Semikron-Danfoss wird sich ab Januar 2023 als fusioniertes Unternehmen am Markt positionieren. Den größten Wachstumsschub erwarten Karl-Heinz Gaubatz, CEO und CTO von Semikron, und Peter Sontheimer, CSO bei Semikron, in Zukunft von SiC-basierten Produkten für Antriebe im Automobilbereich
Markt&Technik: Semikron und Danfoss Silicon Power werden fusionieren. Wie kam es dazu und von wem ging die Initiative aus?
Karl-Heinz Gaubatz: In den vergangenen Jahren traten fast quartalsweise Interessenten an Semikron heran, die entweder eine Kooperation oder eine Beteiligung anstrebten. Auch Danfoss kam 2018 diesbezüglich erstmals auf die Eigentümerfamilien von Semikron zu. Wirklich konkret wurden die Gespräche dann im Sommer 2020, als man sich zusammengesetzt hat und einen gemeinsamen Business-Plan entwickelte.
Beide Seiten haben festgestellt, dass die Firmenkulturen der beiden Familienunternehmen zusammenpassen. Danfoss als Konzern zählte bisher bereits zu unseren Kunden. Danfoss Silicon Power repräsentiert zwar nur einen geringen Prozentwert des Danfoss-Konzern-Gesamtumsatzes, hat sich aber als wichtiger Partner der Automobilindustrie etablieren können. Angesichts der Konzentration auf der Halbleiter-Seite, der möglichen Synergien und der sich ergänzenden Produktportfolios sind beide Unternehmerfamilien zu der Überzeugung gekommen, dass ein fusioniertes Unternehmen in Zukunft noch erfolgreicher am Markt agieren kann. Man könnte auch sagen: 1 + 1 ist mehr als 2.
Welches Ziel wird durch diesen Zusammenschluss angestrebt? Die Schaffung eines nationalen oder europäischen Champions im Modulgeschäft?
Gaubatz: Heute gehören wir weltweit zu den fünf größten Modulherstellern; durch die Fusion werden wir in naher Zukunft im Modulbereich weltweit unter den ersten drei liegen. Unser Geschäftsmodell steht dabei in Zukunft auf folgenden drei Säulen: Industrie-Leistungsmodule, Automotive-Leistungsmodule für PKW und Inverter für Nutz- und Offroad-Fahrzeuge, und Stacks und intelligente Power-Module für große Leistungen.
Peter Sontheimer: Industriekunden müssen heute angesichts der Versorgungssituation langfristige Verträge eingehen, um ihre Bedarfe abzusichern. Unser Kerngeschäft ist bisher der Industriebereich, und wir werden auch in Zukunft die Industrie nicht vergessen. Zukünftig werden wir drei Marktsegmente beliefern, den Industrie- und Automotive-Bereich mit Standardprodukten, aber auch mit kundenspezifischen Varianten, und als drittes Geschäftsfeld integrierte kundenspezifische Leistungselektroniklösungen vorantreiben. In das Projektgeschäft werden auch Kompetenzen und Know-how des Danfoss-Konzerns einfließen.
Noch mal konkret gefragt: Wie wird sich das Gemeinschaftsunternehmen Semikron-Danfoss positionieren?
Sontheimer: Im Automotive-Bereich positionieren wir uns als Spezialist für Leistungsmodule im E-Antrieb, aber nicht nur für den PKW-Bereich, sondern darüber hinaus mit kompletten Traktionsinvertern für Busse oder LKW-Anwendungen. Im Industriebereich decken wir verschiedene Anwendungsbereiche von den erneuerbaren Energien über Batterieladeeinrichtungen und unterbrechungsfreien Stromversorgungen bis zu Antriebs- und Energy-Storage-Lösungen mit verschiedensten Leistungsklassen ab. Als Semikron bedienen wir diese Marktsegmente vor allem mit Standardlösungen; Danfoss Silicon Power deckt diese Anwendungsbereiche durch ihr Projektgeschäft ab. Der Vorteil für den Kunden liegt darin, dass er mit Semikron-Danfoss in Zukunft einen Ansprechpartner hat und alles aus einer Hand erhält.
Gaubatz: Man kann auch hervorheben, dass kein anderes Unternehmen am Markt ein vergleichbares technisches Portfolio bieten wird. Semikron weist umfassendes Know-how im Bereich der Direct-Pressed-Die-Technologie, der Layer-Technologie und Federkontakt-Technologie auf, Danfoss Silicon Power ist ein ausgewiesener Spezialist auf dem Gebiet der Mold-Technologie, Bond-Buffer-Technologie und Shower-Power-Technologie, um nur einige zu nennen. Beide Unternehmen setzen die Sinter-Technologie bei ihren Modulen ein, das sind perfekte Voraussetzungen für die Realisierung von SiC-Modulen.
Wie wird das Gemeinschaftsunternehmen in Zukunft geführt werden?
Gaubatz: Wir werden ab dem 1. Januar 2023 als gemeinsames Unternehmen Semikron-Danfoss am Markt aktiv sein. Die Eigentümerfamilien sind dann an dem gemeinsamen Unternehmen beteiligt. Die Geschäftsführung der Semikron-Danfoss wird aus vier Mitgliedern bestehen.
Sontheimer: Unser Anspruch ist es, in dieser neuen Unternehmensstruktur dann unseren aktuellen Umsatz bis 2026 mindestens zu verdoppeln; das Ziel liegt dabei bei über 1,5 Milliarden Euro.
Sie beziehen die Leistungshalbleiter für Ihre Module bislang von verschiedenen Herstellern. Gibt es da Überschneidungen zu Danfoss Silicon Power?
Gaubatz: Wir beziehen unsere Leistungshalbleiter von Cree/Wolfspeed, STMicroelectronics, Rohm Semiconductors, Mitsubishi, Renesas und Infineon Technologies. Wir werden die Zahl unserer Zulieferer in Zukunft sicher noch weiter ausbauen.