Wenn jede Sekunde zählt - Teil 1

Robustes und sicheres Design für Beatmungsgeräte

5. Dezember 2023, 11:35 Uhr | Von Prasad Tawade, Littlefuse (uh)
Teil 1 der Fachartikelreihe beschäftigt sich mit dem robusten und sicheren Design der Stromversorgung und Elektronik-Komponenten für Beatmungsgeräte.
© Canva Pro

Notfall- und Intensivgeräte dürfen nie ausfallen. Littlefuse zeigt anhand der Entwicklung von Respiratoren, Defibrillatoren & mobilen Ultraschallgeräten die wichtigsten Kriterien für ein robustes Design der Stromversorgung und der Elektronik-Komponenten in einsatzkritischen MedTech-Geräten.

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Der weltweite Markt für Intensivpflegegeräte, Notfallausrüstung und diagnostische medizinische Geräte verzeichnet eine jährliche Steigerungsrate von etwa 6 Prozent. In dieser Prognose ist der jüngste sprunghafte Anstieg der Nachfrage nach Beatmungsgeräten zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie noch nicht enthalten. Allein das weltweite Bevölkerungswachstum führt zu einer Steigerung bei der Patientenversorgung, der Notfallversorgung und den diagnostischen Produkten. Zudem ist zu erwarten, dass die Alterung der Bevölkerung in den Industrieländern das Wachstum in diesen Bereichen weiter ankurbelt. Umweltverschmutzung, schlechte Ernährung und ein weniger aktiver Lebensstil tragen ebenfalls zu einem höheren Bedarf an lebensrettenden Gesundheitsgeräten bei.

Neue Technologien mit verbesserte Fähigkeiten führen ebenso zu neuen Anwendungen und einem wachsenden Markt. Hochintegrierte elektronische Komponenten, LED-Displays und Fortschritte bei der drahtlosen Kommunikation haben es ermöglicht, dass Defibrillatoren und Ultraschallgeräte tragbar sind, drahtlos kommunizieren und über verbesserte diagnostische Analysemöglichkeiten verfügen. Diese Geräte können an jedem beliebigen Ort eingesetzt werden, so dass ein Arzt auch dort helfen kann, wo medizinische Einrichtungen weit entfernt sind.

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Über den Autor: Prasad Tawade ist Strategic Manager für den Geschäftsbereich Elektronik bei Littelfuse. Er kam im Dezember 2018 im Zuge der Übernahme von IXYS zu Littelfuse, davor arbeitete er bei Pericom und Cypress. Prasad hat einen Bachelor-Abschluss der Universität Pune in Elektronikingenieurwesen und einen Master of Engineering Management der Duke University.
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Jedes Medizintechnik-Bauteil muss verläßlich sein

Hersteller von Medizingeräten, ihre Entwickler und Lieferanten müssen insbesondere einsatzkritische Medizintechnik mit Komponenten absichern, die einen Überstromschutz, einen Schutz gegen vorübergehende Überspannungsspitzen und elektrostatische Entladung (ESD) bieten. Darüber hinaus müssen die Konstrukteure geeignete Steuerungskomponenten für Schaltungen wie Motorsteuerungen und Hochspannungsentladungsschaltungen einsetzen, die sicher und effizient funktionieren. Zusätzlich müssen die Designs geeignete Sensoren enthalten, die etwa erkennen, wann ein Gerät aktiviert wird, um sowohl Benutzer als auch Patienten zu schützen.

Dieser Artikel stellt wichtige Überlegungen zu den verschiedenen geeigneten Komponenten für den Überlastschutz, die sichere und effiziente Steuerung sowie schützende Sensoren von medizinischem Gerät für die Intensivpflege dar. Anhand von drei medizinischen Geräten – einem Beatmungsgerät, einem Defibrillator und einem tragbaren Ultraschallgerät – veranschaulicht er, wo Schutz-, Steuerungs- und Sensorkomponenten erforderlich sind.

1) Schutz- und Steuerungskomponenten sowie Sensoren für Beatmungsgeräte

Abbildung 1 zeigt ein Beispiel für ein Beatmungsgerät für die Intensivpflege, das für den Einsatz im Krankenhaus konzipiert ist. Außerdem sind Schutz-, Steuerungs- und Sensorkomponenten aufgeführt, die für die verschiedenen Funktionsblöcke in Betracht kommen. Abbildung 2 zeigt ein Blockdiagramm eines Beatmungsgeräts, und die nebenstehende Tabelle enthält die möglichen Komponenten für bestimmte Schaltkreisblöcke.

Die fünf anfälligsten Schaltkreisblöcke eines Beatmungsgeräts sind:

  • Stromversorgung
  • Akku-Management
  • MCU/MPU/DSP-Block
  • Benutzerschnittstelle
  • USB-Schnittstelle
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Abbildung 1. Ein Beatmungsgerät mit seinen Teilsystemen und ergänzenden Komponentenlösungen
© Littlefuse

Stromversorgung für Beatmungsgeräte

Der Stromversorgungsblock wird an die Stromleitung angeschlossen, wodurch der Stromkreis möglichen Überstrom- und Überspannungsspitzen ausgesetzt ist. Um die Zuverlässigkeit zu erhöhen, muss der Stromkreis gegen beides geschützt werden. Gegen Überstrombedingungen kann der Entwickler eine herkömmliche Sicherung oder ein Polymer-Positiv-Koeffizient-Bauteil (PPTC), eine rücksetzbare Sicherung, einsetzen. Keramikkörper-Patronensicherungen für 250 V bieten eine große Auswahl an Stromstärken von 0,125 A bis 20 A und haben einen Kaltwiderstand von etwa 20 Ω bis unter 10 mΩ. Je nach Anwendung kann der Entwickler schnell reagierende oder träge Sicherungen auswählen. Die trägen Sicherungen können unerwünschte Ausfälle durch transiente Überströme vermeiden.

PPTC-Bauteile sichert gegen Überstrom

Ein PPTC-Bauteil macht den Austausch einer durchgebrannten Sicherung überflüssig. Ein Überstrom führt dazu, dass sich das Bauteil erhitzt und seine kristalline Struktur aufbricht, wodurch sich das Bauteil in ein Element mit sehr hohem Widerstand verwandelt. Wenn der Überstromzustand beendet ist oder korrigiert wird, kehrt der Widerstand des PPTC auf einen niedrigeren Wert zurück und das Gerät leitet wieder Strom. Der Nachteil ist, dass PPTC-Bauteile einen höheren Widerstand aufweisen als herkömmliche Sicherungselemente. Die PPTC-Widerstände können je nach Stromstärke von über 30 Ω bis zu etwa 100 mΩ reichen.

Metalloxidvaristoren gegen Blitz und Induktion

Schaltungsentwickler müssen ihre Stromversorgungsschaltungen auch vor den Auswirkungen von Blitzeinschlägen und großen Induktionsspitzen schützen, die beim Ein- und Ausschalten von Motoren auftreten können. Metalloxidvaristoren (MOVs) sind das empfohlene Bauteil und werden am Eingang der Eingangsleitung angebracht. MOVs können die transiente Spannung auf höchstens das Dreifache der Netzspannung begrenzen. Sie absorbieren Spitzenströme von bis zu 10 kA, die bis zu 20 µs andauern können. Darüber hinaus kann ein MOV bis zu 400 J eines quadratischen Stromstoßes absorbieren, der über zwei Millisekunden dauert. Er absorbiert die transiente Energie und verhindert, dass sie in den Schaltkreis des Geräts einfährt und ihn beschädigt.

TVS-Dioden schützen vor transienten Überspannungen

Entwickler sollten die sekundäre Seite der Stromversorgung nicht vernachlässigen. Auf der Sekundärseite oder Niederspannungsseite des Stromversorgungsschaltkreises, in der Regel ein Schaltnetzteil, bieten Multilayer-Varistor-Transienten-Spannungsunterdrücker (TVS) Schutz vor transienten Überspannungen für integrierte Schaltungen und andere Schaltungskomponenten. TVS-Dioden können eine beträchtliche Leistung absorbieren, bis zu 1500 W bei einem transienten Ereignis von 10 x 1000 µs (10 µs Anstiegszeit mit einer Impulsdauer von 1 ms). Diese Dioden reagieren auf eine transiente Überspannung in weniger als 1 ps und bieten bipolaren Schutz, um sowohl positive als auch negative Transienten zu absorbieren.

Schottky-Dioden für die Gleichrichtung

Um den Wirkungsgrad zu maximieren, sollten Entwickler den Einsatz von Schottky-Dioden für die Gleichrichtung der Wechselspannungswellenform in Betracht ziehen. Schottky-Dioden haben einen geringen Durchlass-Spannungsabfall und eine geringe Leckage, um den Leistungsverlust in Gleichrichterschaltungen zu minimieren. Außerdem können diese Dioden mit hoher Frequenz arbeiten. Dies trägt zu einer geringeren Verlustleistung in einem Schaltnetzteil bei.

Solid-State-Relais mit hoher Isolierung

Wenn eine Isolierung zwischen der Stromversorgung und anderen Schaltungsblöcken oder für Funktionen in anderen Schaltungsblöcken erforderlich ist, sollten Entwickler Halbleiterrelais verwenden. Solid-State-Relais haben eine deutlich längere Lebensdauer als elektromechanische Relais und benötigen eine geringere Antriebsleistung. Darüber hinaus bieten Solid-State-Relais eine hohe Isolierung – bis zu 3750 VRMS Eingangs-/Ausgangsisolierung.

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Abbildung 2. Blockschaltbild eines Beatmungsgerätes plus Tabelle, in der die möglichen Schutz-, Steuerungs- und Sensorkomponenten für bestimmte Schaltkreisblöcke aufgeführt sind.
© Littlefuse

Akku-Management in Beatmungsgeräten

Die Akku-Management-Einheit überwacht und steuert eine Reihe von Lithium-Ionen-Akkus. Sowohl die Batterien als auch die Ladesteuerungs- und Akkuausgangsausgleichsschaltungen müssen vor Überstrom und Überspannung geschützt werden. Eine rücksetzbare PPTC-Sicherung schützt entweder vor Überstrom in der Last oder vor einem Kurzschluss im Batteriesatz. Eine Kombination aus TVS-Dioden und TVS-Diodenarrays bietet Überspannungsschutz und ESD-Schutz für die Niederspannungs-Steuerungsschaltungen. Die TVS-Dioden können einem Blitzeinschlag von bis zu 30 kV standhalten und reagieren in weniger als 1 ps auf die Transiente. Der Entwickler kann zwischen unipolaren und bipolaren Versionen wählen. TVS-Diodenarrays bieten ESD-Schutz für Logikschaltungen von bis zu 5 V. Die Modelle können bipolar oder unipolar sein. Mit einer Kapazität von unter 30 pF haben die Diodenarrays nur minimale Auswirkungen auf die Schaltungseigenschaften.

MCU/MPU/DSP-Block für Respiratoren

Es ist entscheidend, dass die Hauptverarbeitungs- und -steuerungsschaltkreise nicht überhitzen und aufgrund von Übertemperatur das Beatmungsgerät abschalten. Thermistorsensoren mit negativem Temperaturkoeffizienten (NTC) können den notwendigen Schutz gewährleisten. NTC-Thermistoren sind kleine, zuverlässige Bauteile, die nur wenig Platz beanspruchen. Sie haben einen Nenndurchmesser von 2,41 mm (0,095 Zoll) und eine thermische Zeitkonstante von 10 s. Die Überwachung der Temperatur dieses Schaltkreisblocks trägt dazu bei, den zuverlässigen Betrieb der kritischen Intelligenz des Geräts sicherzustellen.

Benutzerschnittstelle für das Beatmungsgerät

Die Benutzerschnittstelle ist der äußeren Umgebung ausgesetzt und erfordert ESD-Schutz vor Blitzschlägen und anderen Transienten. Wie bei anderen digitalen Schaltungsblöcken können TVS-Dioden und Diodenarrays den notwendigen Schutz bieten. Mit ihrer geringen Kapazität haben diese Komponenten nur minimale Auswirkungen auf die Schaltungsleistung.

USB-Schnittstelle am Respirator

Wie die Benutzerschnittstelle ist auch die USB-Schnittstelle der äußeren Umgebung ausgesetzt. Die Entwickler sollten den USB-Kommunikationsanschluss vor Überstrom und Überspannung schützen. Eine rücksetzbare PPTC-Sicherung bietet das erforderliche Maß an Überstromschutz bei minimalem Platzbedarf auf der Leiterplatte. Eine PPTC-Sicherung nimmt nur eine Fläche von 2,2 mm x 1,5 mm ein. Entwickler sollten Multilayer-MOV-Komponenten in Betracht ziehen, um den USB-Niederspannungsschaltkreis vor Überspannungen zu schützen, die durch transiente Spannungen und ESD verursacht werden. Multilayer-MOVs bieten bipolare Klemmung, einen kompakten oberflächenmontierbaren Formfaktor und einen großen Betriebstemperaturbereich. Um die USB-Schnittstelle vor Übertemperatur zu schützen, kann ein kleiner (2,0 x 1,2 mm) oberflächenmontierter Temperaturindikator schnellen Temperaturanstieg anzeigen.

Diese Designs und die Verwendung geeigneter Komponenten tragen zum Schutz der fünf anfälligsten Schaltkreisblöcke eines Beatmungsgeräts bei. (uh)


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