotisch ab. Im Zuge ihrer Outsourcing-Strategien wollten diewestlichen Industrienationen China als kostengünstigen Produktionsstandort nutzen. Chinesischen Unternehmen wiederum bot die Globalisierung bis dahin nie dagewesene Exportmöglichkeiten. Jianghai hatte den Vorteil, aufgrund der frühen Gründung 1958 sehr erfahren und im professionellen Anwenderkreis etabliert zu sein. Dies unterschied das Unternehmen von den vielen Herstellern, die im Rahmen des gestiegenen Bedarfs an Consumer-Produkten in der 1990er-Jahren entstanden sind.

Als anerkannter Spezialist für kundenspezifische Aluminium-Elektrolytkondensatoren hatte man zudem früh die Notwendigkeit erkannt, neue Kunden einerseits global, andererseits direkt vor Ort zu betreuen. Europas Industrieelektronikmarkt bot lukrative Wachstumsmöglichkeiten. Ich muss allerdings zugeben, dass die Anfangsjahre deutlich steiniger waren als erwartet. Wir mussten mühsam Vertrauen aufbauen. Im Nachhinein betrachtetwar das vielleicht sogar ein Glücksfall für uns. Wir haben uns in schwierigen Zeiten Vertrauen erworben und damit die Basis für einen nachhaltigen Erfolg in Europa gelegt.

Welche Vorteile konnte Jianghai als Newcomer auf dem europäischen Markt denn den Anwendern hier bieten?

Elektrolytkondensatoren sind Produkte, bei denen in puncto Zuverlässigkeit und Lebensdauer immer wieder komplexe Fragestellungen entstehen. Eine technische Beratung während des Design-ins ist häufig eine Voraussetzung für eine zuverlässige, aber auch kommerziell erfolgreiche Entwicklung. Also eine Win-Win-Situation zwischen Kunde und Hersteller. Uns war klar, wir werden nur dann Erfolg in Europa haben, wenn wir technisch, qualitativ, logistisch und monetär Nutzen für den Kunden generieren. Nur einer dieser vier Aspekte allein würde für den Erfolg auf diesem Markt nicht reichen. Aber es ist nicht nur die Präsenz mit geschulten Spezialisten vor Ort, auch die sich auf diesem Wege etablierende direkte Beziehung zu den Fertigungsstätten in China ist von entscheidender Bedeutung. Das hat sich auch wieder in der Phase der Corona-Pandemie gezeigt.

Wie hoch ist heute der Gesamtumsatz von Jianghai und welchen Anteil hat Europa an diesem Umsatzvolumen?

Global setzt Jianghai inzwischen mit Elektrolytkondensatoren, Hybrid- und Polymer-, Folienkondensatoren und -Modulen sowie EDLCs und Lithium-Ionen-Kondensatoren mehr als 1Milliarde US-Dollar um. In China gilt Jianghai als Marktführer für diese Produkte. Bei Snap-in- und Schraubanschluss-Elkos dürfte Jianghai sogar weltweit der größte Hersteller sein. Auf Europa entfällt dabei ein Umsatzanteil von rund 16Prozent. Die Wachstumsraten waren in den letzten Jahren in Europa fast immer zweistellig, nicht nur während der Allokationsjahre.

Welches sind heute die wichtigsten Absatzregionen in Europa,welches der wichtigste Anwendungsbereich?Und welche Marktposition nimmt Jianghai heute in Europa ein?

Unser Kernmarkt ist die Leistungselektronik, vor allem im Bereich der Industrie. Deutschland ist für uns dabei in Europa der wichtigste Regionalmarkt. Mit dem Geschäftsbereich Charger und E-Mobility rückt Jianghai inzwischen aber auch in das Automotive-Segment ein. Das hat vor allem auch mit unserer hohen Flexibilität bei Folienmodulen zu tun. Hier können wir mit Expertise überzeugen, ist Jianghai doch eines der wenigen Unternehmen, das KFZ-zertifizierte Folienmodule heute schon in großer Stückzahl produziert und auch über die erforderlichen Produktionskapazitäten für die notwendigen schnellen Marktanläufe solcher Module verfügt.

Sie sind meines Wissens in Europa in erster Linie im Direktgeschäft aktiv. Wird das auch zukünftig so sein oder planen Sie, mittel- und langfristig eine Distributionsschiene zu etablieren?

Wir arbeiten fast ausschließlich direkt oder mit sehr engen Partnern, die im Feld vor Ort wie eigene Vertriebsingenieure auftreten können. Unser Kerngeschäft ist nach wie vor die Großserienproduktion von kundenspezifischen Kondensatoren, da steht die direkte Kundenbeziehung und Zusammenarbeit mit dem Kunden klar im Vordergrund. Ein Ausbau unseres Distributionsnetzwerks ist derzeit nicht angedacht.

Wie hoch ist heute der Umsatzanteil des chinesisches Heimatmarktes? Wird sich die Umsatzbedeutung des Heimatmarktes nach Ihrer Einschätzung in Zukunft noch erhöhen?

Natürlich ist und bleibt China unser Heimatmarkt. Etwa 60Prozent unserer Produktion verbleibt dort. Europa ist für uns der zweitgrößte Markt. Das Geschäft in den USA leidet nach wie vor unter den Strafzöllen, die in der Regierungszeit von Donald Trump eingeführt und seither nicht aufgehoben wurden. Unser größtes Zukunftspotenzial sehen wir durch die notwendige Transformation zu erneuerbaren Energien, Energiespeicher-Konzepten, E-Mobility und neuen Technologien wie Wasserstoff, wobei hier unser chinesischer Heimatmarkt vorprescht. Unabhängig davon erwarten wir auch in Zukunft weltweit mehrstellige Wachstumsraten für unser Geschäft.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Nachhaltige Überzeugungsarbeit brachte den Erfolg
  2. Ausbau der Fertigungskapazitäten

Das könnte Sie auch interessieren

Verwandte Artikel

Jianghai Europe Electronic Components GmbH