Ausgehend von den Erfahrungen der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres 2022 rechnet die Branche mit weiterhin deutlich erhöhten Lieferzeiten und weiter steigenden Preisen. Betroffen sind vor allem Lithium-Ionen-Zellen; besser sieht die Situation bei Lithium-Polymer-Akkus und Primärzellen aus.
Erst muss es schlimmer kommen, bevor es besser werden kann. Eine Lebensweisheit, die offensichtlich auch für die Entwicklung des deutschen Batterie- und Akku-Marktes gilt. Bereits im Sommer 2021 hatten Vertreter der Branche über deutlich gestiegene Lieferzeiten und Preise berichtet. Seither hat sich die Situation nicht nur nicht gebessert, sie hat sich teilweise weiter zugespitzt.
»Beruhigt hat sich seitdem nur die Situation im Bereich der Bleibatterien«, erläutert Raphael Eckert, General Manager Sales & Marketing Components bei GS Yuasa Battery Germany. »Starterbatterien für PKWs, LKWs, Motorräder sowie auch Standby-Typen sind mittlerweile wieder ganz normal ab Lager lieferbar.« Anders ist es hingegen bei Lithium-Ionen-Typen, wie er versichert, »hier ist nach wie vor mit Lieferzeiten von bis zu neun Monaten zu rechnen«.
Von einer angespannten Liefersituation bis hin zur Allokation berichtet auch Marc Eichhorn, Product Marketing Manager Batteries bei Avnet Abacus. »Generell ist die Lage bei Primärzellen entspannter als bei Akku-Systemen, welche schon aufgrund des Bedarfs weiterer elektronischer Bauelemente einem höheren Risiko in der Lieferkette unterliegen«, so Eichhorn. »Speziell im Bereich der Lithium-Ionen-Akku-Systeme sollten Planungen aber mindestens die kommenden zwölf Monate umfassen.«
»Batterie- und Akku-Zellen aus Korea und Japan stehen teilweise unter Allokation«, bestätigt auch Werner Suter, Managing Director der Schweizer Tefag Elektronik. »Zellen aus China sind dagegen innerhalb von acht bis zwölf Wochen verfügbar.« Bei den Zellen aus Japan und Korea sei das ganz anders, »da betragen die Lieferzeiten je nach Typ sechs bis zwölf Monate«, so Suter; »teilweise werden sogar gar keine Liefertermine mehr genannt«. Da die Lieferzeiten für notwendige Elektronikkomponenten für Batterie-Packs aktuell zwischen 40 und 70 Wochen liegen, rät er seinen Kunden, »Batterie-Packs- oder Akkusysteme mindestens 18 Monate im Voraus zu bestellen«.
Eine Entspannung der Versorgungslage kann auch Oliver Sonnemann, Head of Energy Device Division bei Panasonic Industry Europe, nicht erkennen: »Inklusive der längeren Verschiffung aus Asien pendeln sich die Lieferzeiten im Durchschnitt bei fünf bis sechs Monaten ein. Für einige Batterien ist zudem der Bedarf immer noch höher als die Produktionskapazität.« Da es im Lithium-Ionen-Bereich für fast jede Type eine Zuteilung gibt, gibt es auch keine langfristigen Bestätigungen, so Sonnemann.
Große Versorgungsengpässe im Bereich Lithium-Ionen-Zellen der Baugröße 18650 sieht auch Timo Schmidt, Head of Purchasing für Frequency Products and Batterie Solutions bei Jauch Quartz. Als Grund dafür gibt er an, »dass sich die Hersteller vermehrt auf spezifische Märkte konzentrieren, mit denen sie ihre Produktion auslasten«. So sei ihm bekannt, dass sich ein namhafter Hersteller in Zukunft nur noch auf Power Tools, Cleaner und Gartengeräte konzentrieren wird; »in der Vergangenheit hat dieser Hersteller auch Industrieanwendungen beliefert«. Bei den chinesischen Herstellern ist die Verfügbarkeit nach seinen Erfahrungen je nach Type unterschiedlich, »da liegen die Produktionszeiten bei 8 bis 30 Wochen«.
Schmidt geht auch dezidiert auf die Probleme bei Batterie-Packs mit Batteriemanagementsystemen ein. So habe sich zwar die Liefersituation der BQ-Battery-Management-ICs inzwischen verbessert, »jedoch gibt es nun Probleme bei den MOSFETs, durch Abkündigung und Produktionsengpässe einiger Typen kommt es hier zu sehr langen Lieferzeiten. Steckerhersteller wie JST und Molex haben auf einzelne Typen Lieferzeiten bis zu 40 Wochen«. Dazu kommt noch, dass Lieferanten aus Shanghai aktuell Probleme haben, ihre Produktionslinien hochzufahren, »weil durch die Covid-19-Politik in Shanghai sehr viele Mitarbeiter die Region verlassen haben«.
»Zellen und Bauteile sind weiterhin schwer verfügbar«, bestätigt auch Thilo Hack, Vorstand bei Ansmann; »Lieferzeiten von 8 bis 14 Monaten sind keine Ausnahme«. Bei Batterie- und Akku-Packs hängt es oft an fehlenden Halbleitern, aber auch Gehäuse, Verbinder und sonstige mechanische Komponenten erweisen sich oft als Flaschenhals in der Produktion. »Die Lieferketten sind weiterhin unter Druck, die Liefer- und Versorgungssituation ist immer noch sehr angespannt«, so sein Fazit.