Die FORTEC Group hat einen neuen Standort in Kairo eröffnet. »Ägypten bietet gut ausgebildete Fachkräfte und den Zugang zu einem vielversprechenden Markt – die arabischsprachige Welt«, erklärt Ulrich Ermel, COO FORTEC Elektronik AG und Geschäftsführer FORTEC EGYPT im Gespräch mit Markt&Technik.
Markt&Technik: Die FORTEC Group hat jetzt – neben Großbritannien und den USA – ihren dritten globalen Standort eröffnet. Die Wahl fiel auf Kairo in Ägypten. Warum?
Ulrich Ermel: Selbstverständlich fiel die Wahl nicht zufällig auf Ägypten. Das Land bietet eine hervorragende Zukunftsperspektive. Die Regierung investiert in Infrastruktur, Digitalisierung und Bildung. Dazu kommt noch eine im Vergleich zu anderen sogenannten Best-Cost-Standorten stabile und verlässliche Energieversorgung. Für ein Technologieunternehmen wie FORTEC ist das alles die ideale Grundlage, um ein modernes Entwicklungszentrum aufzubauen. Vor allem aber: Der Standort in Kairo öffnet der FORTEC Group die Tür zur gesamten arabischen Welt und zur MENA-Region. Diese regionale Nähe erleichtert nicht nur die Markterschließung, sondern auch die Entwicklung von Produkten, die den Anforderungen und Erwartungen dieser Märkte entsprechen. Zudem ist Kairo in unter vier Stunden mit dem Flugzeug zu erreichen, liegt fast in der gleichen Zeitzone und das Englisch der lokalen Belegschaft ist sehr gut.
| Das ist FORTEC in Ägypten |
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Der Aufbau von FORTEC Egypt begann 2024 im Smart Village in der Nähe von Kairo. Bereits nach wenigen Monaten war der Standort voll funktionsfähig. Heute zählt das Team zwölf Mitarbeitende in den Bereichen Technik, Entwicklung und Support. Viele von ihnen bringen internationale Ausbildung oder Berufserfahrung mit. Die Zusammenarbeit mit den Teams in Deutschland, Großbritannien und den USA funktioniert sehr effizient. Ein wichtiger Grund dafür ist ein gut geplanter Onboarding-Prozess und eine starke Teamkultur. In den kommenden 18 Monaten soll die Belegschaft noch deutlich anwachsen. Ein bedeutender Meilenstein war die Eröffnung eines zweiten Standorts in der Knowledge City in New Capital, einem der am schnellsten aufstrebenden Technologie- und Innovationszentren Ägyptens. Der Standort liegt in direkter Nachbarschaft zu Ministerien, Universitäten und zahlreichen Einrichtungen aus dem Hightech- und Bildungsbereich. Dadurch ergeben sich wertvolle Möglichkeiten für Vernetzung, Kooperationen und den Zugang zu öffentlichen Förderprogrammen. Diese strategische Lage stärkt die Rolle des Unternehmens als verlässlicher Partner im regionalen Umfeld mit wachsender internationaler Perspektive. |
Sind Sie sicher, dort die richtigen Fachkräfte für das Entwicklungszentrum zu finden?
Gerade die Vielzahl an gut ausgebildeten technischen Fachkräften, die auf Initiative der Regierung dort ausgebildet werden und die inzwischen dort zur Verfügung stehen, war einer der ausschlaggebenden Gründe für unsere Entscheidung.
Hätte es diese Fachkräfte nicht auch in osteuropäischen Ländern gegeben?
Selbstverständlich haben wir andere Regionen geprüft, darunter osteuropäische Länder und Standorte in Asien und Nordafrika. In Ägypten gibt es einen großen Talentpool und das Ausbildungssystem halte ich im internationalen Vergleich für sehr gut. Zudem ist die ägyptische Gesellschaft offen und sehr technikaffin. Aber wie gesagt, es spricht noch einiges mehr für den Standort: Die Kombination aus wirtschaftlicher Stabilität, staatlicher Förderung und technischer Infrastruktur. Die ägyptische Regierung unterstützt gezielt Unternehmen der Elektronik- und ICT-Branche, etwa durch Steuererleichterungen, Investitionszuschüsse, Zugang zu Technologieparks oder Programme zur Förderung von Forschung und Entwicklung. Ein ganz wichtiger Aspekt liegt aber darin, dass wir von Ägypten aus Zugang in einen für uns neuen und sehr vielversprechenden Wirtschaftsraum gewinnen.
Sie sprechen von der gesamten arabischen Welt?
Genau, Ägypten bildet mit seiner Sprache, Kultur und Marktkenntnis die Brücke zur arabischen Welt. Das ist ein entscheidender Vorteil für den Ausbau des Geschäfts in Nordafrika und im Nahen Osten.
Haben Sie Daten, mit denen sich das Wachstum Ägyptens in den für FORTEC relevanten Bereichen beziffern lässt?
Der Elektronik- und der ICT-Sektor gehören zu den am stärksten wachsenden Bereichen der Wirtschaft – aktuell mit einer Wachstumsrate von rund 7 Prozent pro Jahr. Das Land zählt über 110 Millionen Menschen, und rund drei Viertel davon sind jünger als 40. Diese junge Bevölkerung bringt viel Energie, Offenheit für neue Technologien und einen spürbaren Innovationsdrang mit.
Jährlich schließen mehr als 50.000 Studierende ein Studium in technischen oder informationstechnologischen Fächern ab. Viele sprechen sehr gutes Englisch, nicht wenige auch Deutsch – ein großer Vorteil für internationale Unternehmen, die sich hier engagieren. Gleichzeitig wird Ägypten zunehmend zu einem wichtigen Exportstandort für Elektroniklösungen in der gesamten MENA-Region.
Was tut die ägyptische Regierung konkret, um das Land für die internationale High-Tech-Industrie attraktiv zu machen?
Initiativen wie »Egypt Makes Electronics« der ITIDA und die nationale KI-Strategie fördern gezielt den Aufbau von Hightech-Kompetenz im Land. Für die FORTEC Group ist Ägypten damit nicht nur Produktions- und Entwicklungsstandort, sondern auch ein strategischer Zugang zu einer arabischen Zielgruppe, die stark wächst und zunehmend technologische Lösungen nachfragt. Die hohe Zahl junger Fachkräfte mit technischem Abschluss und sehr guten Sprachkenntnissen macht Ägypten zu einem Standort mit Perspektive.
Bisher sprachen wir von der Theorie. Wie sah der Start für die FORTEC Group in der Praxis vor Ort aus?
Natürlich verlief der Start nicht ohne Herausforderungen. Unterschiedliche kulturelle Erwartungen, gesetzliche Rahmenbedingungen und neue Strukturen mussten berücksichtigt werden. Entscheidend war, dass frühzeitig ein starkes lokales Team aufgebaut wurde. Ergänzt durch klare Abläufe, enge Kooperation mit erfahrenen Partnern und gezielte interkulturelle Trainings konnte der Standort stabil etabliert werden. Die Start-up-Phase verlief effizient und wurde von einer hohen Motivation und Leistungsbereitschaft der neuen Mitarbeitenden getragen.
Ist das Geschäft dann erwartungsgemäß angelaufen?
Schon im ersten Jahr wurde der Standort operativ in Kundenprojekte durch Ausstattung moderner Büroflächen, Aufbau der IT-Infrastruktur und Rekrutierung qualifizierter Mitarbeitender eingebunden. Die FORTEC Group geht davon aus, dass sich das Investment innerhalb von drei Jahren amortisiert haben wird und ab dem dritten Jahr einen positiven Beitrag zum Ergebnis liefert.
Das heißt, das FORTEC schon damit begonnen hat, im ägyptischen und sogar arabischen Markt Fuß zu fassen?
Eine enge Verbindung zu lokalen Universitäten, Technologiezentren und Forschungseinrichtungen war von Anfang an Teil des Plans. Besonders die Kooperation mit der German University in Kairo sowie mit staatlichen Innovationszentren und privaten Dienstleistern hat sich als äußerst wertvoll erwiesen. Diese Partnerschaften helfen dabei, neue Talente zu gewinnen, gemeinsame Projekte umzusetzen und gemeinsame F&E-Projekte und technologische Synergien aufzubauen.
Was bietet FORTEC derzeit auf dem ägyptischen Markt an?
Derzeit liegt der Schwerpunkt von FORTEC Egypt auf der Entwicklung/Integration von Embedded-Hard/-Softwarelösungen, der Integration moderner Datenvisualisierungs-Lösungen sowie der technischen Unterstützung regionaler Kundenprojekte. Ergänzt wird dieses Leistungsspektrum durch Applikations-Engineering und Vertriebstätigkeiten für unsere Leistungselektronik-Sparte. In Zukunft ist geplant, auch weitere Vertriebsfunktionen direkt in Kairo anzusiedeln, um den regionalen Markt noch gezielter und effizienter bedienen zu können.
Nun ist FORTEC nicht das erste europäische Unternehmen, das in Ägypten aktiv ist. Was unterscheidet FORTEC und was sind die Besonderheiten, die das Unternehmen anbieten kann?
Während globale Konzerne wie Siemens, Samsung oder STMicroelectronics bereits in Ägypten vertreten sind, verfolgt FORTEC bewusst eine fokussierte, mittelständisch geprägte Strategie – mit direktem Kundenzugang, hoher Flexibilität und kurzen Entscheidungswegen.
FORTEC Egypt vereint deutsche Technologiekompetenz mit tiefem Verständnis für die regionalen Märkte. Die geografische Nähe zu arabischen Kunden, das Gespür für lokale Anforderungen und die enge Zusammenarbeit mit den internationalen Standorten der Unternehmensgruppe machen den Standort besonders wertvoll.
Wie stellt sich FORTEC das Wachstum in Ägypten über die nächsten Jahre vor?
Die langfristige Vision für FORTEC Egypt ist eindeutig: Der Standort soll sich zu einem vollwertigen Zentrum für Entwicklung, Service und Vertrieb innerhalb der FORTEC Group entwickeln. Ziel ist es, FORTEC Egypt in den nächsten Jahren zu einem vollwertigen Entwicklungs-, Service- und Vertriebszentrum auszubauen. Kairo wird nicht nur operativ eingebunden, sondern wird aktiv an der Entwicklung neuer Produkte und Lösungen beteiligt sein. Damit wird der Standort zu einem zentralen Baustein in der strategischen Weiterentwicklung der gesamten Unternehmensgruppe.
Wann soll die eigene Produktion folgen?
Die lokale Produktion ist für die dritte und letzte Aufbauphase vorgesehen – mit Blick auf den internationalen Markt. Auf Basis der dann bereits bestehenden Infrastruktur entstehen Fertigungskapazitäten, die es ermöglichen, zentrale Produktionsschritte direkt vor Ort durchzuführen. Das verringert nicht nur die Abhängigkeit von Importen, sondern senkt auch die Produktionskosten und verkürzt Lieferzeiten deutlich. Gleichzeitig werden alle relevanten internationalen Qualitätsstandards eingehalten, so dass die Produkte problemlos weltweit exportiert werden können.
Wie sieht der nächste Schritt konkret aus?
Im Mittelpunkt steht der Aufbau eines eigenen Forschungs- und Entwicklungszentrums (R&D). Dieses Zentrum wird das Herzstück für Innovationen und entwickelt Produkte, die sowohl auf die Bedürfnisse des regionalen Marktes zugeschnitten sind als auch internationale Anforderungen berücksichtigen. Mit einem starken technischen Team vor Ort kann das Unternehmen schneller und gezielter auf Marktveränderungen, gesetzliche Vorgaben und Kundenwünsche reagieren. Zudem sind Partnerschaften mit regionalen Hochschulen und technischen Instituten geplant, um frühzeitig qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen.
Nimmt FORTEC bereits die darauf folgenden Wachstumsphasen ins Visier?
Nach dem erfolgreichen Aufbau des R&D-Zentrums folgt die nächste Phase: wir starten eine lokale Logistik. Die Lage in unmittelbarer Nähe zum Suezkanal bietet dabei einen klaren strategischen Vorteil: Sie bildet den Verbindungspunkt zwischen Europa, Asien und Afrika. Gleichzeitig wird der Vertrieb gezielt gestärkt, um näher am Kunden zu sein, besseren Service zu bieten und die Marktpräsenz auszubauen.