Markt&Technik-Umfrage

(Noch) keine Spur von konjunktureller Abkühlung

22. August 2022, 14:30 Uhr | Engelbert Hopf
Noch trotz der Auftragseingang den dunklen Wolken am Horizont
© Fokussiert/stock.adobe.com

Vor dem Hintergrund eines heißen Herbstes mit steigenden Inflationsraten und einem möglichen Gas- und Energieengpass, zeigt sich die deutsche Industrieelektronik bislang sehr robust. Prognosen für 2023 fallen allerdings verhalten aus.

Diesen Artikel anhören

Auch wenn alle konjunkturellen Frühwarnindikatoren wie Geschäftsklimaindex und Zinsentwicklung auf eine bevorstehende Eintrübung der Konjunktur hinweisen – bisher, so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Markt&Technik, ist davon im Bereich Industrieelektronik wenig zu erkennen. So schwächt sich zumindest bei den Befragten weder der Auftragseingang ab, noch liegen die Umsätze für das 2. Quartal 2022 oder die Monate Juni und Juli 2022 unter den Zahlen des Vorjahres. Häufig weisen sie sogar noch eine Steigerung gegenüber den letzten Monaten auf.

Nach Auskunft des Branchenverbandes ZVEI sank das Geschäftsklima in der deutschen Elektro- und Digitalindustrie im Juli 2022, nachdem es im Vormonat noch einen leichten Anstieg aufwies. So beschrieben 46 Prozent der Branchenunternehmen ihre wirtschaftliche Situation im Juli als gut, weitere 46 Prozent als stabil und 8 Prozent als schlecht. Für die zweite Jahreshälfte 2022 rechnen nur 11 Prozent der Firmen mit mehr, 57 Prozent mit gleich vielen und 32 Prozent mit weniger Geschäften. Das größte Problem der Branche, so der ZVEI, werden auch in den nächsten sechs Monaten die bekannten Versorgungsengpässe sein.

Von einer Beruhigung auf recht hohem Niveau spricht Dr. Ralph Wiechers, Chefökonom des VDMA: »Da jedoch nach wie vor die Abarbeitung der bestehenden Aufträge aufgrund der Materialengpässe schwierig ist, wächst das Auftragspolster – inzwischen auf rund zwölf Monate. Das dürfte Produktion und Umsatz im Maschinen- und Anlagenbau eine gute Weile absichern.« Zu Auftragsverschiebungen käme es vor dem Hintergrund von Knappheiten und Preissteigerungen. Eine Investitionszurückhaltung ist in der Branche noch nicht spürbar.

»Wir haben unsere Mitglieder zuletzt Ende Juni befragt«, so Dr. Wiechers, »damals gaben noch 80 Prozent der Unternehmen an, ihre Investitionen in diesem Jahr erhöhen zu wollen«. Stellvertretend für den Maschinenbau könnte man hier die Antwort von Andrea Glawe, Regionale Vertriebsdirektorin bei Kroenert, nehmen: »Unsere Auftragslage ist derzeit sehr gut, wir haben nur durch die weltweiten Lieferengpässe große Probleme, die Wünsche unserer Kunden zu bedienen.« In puncto Investitionsvorhaben hat Kroenert bislang keine Entscheidungen zurückgestellt.

Kaum verwunderlich also, dass Stromversorgungshersteller, für die der Maschinen- und Anlagenbau eine der Hauptabnehmerbranchen ist, aktuell noch keine Anzeichen einer Rezession erkennen können. »Wir sehen allenfalls seit Anfang Juni eine Rückkehr auf das normale Niveau des Bestelleingangs«, so Bernhard Erdl, Geschäftsführer und Gründer der Puls-Gruppe; »der übertriebene Boom ist zu Ende«. Auftragsverschiebungen oder gar Stornierungen gebe es nicht: »Noch wollen die Kunden ihre nicht mehr vorhandenen Lager etwas auffüllen.«

Vollert Siegbert
Siegbert Vollert, Binder: »Unsere Umsätze lagen im ersten Halbjahr über Plan, nun bewegen sie sich im Rahmen unserer Planzahlen. Ich glaube nicht, dass es eine Rezession geben wird.«
© Binder

»Wir spüren die Probleme, die auch unsere Kunden mit der Materialversorgung haben«, stellt Hermann Püthe, Geschäftsführender Gesellschafter der inpotron Schaltnetzteile, fest. »Daraus resultieren durchaus auch Verschiebungen, die jedoch keine Stornierungen sind. Eine Rezession ist daraus sicher nicht abzuleiten.« – »Wir können keinen Auftragsrückgang erkennen, ganz im Gegenteil, die Bedarfe halten unvermindert an, und bei vielen steigen sie sogar noch weiter«, berichtet auch Oliver Walter, CEO von Camtec Power Supplies. »Unsere Kunden fragen uns regelmäßig, ob wir nicht früher liefern könnten – Verschiebungen sind deshalb für uns absolut kein Thema!«

»Seitens unserer Kundschaft merken wir noch keine Zurückhaltung«, bestätigt auch Kai Heinemann, Geschäftsleiter Entwicklung und Produktmanagement bei Block Transformatoren-Elektronik. »Natürlich hören und lesen wir auch von den aufziehenden Wolken, wir glauben aber weiterhin, dass unsere Branche relativ gut durch eine eventuelle Rezession kommen wird, weil die Megatrends in Richtung erneuerbare Energie und All Electric Society ja weiterhin intakt sind und in diese Richtung große Summen investiert werden.«

»Unsere Book-to-Bill Ratio ist weiterhin gleichbleibend hoch, allerdings hören wir von Marktbegleitern, dass die Bookings schon seit einigen Monaten nachlassen«, so Karsten Bier, Unternehmensinhaber der Recom-Power-Gruppe. »Wenn die geopolitische Lage weiter so instabil bleibt, wird sich eine Rezession nicht vermeiden lassen.« Von seinen Investitionsplänen will er sich dadurch nicht abbringen lassen: »Wir investieren durch die Krise, wir beschleunigen eher noch unsere Aktivitäten.«

Auch wenn aktuell die konkreten Kennzahlen in Deutschland noch keine Zurückhaltung erkennen lassen und der Auftragseingang im 2. Quartal sogar noch einmal leicht über dem 1. Quartal lag, rechnet Sebastian Fischer, Geschäftsführer der Traco Electronic, »mit einer deutlichen Eintrübung der Konjunktur ab dem 3. Quartal, mit dem einhergehenden Rückgang des Auftragseingangs«. Vom Eintritt einer wirklichen Rezession gemäß technischer Definition geht er aber erst 2023 aus. Stornierungen sieht Fischer nicht, eher vereinzelte Verschiebungen, »weil den Kunden andere Komponenten für ihre Produktion fehlen«.


  1. (Noch) keine Spur von konjunktureller Abkühlung
  2. "Keine Rezessionsängste"

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Passive Integration

Grenzen der reinen Miniaturisierung

Dezentrale Automatisierung

Sensoren und Aktoren sicher versorgt

Gebremste Wachstumserwartungen für 2023

Auftragsbestand sorgt für Planungssicherheit

Markt&Technik-Umfrage: Stromversorgungen

MOSFETs bleiben das Sorgenkind

VDMA-Prognose für 2023

Deutscher Maschinenbau erwartet leichten Rückgang

Stromversorgungsbranche

Von Normalzustand kann keine Rede sein

DC/DC-Wandler im MicroModul-Format

Kompakt und leistungsfähig

Temporärer Strompreisdeckel

»Strom ist Grundnahrungsmittel der Gesellschaft und Industrie«

DC/DC-Wandler im Mikromodul-Format

Klein, aber definitiv »oho«

»CHIPS and Science Act of 2022«

Joe Biden unterzeichnet das Gesetz

Dresden und Grenoble

Globalfoundries baut Produktion in Europa aus

Weltweiter Elektromarkt

ZVEI erwartet einen nominalen Zuwachs von 11 Prozent

Mehr E-Auto-Verkäufe erwartet

Chinas Automarkt erholt sich weiter

Supply-Chain-Probleme

»Wir müssen uns alle neu erfinden«

Chinas Wirtschaft

Unerwartet starke Exporte

Kein Allheilmittel für die Lieferkette

»Second Source ist immer ein Kompromiss!«

Infineon Technologies

Starkes Umsatzwachstum, besonders im Automobilbereich

Ifo-Institut

Kein Ende des Materialmangels in Sicht

Konsumenten in Deutschland

Die Stimmung ist so schlecht wie seit Jahren nicht mehr

VDMA

Zurückhaltung der Maschinenbau-Kunden wächst

Consumer-Kaufkraft sinkt

2023 schrumpft der Chip-Markt

STMicroelectronics

Umsatz- und Gewinnsprung

Hidden Champions und Fachkräftemangel

»Emotionen auslösen gelingt uns vor Ort besser«

Deutsche Laborstromversorgungs-Branche

Bitte keine Lohn-Preis-Spirale!

VDMA-Vorschlag

Personalvermittler sollen Auslands-Fachkräfte anwerben dürfen

Ansmann investiert in personellen Ausbau

»Unser Ziel ist ein jährliches Wachstum von 10 Prozent«

Risk Management bei Traco Power

»Alle Zutaten für einen Konjunktureinbruch sind vorhanden«

Belieferung mit kritischen Bauelementen

Stimmungswechsel am Markt

Fertigungsausbau: Halbleiter-Foundries

Neue 300-mm-Fabs fokussieren auf größere Prozessknoten

Trotz Rekordquartal

ASML senkt die Erwartungen

Europäischer Automarkt

Druck auf die Automobilindustrie bleibt hoch

Forum Batterien+Akkus bei Markt&Technik

Leichte Entspannung bei Lieferzeiten

Marktanalyse von TrendForce

Umsatz bei Siliziumkarbid vervierfacht sich in vier Jahren

Angespannte Liefersituation

Der Trend geht zum Tagespreis

US-Automarkt schwächelt

Dämpfer für VW, BMW und Audi

ZVEI-Fachverband Batterien

Deutschland löst sich von seiner Abhängigkeit von China

Silcion Saxony

High-Tech-Region weiter auf Wachstumskurs

Japan

Für deutsche Unternehmen immer wichtiger

Automobilmarkt weiter gebremst

Chipmangel wird bis mindestens 2024 anhalten

Puls Expands Production Site

Manufacturing in Europe: More important Than Ever Before

ZVEI

Elektroexporte zu Beginn des 2. Quartals leicht im Plus

Neu: Semikron-Danfoss ab 2023

»Wir investieren massiv in eMPack-Module«

Guter Start ins zweite Quartal

Elektroindustrie weiter im Aufwind

Ernst & Young

Deutschland ist in Europa für Investoren weniger attraktiv

Maschinenbaubranche im Jahr 2022

Wachstum ist eng mit den Themen Energie und China verknüpft

Umdenken gegenüber China

Lässt sich die Abhängigkeit verringern?

Lieferketten im Dauerstress

Kein Weg zurück für die Wirtschaft

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu VDMA Verband Deutscher Maschinen- u. Anlagenbau e.V.

Weitere Artikel zu BLOCK Transformatoren- Elektronik GmbH

Weitere Artikel zu Binder Elektronik GmbH

Weitere Artikel zu Syslogic GmbH

Weitere Artikel zu ZVEI Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie e.V.

Weitere Artikel zu PULS GmbH

Weitere Artikel zu inpotron Schaltnetzteile GmbH

Weitere Artikel zu CAMTEC Systemelektronik GmbH

Weitere Artikel zu RECOM Power GmbH

Weitere Artikel zu TRACO ELECTRONIC GmbH

Weitere Artikel zu E.E.P.D. GmbH Electronic Equipment Produktion & Distribution GmbH

Weitere Artikel zu ELTEC Elektronik AG

Weitere Artikel zu ODU GmbH & Co. KG

Weitere Artikel zu ANSMANN AG

Weitere Artikel zu Yamaichi Electronics Deutschland GmbH

Weitere Artikel zu Phoenix Contact E-Mobility GmbH

Weitere Artikel zu ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG

Weitere Artikel zu Würth Elektronik eiSos GmbH & Co. KG

Weitere Artikel zu INFINEON Technologies AG Neubiberg