Volle Projekt-Pipelines, aber die Realisierung lässt auf sich warten. Angesichts einer weiter nicht abschätzbaren wirtschaftlichen Entwicklung wächst die Stromversorgungs-Distribution zwar 2025, bleibt aber hinter ihren Erwartungen zurück. Ob der Aufschwung nun 2026 einsetzt ist schwer abschätzbar.
Umsatzwachstum ja – aber kein Aufschwung. Auf diese kurze Formel konnten sich die Teilnehmer des diesjährigen Forums Stromversorgungs-Distribution der Markt&Technik einigen. Enttäuschte Erwartungen ja, aber kein Grund zu prinzipieller Sorge. »Wir hatten schon damit gerechnet, abschmelzende Lagerbestände zu sehen, aber das hat nur bedingt funktioniert«, fasst Frank Stocker, Field Application Engineer Power Supplies bei Schukat electronic, seine Eindrücke des Jahres 2025 zusammen.
Grundsätzlich sind durchaus unterschiedliche Entwicklungen am Markt zu beobachten, wie Jochen Krause, Senior Director Product Line Management Power & Energy, bei Hy-Line Technology berichtet: »Es gibt Bereiche, wo wir eine Steigerung sehen und neue Projekte haben, die jetzt in Serie gehen. Auf der anderen Seite gibt es Kunden, die schon sehr lange im Markt sind, und deren Projekte stagnieren.«
»Das Geschäft hat sich in Summe positiv entwickelt«, versichert auch Dr. Sara Ghaemi, Director Technical Development bei Avnet Abacus. »Wir sind sowohl gegenüber dem Vorquartal als auch gegenüber dem Vorjahr gewachsen.« Natürlich seien die erhofften Zahlen andere gewesen, aber was man überall höre, sei der Satz: »Von heute an in einem Jahr wird alles besser.« Der wirkliche Verlauf ist jedoch aus ihrer Sicht »nicht seriös planbar, anders als das noch vor zehn Jahren war«.
»Wir sehen am Markt deutlich mehr Design-Aktivitäten, als das vor einem Jahr der Fall war«, berichtet Andreas Hanausek, Produktmanager und FAE Stromversorgungen, bei Codico, »da hat es im Lauf der letzten 12 Monate wirklich eine spürbare Veränderung geben, aber mit der Realisierung dieser Design-Aktivitäten könnte es etwas besser sein. Dass es besser werden wird, zeigt die positive Book-to-Bill-Entwicklung.« Bei Codico setzt man dabei weiterhin besonders auf das Geschäft mit Stromversorgungsmodulen für die Medizintechnik.
Ist die Schuld am bisherigen Marktverlauf 2025 bei Donald Trump und seiner Zollpolitik zu suchen? »Obwohl ich persönlich nicht gedacht hätte, dass die Globalisierung, wie wir sie kannten, so schnell zusammenbricht, würde ich sagen: nein«, meint Dr. Ghaemi. »Eine Auswirkung dieser Zolldeals ist aber, dass die Kunden noch zurückhaltender geworden sind. Sie können die Zukunft nicht mehr voraussehen, aus diesem Grund kommen die Bestellungen sehr zeitnah an den Bedarfen, man kann nichts mehr planen!«
Dass das Geschäft im 1. Quartal 2025 noch gut gelaufen sei, führt Stocker nur zu einem kleinen Teil auf mögliche Hamsterkäufe vor dem Inkrafttreten der Importzölle zurück. »Aber das wird Auswirkungen haben, auch wenn wir sie jetzt noch nicht bemerken können.« Mit Blick in die Zukunft macht er sich Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher und europäischer Produkte: »Diese Position ist klar geschwächt, und das werden wir merken!«
Dass die US-Zollpolitik mittelfristig Schaden anrichten wird, ist auch Hanauseks Überzeugung: »Ich gehe davon aus, dass das in drei bis fünf Jahren der Fall sein wird, denn irgendwann werden wohl Gegenmaßnahmen der EU im großen Stil kommen.« In der aktuellen Situation, das bestätigt auch Krause, leben die Kunden von der Hand in den Mund: »Er bestellt erst mal etwas weniger, bis er sicher sein kann, dass sein Projekt weiterläuft.«
Erwarten die Stromversorgungs-Distributoren einen Stimmungswandel? Setzen sie auf positive Auswirkungen der Investitionsprogramme? »Wenn man sich ansieht, wohin die Investitions-Milliarden fließen sollen«, meint Krause, »dann sind das nicht unbedingt elektronikbehaftete Bereiche.« »Wir können auf jeden Fall nicht noch zwei Jahre in einer Seitwärtsbewegung verbringen«, stellt Stocker fest. »Man hatte das Gefühl, die Industrie steckt in einer Zwangsjacke, und wir brauchen dringend positive Impulse aus der Politik. Inzwischen erkennt man aber, dass man nicht einfach einen Schalter umlegen kann und alles wird besser.«
»Diese Veränderung war notwendig, wir müssen mit der China-Geschwindigkeit mithalten«, versichert Dr. Ghaemi. »Anfangs hatten die Kunden auch positive Gefühle gegenüber diesem Wandel, man hatte sich aber mehr erhofft. Man hatte gehofft, dass diese Sätze eine Bedeutung haben, um dann festzustellen, dass es eben nur politische Sätze waren, die keine konkreten Projekte zum Inhalt hatten. Keine konkreten Investitionen.«
Konkretere Aussagen sind aus Sicht der Stromversorgungs-Distribution auch zu einem anderen Punkt notwendig: Bedarfsplanung! Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Lieferzeiten kaum verändert, sie liegen im Schnitt immer noch bei zwölf Wochen. Zwar gibt es in Asien freie Produktionskapazitäten, doch auch dort bedarf es eines Vorlaufs für die Produktion. Kommt es 2026 wie erwartet zum Ramp-up diverser Projekte, könnte das zu spürbaren Logistik- und Versorgungsproblemen führen, wenn diese Bedarfe nicht zuvor klar kommuniziert werden. Mehr über die Entwicklungen und Trends im Bereich der Stromversorgungs-Distribution erfahren Sie im Stromversorgungs-Schwerpunkt der nächsten Markt&Technik-Ausgabe.