Volle Lager bei den Kunden sorgen vielerorts für einen rückläufigen Auftragseingang bei den Stromversorgungsspezialisten. Ihre Hoffnungen für das neue Geschäftsjahr liegen deshalb ganz klar auf der zweiten Jahreshälfte 2024.
Nach den Umsatzsteigerungen in den Corona-Jahren rechnen die Stromversorgungsspezialisten im deutschsprachigen Raum angesichts voller Kundenlager aktuell mit einem nachfrage- und umsatzschwachen ersten Halbjahr 2024. Ganz konkret erwartet etwa Bernhard Erdl, Gründer und CEO der Puls-Gruppe, »einen weiteren Umsatzrückgang bis zur Jahresmitte, und erst dann wieder ein leichtes Anziehen«. In seiner Analyse des Absatzmarktes laufen langfristige Investitionen vor allem im Bereich erneuerbarer Energien noch, »doch der Maschinenbau schwächelt«. Neben der schwachen Nachfrage in Deutschland und Europa sieht er auch einen schwachen chinesischen Markt, »aktuell entwickelt sich nur der US-Markt stark«.
Georg Beretitsch, Geschäftsführer von Phoenix Contact Power Supplies, sieht vor allem durch eine erwartete erhöhte Nachfrage im zweiten Halbjahr 2024 die Chance, »dass Wachstum für das Gesamtjahr 2024 erreichbar ist«. Befeuert wird sein Optimismus durch die dynamische Entwicklung der weltweiten Märkte. »Wir sehen sowohl in Nordamerika als auch in Asien sehr positive Entwicklungen vor allem im Umfeld der Digitalisierung, der Sektorenkopplung und der Prozesstechnik«. Chancen vor allem im Umfeld ausgebauter Kommunikationssysteme sieht Zlatko Pavlovic, Senior Business Development Engineer bei Murata, beim Thema Smart Cities und den damit verbundenen Applikationen. »Dieser Markt ist resistenter gegen die wirtschaftlichen Bremsspuren, wir schauen deshalb optimistisch ins Jahr 2024«.
Gustav Erl, General Manager TDK-Lambda Germany, geht aufgrund der aktuellen Lage von einem schwachen ersten Halbjahr und einer Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2024 aus. »Auf Jahressicht würde das schlussendlich einer Stagnation entsprechen«. Dass sich die aktuell schwache Auftragslage voraussichtlich bis Mitte dieses Jahres hinzieht, davon zeigt sich auch Hermann Püthe, geschäftsführender Gesellschafter von inpotron Schaltnetzteile, überzeugt: »Leider gibt es nahezu keine Impulse aus den Reihen der politischen Entscheider, Anreize zu setzen, diese Misere früher zu beenden.« Für 2024 erwartet er darum kein Wachstum aus dem laufenden Geschäft, nur Neuprojekte mit Serienanlauf würden einige positive Effekte bringen.
»Selten war ein Jahr so schwer vorherzusagen wie 2024«, meint Kai Heinemann, Geschäftsleiter Entwicklung und Produktmanagement bei Block Transformatoren-Elektronik. »Im Gespräch mit Kunden will sich niemand auf klare Mengen für 2024 festlegen. Wir gehen deshalb mit verhaltenden Erwartungen, insbesondere für die erste Jahreshälfte, ins Jahr 2024.« Einer der wenigen Lichtblicke auch für ihn: »In den USA ist der Rückgang weniger zu spüren als hier in Europa.« – »Konservativ betrachtet«, so Oliver Walter, Geschäftsführer der Camtec Power, »rechnen wir für 2024 im ersten Halbjahr mit Stagnation und im zweiten Halbjahr mit leichtem Wachstum«. Aus seiner Sicht sozusagen ein Spiegelbild des Jahres 2023. Aktuell sei die geopolitische Lage einfach zu unsicher, um sich mit Prognosen weiter aus dem Fenster zu lehnen.
Eigentlich sei der Ausblick auf 2024 zunächst positiv, meint Martin Tenhumberg, Geschäftsführer von Traco Power, »da aktuell viele neue Projekte durch unsere Endkunden entwickelt werden«. Doch über dieser positiven Entwicklung hängt ein Fragezeichen: »Ob dann wirklich all diese Projekte im Jahr 2024 auch zur Verwirklichung kommen, bleibt noch abzuwarten«, meint Tenhumberg. Für Nico Kagel, Regional Sales Director Central Europe bei XP Power, hängt das Thema Wachstum in volatilen Zeiten immer mit dem herangezogenen Vergleichswert zusammen. »Bezogen auf 2023 mit einem Rekordumsatz in Deutschland werden wir 2024 in Deutschland nicht wachsen.« Nach der Normalisierung der Lieferzeiten ist er sich sicher, »dass wir gerade im ersten Halbjahr auch in Deutschland bezüglich des Auftragseingangs kein Wachstum sehen werden«.
Während Reinhard Kalfhaus, Gründer und Geschäftsführer von Syko, aufgrund des bestehenden Auftragsbestands und der weiter erwarteten Nachfrage für 2024 mit einem Umsatzplus rechnet und darauf verweist, dass der mobile Markt zu Land, zu Wasser und in der Luft recht widerstandsfähig sei, hält sich Thomas Widdel, Geschäftsführer von Eplax, einem Unternehmen der Cosel-Gruppe, in seiner Antwort verschiedene Optionen frei. »Wir rechnen damit, dass sich unser Geschäft an den Zahlen des Vorjahres orientieren wird. Aktuell sehen wir weder einen signifikanten Rückgang, aber auch keine Steigerung im Bereich unserer kundenspezifischen Stromversorgungen.«
Eine klare Tendenz zeigen auch die Einschätzungen der Spezialisten für die Stromversorgungs-Distribution. »Die Auftragseingänge deuten auf sinkende Umsätze im ersten Halbjahr hin«, gibt Frank Stocker, Field Application Engineer Power Supplies bei Schukat electronic, zu Protokoll. Verantwortlich dafür seien die langen Lieferzeiten der vergangenen Jahre, aufgrund derer sich die Kunden langfristig mit Ware eingedeckt hätten. Vor diesem Hintergrund rechnet er erst »gegen Ende des 1. Quartals oder auch erst im 2. Quartal mit neuen Folgeaufträgen«.
Andreas Hanausek, Produktmanager und Field Application Engineer bei Codico, rechnet damit, »dass die Umsätze in Q1 und Q2 leicht hinter dem Vorkrisenniveau hinterherhinken, spätestens im 3. Quartal sollte es aber wieder nach oben gehen«. Letztlich hänge die Entwicklung aber stark von den einzelnen Anwendungsbranchen ab. So habe etwa die Medizintechnikbranche nicht nur in der Corona-Pandemie hohe Umsätze gemacht; »diese Branche wird aus unserer Sicht auch in den nächsten zehn Jahren weiter wachsen«.
»Durch die verringerten Lieferzeiten sind die Läger der Kunden gut gefüllt, und sie haben ihre Planungshorizonte an die verringerten Lieferzeiten angepasst«, stellt auch Jörg Traum, Geschäftsführer der zur Fortec-Gruppe gehörenden Emtron, fest. Den daraus stagnierenden Auftragseingang werde man im ersten Halbjahr 2024 im Umsatz zu spüren bekommen. »Aber auch die Phase der vollen Läger wird sich wieder relativieren; entsprechend gehen wir davon aus, dass der Auftragseingang im 1. Quartal oder spätestens im 2. Quartal 2024 wieder anzieht.«