Wenn jede Sekunde zählt - Teil 2

Robustes und sicheres Design für Defibrillatoren

18. Januar 2024, 11:17 Uhr | Von Prasad Tawade, Littelfuse (uh)
Defibrillatoren müssen als Medizingeräte für den Notall adhoc funktionieren, auch wenn sie außerhalb von Krankenhäusern nicht sehr häufig zum Einsatz kommen.
© Canva Pro

Der Defibrillator soll als Notfall-Gerät bei lebensbedrohlichen Herzrythmusstörungen das Herz wieder zum Schlagen bringen. Der zweite Teil des Leitfadens für die Entwicklung einsatzkritischer Medizingeräte beschäftigt sich mit Schutz-, Erfassungs- und Steuerungskomponenten für Defibrillatoren.

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Dieser Artikel ist Teil 2 der Serie »Wenn jede Sekunde zählt«. Teil 1 beschäftigt sich mit dem sicheren und robusten Design von Beatmungsgeräten.

»Defis« hängen als Erste-Hilfe-Maßnahme in U-Bahn-Stationen, Rathäusern, Konzertsälen und vielen öffentlichen Räumen. Die Notfall-Geräte kommen zwar selten zum Einsatz, müssen im Fall des Falles aber sofort und einwandfrei ihre Aufgabe erfüllen, um einen möglichen Herztod zu verhindern.

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Bild 1. Beispiel eines Defibrillators mit seinen Teilsystemen und den entsprechenden Schutz-, Steuerungs- und Sensorkomponenten
© Littelfuse

Dazu erzeugen Defibrillatoren hohe Stromstöße, um den Herzmuskel zu re-synchronisieren und den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen, so dass das Blut effektiv durch den Körper gepumpt werden kann. Defibrillatoren können Millisekunden-Impulse von bis zu 360 J bei 1000 V und bis zu 30 A liefern. Bei diesen hohen Ausgangsleistungen sind Schutz- und Steuerungskomponenten für die Gewährleistung der Defibrillatorleistung sehr wichtig. Bild 1 stellt einen Beispiel-Defibrillator mit potenziellen Schutz-, Steuerungs- und Sensorkomponenten dar. Bild 2 zeigt ein Blockdiagramm für einen Defibrillator und eine Tabelle, in der die möglichen Komponenten für die Schaltkreisblöcke aufgeführt sind, die Schutz-, Steuerungs- und Sicherheitssensoren erfordern.

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Bild 2. Beispiel eines Defibrillators mit seinen Teilsystemen und den entsprechenden Schutz-, Steuerungs- und Sensorkomponenten
© Littelfuse

Stromversorgung für Defibrillatoren

Wie beim Beatmungsgerät wird auch der Stromversorgungsblock des Defibrillators an die Wechselstromleitung angeschlossen und muss sowohl gegen Überstrom als auch gegen Spannungsspitzen geschützt werden. Entwickler sollten die Verwendung von trägen Patronensicherungen in Betracht ziehen. Diese Sicherungen zeigen einen Überstrom optisch an, so dass ein Problem leicht zu erkennen ist. Wenn das einzige Problem ein transienter Überstrom war, kann der Benutzer die Patronensicherung schnell austauschen. MOVs bieten Schutz vor transienten Überspannungen durch Blitzschlag und große induktive Spannungsspitzen. Sie können 10 kA Stromstöße absorbieren. Ohne Überspannung entziehen MOVs dem Stromversorgungskreis nur minimalen Strom. Der Leckstrom eines MOVs liegt normalerweise unter einem Mikroampere. MOVs arbeiten zudem in einen ausgezeichneten Temperaturbereich: Sie können bei bis zu 85 °C ohne Leistungsminderung betrieben werden.

Ohne Akku-Management kein Defi-Strom

Die Akku-Managementeinheit erhält die Akkuleistung aufrecht und ist für die Gewährleistung einer zuverlässigen Defibrillatorleistung an Orten, an denen keine Netzstromversorgung zur Verfügung steht, unerlässlich. Eine niederohmige, rücksetzbare Sicherung kann einen robusten Überstromschutz bieten. Ein TVS-Dioden-Array schützt den Schaltkreis vor ESD mit bis zu 30 kV. Wie bei einem MOV ist der Standby-Leckstrom einer TVS-Diode mit unter 100 nA gering.

Benutzerschnittstelle

Handelt es sich bei der Anzeige um einen Touchscreen, sind die integrierten Schaltkreise (ICs) anfällig für ESD. Entwickler sollten diese ICs mit TVS-Dioden-Arrays schützen. Die TVS-Diodenarrays bieten bipolaren Schutz für Niederspannungsschaltungen und können in einem weiten Temperaturbereich von -40 °C bis 125 °C betrieben werden.

Schutz der USB-Schnittstelle

Die Absicherung des USB-Anschlusses erfordert einen Überstrom- und Überspannungsschutz. Ein PPTC-Bauteil bietet Überstromschutz bei minimalem Platzbedarf auf der Leiterplatte. PPTC-Versionen lösen bei niedrigen Überströmen in weniger als 5 ns aus und haben Widerstände im Milliohm-Bereich, um den Leistungsverlust über die Sicherung zu minimieren. TVS-Dioden-Arrays bieten ESD-Schutz für alle Datenleitungen. Versionen der Diodenarrays minimieren die Auswirkungen auf die Leistung von Kommunikationsschaltungen durch eine niedrige Kapazität, typischerweise 0,3 pF, und einen typischen Leckstrom von 10 nA.

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Über den Autor: Prasad Tawade ist Strategic Manager für den Geschäftsbereich Elektronik bei Littelfuse. Er kam im Dezember 2018 im Zuge der Übernahme von IXYS zu Littelfuse, davor arbeitete er bei Pericom und Cypress. Prasad hat einen Bachelor-Abschluss der Universität Pune in Elektronikingenieurwesen und einen Master of Engineering Management der Duke University.
© Littlefuse

H-Brücken-Block

Die H-Brücke ist der Hochspannungs- und Hochenergiegenerator-Schaltungsblock. Für diese Schaltung sollten Entwickler IGBTs für die hohe Spannung, welche die Schaltung für die Entladung aufbauen muss, evaluieren. IGBTs können Kollektor-Emitter-Spannungen von weit über 1000 V und Kollektorströme von Hunderten von Ampere aufnehmen. Diese Transistoren haben einen niedrigen Einschaltwiderstand und schalten schnell, um die Energieeffizienz des Defibrillators zu maximieren. Der niedrige Durchlasswiderstand und das schnelle Schalten der IGBTs ermöglichen eine geringere Wärmesignatur als bei herkömmlichen Transistoren. Dies vereinfacht die Kühlung. Der Entwickler kann die IGBT-Transistoren mit speziellen ICs, den IGBT-Gate-Treibern, kombinieren, die das schnelle Ein- und Ausschalten der IGBTs steuern. Die Treiber können zusätzliche Stromversorgungsschaltungen zur Steuerung der IGBTs überflüssig machen.

Äußerer Selektor

Der äußere Selektorblock ermöglicht die Abgabe des Hochenergieimpulses an den Patienten. Die Steuerung dieser hohen Energieabgabe ist eine wesentliche Sicherheitsanforderung für Defibrillatoren. Entwickler können Näherungssensoren mit Reed-Schaltern verwenden, um die Aktivierung des Ausgangs zu verhindern, wenn die Paddles nicht aus ihren Halterungen am Gehäuse des Geräts entfernt werden. Eine Implementierung des Reed-Sensor-Schalters besteht darin, in jedem Paddle einen kleinen Magneten zu installieren und in jedem Paddle-Halter einen Reed-Schalter vorzusehen. Wenn ein Bediener beide Paddles aus ihren Halterungen nimmt, schaltet der Reed-Schalter um und ermöglicht die Verbindung des Ausgangs mit den Paddles.

Anschluss für drahtlose Kommunikation

Aktuelle Defibrillatoren verfügen häufig über einen Anschluss für die drahtlose Kommunikation zur Übertragung des EKGs des Patienten an einen Arzt. Entwickler können diesen Anschluss mit oberflächenmontierten polymeren ESD-Unterdrückern schützen. Mit der Fähigkeit, eine Entladung von 15 kV durch die Luft zu absorbieren, und einer Reaktionszeit von unter 1 ns schützt der ESD-Suppressor einen Kommunikationsanschluss mit hoher Datenrate vollständig. ESD-Unterdrücker mit einer Kapazität von weniger als 1 pF und einem Leckstrom von weniger als 1 nA haben nur minimale Auswirkungen auf das vom Kommunikationsport verwendete Protokoll mit hoher Datenrate. Darüber hinaus kann der Entwickler diese Komponenten in 0402 (0,5 mm x 1 mm) oberflächenmontierten Gehäusen einsetzen, um so wenig Platz wie möglich auf der Leiterplatte des Schaltungsblocks zu verbrauchen.

Durch den Schutz der wichtigsten Blöcke eines Defibrillators, insbesondere der Blöcke, die eine Schnittstelle nach außen besitzen, können die Entwickler sicher sein, dass sie ein robustes Gerät entwickelt haben. Die Verwendung von Gate-Treibern und IGBTs im Stromversorgungsschaltkreis bietet sowohl Zuverlässigkeit als auch verbesserte Effizienz, um die Lebensdauer des Defibrillators zu maximieren, wenn das Gerät mit einem Akku betrieben wird. Schließlich trägt die Verwendung geeigneter Sensoren, wie der Reed-Sensoren, sowohl zur Sicherheit des Bedieners als auch des Patienten bei. (uh)


Teil 3 des Entwicklungsleitfadens »Wenn jede Sekunde zählt« für einsatzkritische Notfallgeräte beschäftigt sich mit Ultraschall-Scannern.


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