Was in puncto Bahn möglich wäre

Ansprüche an die Bahntechnik steigen – das Budget nicht

26. August 2024, 12:00 Uhr | Engelbert Hopf
Vom 24. bis 27. September findet in diesem Jahr in Berlin wieder die Weltleitmesse für Bahntechnik, die InnoTrans statt.
© Georgii/stock.adobe.com

Es gibt viel zu tun - packen wir es an! So könnte das Motto der DB lauten, allein, für vieles, was nötig wäre, fehlt das Geld. Von der Streckensanierung, über neue Zuggarnituren bis zur dringend notwendigen Digitalisierung der Bahntechnik. Was alles möglich wäre, wird die InnoTrans in Berlin zeigen.

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Ohne Zweifel – der Schienenverkehr kann einen wichtigen Beitrag zur Elektrifizierung der Mobilität leisten. Die daraus resultierende Reduzierung des Individualverkehrs stellt einen wesentlichen Hebel zur CO2-Reduzierung dar. Im Vorfeld der diesjährigen InnoTrans in Berlin diskutierten Experten führender Komponenten- und Subsystemlieferanten für den Schienenverkehr auf Einladung der Markt&Technik über die aktuellen Herausforderungen auf dem Bahntechnikmarkt.

Es gibt Länder, die massiv in ihren Schienenverkehr investieren – »in der Schweiz, Japan oder auch Korea sieht das ganz anders aus als hierzulande«, versichert Jürgen Steinhäuser, Sales and Marketing Manager und Member of the Board bei Elesta. »Die Italiener beispielsweise machen ihre Strecke von Mailand bis zum Gotthard fertig; geplant war im Rahmen dieses Projekts einer leistungsfähigen Fernverkehrsverbindung ja eine Strecke von Rotterdam bis ans Mittelmeer, und da hängt Deutschland mit der Umsetzung seiner getroffenen Zusagen massiv hinterher.«

Saalmann Detmar
Detmar Saalmann, Weidmüller: »Natürlich haben wir bei der Bekanntgabe der Bundesmittel für den Streckenausbau gejubelt, und wir waren genauso geschockt, als sie wieder zurückgezogen wurden.«
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Wie abhängig der Bahnmarkt speziell auch in Deutschland von der aktuellen Kassenlage ist, zeigt das Statement von Detmar Saalmann, Global Industry Manager Transportation bei Weidmüller: »Natürlich haben wir gejubelt, als die Bundesmittel für den Streckenausbau bekannt gegeben wurden«, versichert er, »und wir waren genauso geschockt, als sie wieder zurückgezogen wurden«. Saalmann ist trotzdem zuversichtlich, dass Zusatzeffekte auftreten werden; »die werden sich dann aber erst 2026/27 in der Kasse bemerkbar machen.«

Prinzipiell, da sind sich die Diskussionsteilnehmer einig, gestaltet sich der Bahntechnikmarkt weiterhin positiv. »Die Elektrifizierung der Züge nimmt weltweit einfach wahnsinnig zu«, führt Birgit Tunk, Geschäftsführerin von Syko, aus. »So benötigt jede zusätzliche digitale Funktion eine Stromversorgung, entweder im Zug oder an der Strecke oder in einer Form, die miteinander spielt«. Als Beispiel nennt sie das European Train-Control-System, kurz: ETCS, das lange in der Diskussion war und entwickelt wurde, aber erst jetzt von den Bahnen eingekauft wird. »Man versucht ganz viel«, so ihr Eindruck, »die Frage ist nur, was dann wirklich als Projekt hängen bleibt«.

Bei der Frage, wie die Emissionsziele für 2030 noch zu erreichen sind, besteht eine der größten Herausforderungen für Jean-Sébastien Straetmans, Senior Manager für Green Industrial Power bei Infineon Technologies, in der Tatsache, »dass nicht alle Regionen im gleichen Maß elektrifiziert sind«. Eine der entscheidenden Fragen lautet also: Wie lässt sich in Regionen, in denen der Elektrifizierungsgrad bislang niedrig ist, dieser erhöhen? »Oberleitungen kosten sehr viel«, so Straetmans; »Alternativen wären also Schienenfahrzeuge mit Batterie- oder Wasserstoffantrieb«.

Straetmans Jean-Sebastien
Jean-Sébastien Straetmans, Infineon Technologies: »Dort, wo der Elektrifizierungsgrad bislang niedrig ist, wären Schienenfahrzeuge mit Batterie- oder Wasserstoffantrieb eine gute Alternative. Effizientere Halbleiterlösungen würden da eine wichtige Rolle spielen.«
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In beiden Fällen, so der Infineon-Manager, »spielen effizientere Halbleiterlösungen eine wichtige Rolle, um mehr Platz für die Batterie in der Lokomotive zu schaffen«. Die dafür benötigten Leistungshalbleiter-Module werden von verschiedenen Herstellern angeboten; »das ermöglicht eine sehr robuste Lieferkette«, wie Straetmans versichert. Technisch ist dabei für die Zukunft aus Infineon-Sicht Siliziumkarbid das Material der Wahl, »und das sowohl für Anwendungen in Ländern mit niedriger als auch mit hoher Elektrifizierung«. Die dafür benötigten Fertigungskapazitäten werden derzeit weltweit geschaffen.

Während die Forderung nach sogenannten grünen Lösungen, also etwa nach einem möglichst niedrigen Leistungsverbrauch der Kommunikationstechnik im Bahnbereich, nach den Erfahrungen von Ralf Fachet, Senior Director Sales & Marketing bei NetModule, bislang nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist ein anderer Aspekt in den letzten Jahren deutlicher in der Vordergrund gerückt, wie Tunk versichert: »Gewicht ist zu einem festen Bestandteil in den Spezifikationen der Kunden geworden; das war früher anders, zumindest ist es mir nie aufgefallen.« Je näher man mit seinem Produkt am Zug und am Zughersteller dran sein, »desto eher ist das Gewicht schon fest in der Spezifikation drin«.

Tunk Birgit
Birgit Tunk, Syko: »Je näher man mit seinen Produkten am Zug und am Zughersteller dran ist, ist Gewicht in den letzten Jahren zu einem festen Bestandteil in den Kundenspezifikationen geworden.«
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»Je weniger so ein Zug wiegen würde, speziell im Metrobereich«, argumentiert Steinhäuser, »desto einfacher würde alles«. So würde das Bremsen weniger Zeit in Anspruch nehmen, und es müsste weniger Masse beschleunigt werden. »Das sind immer quadratische Funktionen; wenn man da nach Optimierungen guckt, da geht immer richtig viel Energie verloren!«

Digitalisierung des Bahn- und Schienenverkehrs

Doch es geht bei der Modernisierung, oder genauer gesagt der Digitalisierung des Bahn- und Schienenverkehrs, ja nicht nur um Komfortverbesserungen in den Waggons, sondern auch um die Digitalisierung der Infrastruktur, Stichwort: digitale Stellwerke. Während beim Rolling Stock immer was passiere, so Steffen Heinrich, Segment Manager Railway bei MTM Power, ist der Infrastrukturbereich nach seiner Einschätzung häufig unterdurchschnittlich repräsentiert: »Es war offenbar in der Pandemiezeit einfacher zu sagen, wir bestellen jetzt ICE3-Fahrzeuge, als sich dafür zu entscheiden, beispielsweise 14 neue Stellwerke zu bauen.«


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