Einer der wichtigsten Treiber im Bauteilemarkt ist die Miniaturisierung. Bei industriellen Stromversorgungen führt sie zu steigenden Wirkungsgraden, kleineren Bauformen und höherer Leistungsdichte. Es sind aber auch Grenzen der möglichen Leistungsentnahme zu beachten, wie etwa Leistungs-Derating.
Im Allgemeinen liefern Stromversorgungshersteller im Datenblatt für ihre Produkte eine Angabe zu Lebensdauer, Ausgangsstrom und Zuverlässigkeit, die allerdings nur für bestimmte Betriebsbedingungen gelten. Um eine Überhitzung oder einen vorzeitigen Ausfall der Komponenten im Netzteil zu vermeiden, ist das sogenannte Leistungs-Derating zu beachten. Darunter versteht man die Reduzierung der Ausgangsleistung in Abhängigkeit von den Betriebsbedingungen.
Derating ist somit eine Schutzmaßnahme, die sicherstellt, dass ein Netzteil in der jeweiligen Endanwendung auch im Worst-Case-Szenario äußerer Einflüsse zuverlässig arbeitet, keine übertemperaturbedingten Ausfälle erleidet oder seine Betriebserwartung verkürzt wird. Für jedes Netzteil ist die Leistungsreduzierung in Abhängigkeit von den Betriebsbedingungen genau festgelegt. Trotz der immer besser werdenden Wirkungsgrade ist dies vor allem bei den immer kleiner werdenden industriellen Stromversorgungen mit hohen Packungsdichten wichtig zu beachten.
Ein Derating wird vom Schaltnetzteil in der Regel nicht automatisch gesteuert, sondern es ist bereits in der Entwicklung des Endprodukts individuell zu berücksichtigen. Nur so lässt sich der dauerhafte Betrieb eines Netzteils unter den gegebenen Bedingungen gewährleisten. Im jeweiligen Datenblatt findet der Anwender die Vorgaben für die notwendige Leistungsreduzierung. Hilfreich sind auch Derating-Kurven, um den Ausgangsstrom in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen anzupassen. Neben dem Derating durch höhere Umgebungstemperaturen ist auch ein mögliches Derating durch die Einbaulage, das Kühlkonzept, den Eingangsspannungsbereich sowie die maximale Betriebshöhe beim individuellen Produktdesign bzw. bei der Installation zu berücksichtigen.
Insgesamt lässt sich der Umgang mit dem Derating von Schaltnetzteilen mit folgenden Maßnahmen vereinfachen:
Stromversorgungshersteller haben die Nachfrage nach kompakten Stromversorgungen mit immer höheren Leistungen konsequent angenommen; so auch Mean Well. Ein Ausschnitt des Datenblatts in Bild 2 zeigt die Leistungsdaten des Open-Frame-Schaltnetzteils LOP-600-24. Bei sehr kompakten Abmessungen (5×3 Zoll Grundfläche und 1,3 Zoll Bauhöhe) ist dieses bei reiner Konvektionskühlung mit einer Nennleistung von 400 Watt , 600 Watt Nennleistung bei aktiver Lüfterkühlung und 900 Watt Peak-Leistung spezifiziert. Dabei reicht der Betriebstemperaturbereich der Serie von –40 bis maximal +80 °C. In den Datenblättern der Stromversorgungshersteller bezieht sich die angegebene Nennleistung in der Regel auf die Raumtemperatur, beim hier beschriebenen Netzteil exakt auf 25 °C. Allerdings liegen realistische maximale Betriebstemperaturen normalerweise oberhalb der Raumtemperatur. Als Folge sollte die Derating-Kurve des Netzteils in Bezug auf die Umgebungstemperatur unbedingt geprüft werden.
Ein genauer Blick auf die Derating-Kurve zeigt – bezogen auf die Umgebungstemperaturen bei einem Betrieb im 230-V-AC-Niederspannungsnetz und abhängig von aktiver oder konvektionsgekühlter Betriebsart –, dass bei Umgebungstemperaturen oberhalb von 50 °C beziehungsweise 40 °C eine Leistungsreduzierung zu berücksichtigen ist. Passiert dies nicht, ist die Stromversorgung der LOP-600-Serie dank ihrer integrierten Übertemperaturschutzschaltung vor Zerstörung geschützt, allerdings erfolgt ein temporärer Ausfall der Endanwendung aufgrund einer Zwangsabschaltung.
Es ist auch möglich, dass die angelegte Eingangsspannung zu einem Derating führt. Weil niedrige Eingangsspannungen bei gleichbleibender Leistung einen höheren Eingangsstrom zur Folge haben, führt dies zu einer stärkeren Erwärmung der Komponenten im Primärkreis der Stromversorgung. Im Beispiel des LOP-600-24 ist der Eingangsspannungsbereich so ausgelegt, dass man es in einem 230-V-AC-Netz (Europa) und einem 120-V-AC-Netz (USA) ohne zu berücksichtigendes Derating betreiben kann. Wird es in Netzen mit niedrigerer Eingangsspannung (wie etwa in Japan) eingesetzt oder wenn die Spezifikation des Endprodukts einen niedrigeren Eingangsspannungsbereich beschreibt, ist bei diesem Netzteil bei einer AC-Eingangsspannung von unter 115 V eine Leistungsreduzierung zu berücksichtigen.
Interessant ist zudem, in welcher Betriebshöhe das Endprodukt mit der integrierten Stromversorgung zum Einsatz kommt. Üblicherweise beziehen sich die Herstellerangaben auf den Betrieb in einer Höhe von 2000 Metern. Weil aber der Luftdruck bei zunehmender Höhe und damit auch die Luftdichte sinken, wirkt sich das negativ auf die Entwärmung bei Konvektionskühlung aus. Man kann als grobe Leitlinie davon ausgehen, dass je 1000 Meter Höhe rund 5 °C Umgebungstemperatur-Derating berücksichtigt werden sollten. Die tatsächlich zu berücksichtigenden Werte sind im Datenblatt zu prüfen oder beim Hersteller zu erfragen. Manche Stromversorgungen wie die LOP-Serien von Mean Well sind bereits auf eine Betriebshöhe von 5000 Metern spezifiziert.
In Bild 3 ist die Derating-Kurve bei horizontaler Einbaulage des Netzteils als angegebener Montageposition dargestellt; abweichende Einbaulagen führen zwangsweise zu anderen thermischen Verhaltensweisen. Grundsätzlich sind Stromversorgungen so konzipiert, dass sie entsprechend der empfohlenen Einbaulage die beste Entwärmung erzielen. Durch thermisches Design werden Hotspots vermieden, und temperaturkritische Komponenten mit starker Wärmeentwicklung werden entsprechend vorteilhaft im Luftstrom platziert. Bei aktiv gekühlten Stromversorgungen mit Lüftern ist die Einbaulage meist unkritisch, weil über die vorgegebene Lüfterposition die Strömungsrichtung der Luft durch das Netzteil auch bei unterschiedlichen Einbaulagen gehalten wird. So lässt sich das LOP-600 aktiv gekühlt in jeglicher Einbaulage problemlos betreiben.
Beim Betrieb unter Konvektionskühlung liefern erweiterte Temperaturdaten im frei zugänglichen Testreport Informationen, die für das Derating bei abweichender Montageposition zu berücksichtigen sind.
Temporäre temperaturbedingte Abschaltungen der Stromversorgung und somit Ausfälle in Arbeitsprozessen sind teuer und unbedingt zu vermeiden. Darum sollte bei industriellen Stromversorgungen immer ein mögliches Derating geprüft und berücksichtigt werden. Laufen Geräte unter herausfordernden Umgebungsbedingungen, kann es sein, dass ein Derating gleich für mehrere Faktoren einkalkuliert werden muss. Lohnenswert ist in diesem Fall auch ein größerer Leistungspuffer, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Mit professioneller Beratung hilft Schukat, aus der großen Auswahl an hochwertigen AC/DC und DC/DC Stromversorgungen das passende Produkt mit geringem Derating auszuwählen.