Verbesserung bei den Bookings erwartet

Traco Power: »Wir bleiben auch in Zukunft eigenständig!«

17. März 2025, 13:00 Uhr | Engelbert Hopf
Sebastian Fischer, Traco Power: »Es war vor allem Nancy Pelosis Taiwan-Besuch 2022, der uns die potenzielle Eskalation des China-Taiwan-Konflikts nochmals verdeutlicht hat und uns veranlasste, seither bedeutende Schritte in Richtung »De-Risking« im Zusammenhang mit dem Thema »Greater China« zu unternehmen.«
© Componeers GmbH

Traco Power startet derzeit mit seinen Überlegungen für die nächste Strategieperiode ab 2026. Für den neuen CEO Sebastian Fischer der ideale Einstieg, um die künftige Strategie des im Vorjahr 80 Jahre alt gewordenen Unternehmens zu gestalten.

Diesen Artikel anhören

Mehr als skeptisch zeigt er sich bei der Frage, ob KI-Anwendungen in Zukunft eine Rolle für Traco Power spielen könnten.

Markt&Technik: Sie haben zum 1. Januar dieses Jahres als CEO die Leitung der Traco Power von Stefan Schaffhauser übernommen. Sie waren davor CCO, Chief Commercial Officer, des Unternehmens. Aus Ihrer Sicht die perfekte Vorbereitung auf den Schritt zum CEO?

Sebastian Fischer: Im April dieses Jahres feiere ich mein zehnjähriges Dienstjubiläum bei Traco Power. In all diesen Jahren durfte ich also in der Zeit vor der CCO-Rolle immer wieder Neues lernen und gestalten – und das zusammen mit großartigen Kollegen und Kolleginnen an unseren weltweiten Standorten. Ich habe Einblicke in viele Bereiche unseres Unternehmens bekommen, von der Entwicklung über den Direktverkauf und die Distribution bis hin zu Operations und unseren Lieferpartnern – all das gehört zu unserem Geschäftsmodell. Besonders hilfreich war sicherlich meine Rolle als CCO, in der ich weltweit für alle Verkaufsorganisationen, das Marketing und das Field Application Engineering verantwortlich war. Diese Erfahrungen haben mir auch bei der Einarbeitung und Übergabe an meinen Nachfolger Florian Haas geholfen. Florian ist ebenfalls ein langjähriger und treuer Mitarbeiter von Traco, zuletzt als VP Produkt Management, Marketing und IT, und ich bin sicher, dass ich noch genauso viel von ihm lernen kann wie er von mir.

In den letzten Jahren wurde auch die Stromversorgungsbranche geprägt von Extremen. Wie würden Sie 2024 im Rückblick für Traco sehen, und mit welchen Erwartungen gehen Sie in Ihrer neuen Position in das Geschäftsjahr 2025?

Als wir vor etwa einem Jahr das Budget für 2024 geplant haben, waren die Bookings zwar schon rückläufig, aber die allgemeine Erwartung in der Elektronikindustrie war, dass es ab der zweiten Jahreshälfte 2024 zu einem Aufschwung kommen sollte. Wie wir mittlerweile wissen, ist dieser Aufschwung für die meisten Unternehmen nicht eingetreten – mit Ausnahme einiger Bereiche wie Militärspezialisten. Jetzt sind wir ein Jahr weiter und haben mehr Klarheit. Bei Traco Power gehen wir nach wie vor davon aus, dass der Aufschwung kommt – allerdings ist er um etwa 12 Monate verschoben. Ab Mitte 2025 erwarten wir eine Verbesserung, zunächst bei den Bookings.

Haben Sie sich mit der Übernahme der neuen Verantwortung auch neue Ziele für die Traco gesetzt? Unter Ihrem Vorgänger gab es einen Strategiewechsel, der verstärkt auf den Ausbau des Direktgeschäfts setzte und einen verstärkt kundenzentrierten Ansatz verfolgte. Werden Sie diesen Weg weitergehen, und wo werden Sie neue Akzente setzen?

Wir arbeiten bei Traco Power mit mehrjährigen Strategieperioden. Darum wird die neue Strategie ab April 2026, dem Beginn des übernächsten Geschäftsjahres, live gehen und implementiert werden. Wir beginnen gerade als Team damit, die neue Strategie zu entwickeln. Auch wenn das etwas nach Schlagworten klingt, möchte ich betonen, dass der Endanwender, also der Entwickler, bei uns im Mittelpunkt steht. Vom Produktentwicklungsprozess über eine leistungsstarke Lieferkette, die hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit gewährleistet, bis hin zu technisch versiertem Support bleiben wir unserem Slogan treu: »Reliable. Available. Now.« Über dieser Strategie steht unsere langfristige Mission, als »Stromversorgungsexperten und Problemlöser« zu agieren.

Momentan bieten Sie über 5000 Stromversorgungslösungen im Leistungsbereich von 1 W bis 22 kW an. Wo liegt der Schwerpunkt – bei DC/DC oder AC/DC? Wie sieht die weitere Strategie der Produkt-Roadmap aus?

Ein besonders spannendes Thema für unsere Anwender ist aktuell der Fokus unserer Produktentwicklung auf AC/DC-Schaltnetzteile. Hier haben wir in den letzten 18 Monaten mit Hochdruck gearbeitet und über 25 neue Produktfamilien auf den Markt gebracht. Der Trend geht in Richtung höherer Leistungen – aber nicht nur! Selbstverständlich wird es auch weiterhin leistungsstarke, moderne und im besten Sinne preiswerte DC/DC-Produkte geben, wie unsere Kunden es seit Jahrzehnten von Traco Power kennen und erwarten.

Traco bietet in erster Linie Standardgeräte an, in den letzten 10 Jahren wurde parallel dazu aber auch Kompetenz in puncto kundenspezifische Lösungen aufgebaut. Wie hoch ist heute der Anteil des Standardgeschäfts gegenüber den kundenspezifischen Lösungen? Wie könnte sich dieses Verhältnis bis zum Ende dieses Jahrzehnts verändern?

Derzeit liegt der Anteil noch im einstelligen Prozentbereich, doch wir sehen hier großes Wachstumspotenzial. Interessant sind die Unterschiede zwischen einzelnen Märkten: Während in Frankreich modifizierte Stromversorgungen besonders gefragt sind, setzen Anwender in den USA stärker auf Standardprodukte. Ich bin überzeugt, dass wir in den kommenden Jahren deutlich zulegen und unseren Anteil auf einen zweistelligen Prozentbereich steigern können.

Traco entwickelt in der Schweiz am Hauptsitz Baar und in Irland an den Standorten Wexford und Cork. Produziert werden die Produkte von Partnern vor allem in Asien. An wie vielen Fertigungsstätten entstehen die visuell leicht wiedererkennbaren Traco-Wandler?

Wir arbeiten mit einer ausgewählten Gruppe strategischer Herstellungspartner zusammen, mit denen uns seit Jahrzehnten eine vertrauensvolle und erfolgreiche Geschäftsbeziehung verbindet.

Beginnend mit Trumps erster Amtszeit haben Derisking-Strategien in Bezug auf wirtschafts- und geopolitische Spannungen an Bedeutung gewonnen. Welche Strategie verfolgt Traco diesbezüglich? Suchen Sie nach Alternativen außerhalb von Greater China?

Mit »De-Risking« treffen Sie es genau. Bei Traco Power steht dieses Thema im Rahmen unseres Risikomanagements schon seit Jahren ganz oben auf der Agenda. Ein erster Auslöser dafür war sicher die erste Trump-Administration, doch insbesondere der Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan 2022 hat die potenzielle Eskalation des China-Taiwan-Konflikts nochmals verdeutlicht. Eine komplette Entkopplung von China ist nicht unser Ziel, aber die Bedeutung von Produktionsstandorten außerhalb von »Greater China« wächst – und wir haben hier bereits bedeutende Schritte unternommen.

In Ihrer damaligen Funktion als CCO machten Sie vor einem Dreivierteljahr auf die Auswirkungen der Aufnahme des chinesischen Stromversorgungsherstellers Mornsun auf die Sanktionsliste des US-Außenministeriums aufmerksam. Sie meinten damals, es könnte Monate dauern, Kunden Alternativen für die nicht mehr verfügbaren Produkte zur Verfügung zu stellen. Haben sich Ihre Befürchtungen im Rückblick bestätigt?

Durch den verschobenen wirtschaftlichen Aufschwung waren die Verfügbarkeit der Ersatzprodukte und die Lieferung von ausreichenden Mengen kein wirkliches Problem.

Traco ist weltweit in fünf Ländern selbst vertreten, die anderen Regionen der Welt werden vorrangig über die Distribution bedient. Wie hoch sind jeweils die Anteile des Standardgeschäfts und der kundenspezifischen Lösungen? Wird sich dieses Verhältnis bis zum Ende dieses Jahrzehnts verändern?

Unsere Distributionspartner – mit denen uns überwiegend langjährige, erfolgreiche Partnerschaften verbinden – spielen eine entscheidende Rolle in unserem Geschäftsmodell. Ihre Marktdurchdringung, Leistungsfähigkeit und der gemeinsame Kundensupport sind essenziell und bleiben es auch in Zukunft. Der Großteil unserer Traco-Power-Stromversorgungen erreicht die Kunden über unser globales Distributionsnetzwerk, und gemeinsam mit unseren geschätzten Partnern wollen wir weiterhin nachhaltig wachsen.

Parallel dazu bauen wir gezielt das Direktgeschäft in Schlüsselmärkten aus – jedoch nicht als Ersatz oder gar im Widerspruch zum Distributionsmodell. Vielmehr sehen wir unsere Aufgabe darin, mit unseren eigenen Traco-Power-Experten die Kunden frühzeitig zu unterstützen – von der Auswahl und dem Design-in der optimalen Stromversorgung bis hin zur Zulassung. Gerade mit unserem starken Fokus auf AC/DC-Lösungen bietet dieser Ansatz echten Mehrwert für die Anwender, insbesondere für die Entwicklungsingenieure unserer Kunden.

Traco agiert international, wie hoch ist der Umsatzanteil in der DACH-Region, wie fällt der Umsatzanteil Europas aus? Wie sieht es mit den USA, Asien und China aus? Erwarten Sie diesbezüglich, vielleicht auch als Konsequenz der neuen US-Regierung, in den nächsten Jahren bleibende Veränderungen/Verschiebungen?

Rund 60 Prozent unseres Umsatzes erwirtschaften wir in Europa, dabei macht die DACH-Region – und hier insbesondere Deutschland – den größten Anteil aus. Seit der Gründung unserer Landesgesellschaft Traco Power North America im Jahr 2016 verzeichnet Nordamerika ein starkes Wachstum und liegt mittlerweile knapp vor dem asiatischen Markt. Der »Rest der Welt« macht schließlich noch einige Prozentpunkte unseres Umsatzes aus.

Sie adressieren fast ein Dutzend Zielmärkte mit Ihren Produkten. Automotive oder das neue Boom-Thema KI sind bislang nicht darunter. Werden Sie diese Märkte angehen, oder wird sich Traco auch in Zukunft in erster Linie auf Industrieapplikationen konzentrieren?

Sie denken an einen Einsatz unserer Produkte in PKWs? Das ist nicht unser Geschäft. Allerdings sind wir bereits erfolgreich in Spezial- und Ruggedized-Fahrzeugen sowie in Prüfständen und der Messelektronik vertreten. Vor einigen Jahren haben wir gezielt Produktportfolios für die Märkte Bahn/Transportation und Medizintechnik entwickelt – mit großem Erfolg. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir in der kommenden Strategieperiode mit weiteren Zielmärkten wiederholen. Ob KI-Anwendungen für uns dabei eine große Rolle spielen werden? Da bin ich skeptisch.

Traco Power ist nach wie vor ein in Familienbesitz befindliches Unternehmen. Geführt wird es von externen Managern. Ist das Commitment der Familie langfristig? Traco wurde letztes Jahr 80. Wird auch noch das 100-jährige Firmenjubiläum das eines familiengeführten Privatunternehmens sein?

Einer der ganz persönlichen Gründe, aus denen ich seit zehn Jahren stolz und dankbar bin, bei Traco Power zu arbeiten, ist neben den großartigen Kolleginnen und Kollegen weltweit und dem starken Zusammenhalt vor allem das langfristige Commitment der Familie. Das gilt für die aktuelle Eigentümerin Jennifer Caspar genauso wie zuvor für ihren Vater Rolf, ihren Großvater und ihren Urgroßvater Hans Caspar, Gründer der Firma Traco Power.

Diese Haltung erlebe ich seit einem Jahrzehnt an vielen Stellen im Unternehmen – sei es durch gezielte, langfristige Investitionen oder den empathischen Umgang mit der Belegschaft. Eine solche Unternehmensführung ist in dieser ausgeprägten Form alles andere als selbstverständlich. Und nicht nur ich sehe das so: Kollegen, die seit 25 oder 30 Jahren dabei sind, berichten das Gleiche. Deshalb bin ich überzeugt, dass Traco Power auch zum 100-jährigen Firmenjubiläum ein familiengeführtes Privatunternehmen sein wird.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu TRACO ELECTRONIC GmbH

Weitere Artikel zu Stromversorgung Sonstige