Nach drei Angeboten, das letzte davon öffentlich gemacht, hat Advanced Energy seinen Versuch XP Power zu übernehmen, offenbar abgeblasen. Zum genannten Stichtag wurde kein neues Angebot unterbreitet.
Am Dienstagmorgen, dem 18. Juni, 7 Uhr war die Sache dann zumindest für die nächsten sechs Monate vom Tisch. Zu diesem Zeitpunkt gab Advanced Energy bekannt, dass es nicht beabsichtige, für XP Power an diesem Tag ein Angebot abzugeben. Nach dem Singapore Takeover Code hätte Advanced Energy bis zu diesem Tag ein offizielles Angebot abgeben müssen, doch dazu war Advanced Energy wohl vor allem in Person seines CEOs Steve Kelley dann doch nicht mehr bereit.
In dem am 18. Juni veröffentlichten Text weist Advanced Energy darauf hin, dass man vergeblich versucht habe, mit dem Management von XP Power Kontakt aufzunehmen, und ins Gespräch zu kommen. Für eine angestrebte Übernahme hätte es im Rahmen von Due-Diligence-Prozessen einer Zusammenarbeit bedurft. Da diese nicht zustande gekommen sei, habe man aufgrund der öffentlich zugänglichen Informationen keinen Anlass gesehen habe, das Angebot vom 21. Mai 2024 über 725 Dollar Cash weiter zu erhöhen.
Der Verzicht auf ein weiteres Angebot, das dann wohl noch einmal höher hätte ausfallen müssen, wurde mit der finanziellen Disziplin gerechtfertigt, die sich Advanced Energy bei angestrebten Akquisitionen auferlegt hat. Gleichzeitig tat man kund, nach weiteren Akquisitionsmöglichkeiten Ausschau zu halten, um das Produkt- und Technologie-Portfolio von Advanced Energy in Zukunft noch weiter auszubauen.
Damit endete ein Übernahmeversuch, der bereits im Oktober 2023 begonnen hatte. Beginnend mit einer Offerte über rund 430 Millionen Dollar war Advanced Energy erstmals an XP Power herangetreten. Als das XP Power Management aber letztlich insgesamt drei an das Gremium herangetragene Übernahmeangebote als „unaufgeforderte Kontaktaufnahme“ zurückwies und Kelley damit die kalte Schulter zeigte, riss diesem offenbar der Geduldsfaden.
Mit einem Angebot von 725 Millionen Dollar Cash wand sich Advanced Energy dann am 21. Mai dieses Jahres direkt an die Aktionäre. Aus Sicht von Gavin Griggs, CEO von XP Power, „bewerte aber auch dieses Angebot den Wert von XP Power grundsätzlich unter“, wie er gegenüber Markt&Technik betonte. Rückendeckung erhielt er dabei von einer Reihe namhafter Anteilseigner. Wobei sich auch der größte Institutionelle Investor von XP Power, Montanaro, im Grunde dafür aussprach, das beide Seiten in einen konstruktiven Dialog treten sollten.
Dazu kam es offenbar nicht. Vielleicht hatten einige Investoren und Anleger auch darauf spekuliert, dass Advanced Energy noch höher gehen würde. So hatte das Unternehmen im Rahmen seiner Verlautbarungen zur angestrebten Übernahme unter anderem darauf hingewiesen, dass man über mehr als 1 Milliarde Dollar frei Mittel zu verfügen. Es dürfte bei dem ein oder anderen die Phantasie angeregt haben, dass da noch Luft nach oben sei.
Aus Sicht von Advanced Energy wäre die Akquisition aus verschiedenen Gründen interessant gewesen. Auf dem nordamerikanischen Markt ist XP mit etwa 250 Millionen Dollar vertreten und zählt dort neben Delta und TDK-Lambda zu den großen Anbietern im Medizin- und Industriebereich. In Europa erzielt XP einen Umsatz von rund 130 Millionen Dollar und ist in allen relevanten Marktsegmenten vertreten. Mit rund 43 Millionen Dollar vergleichsweise schwach aufgestellt ist das Unternehmen in Asien.
Massive Auswirkungen hätte die Akquisition im Bereich Stromversorgungen für die Halbleiterfertigung gehabt. So ist etwa Applied Materials bei beiden Unternehmen der größte Kunde in diesem Bereich. Kelley hätte also einen Wettbewerber weggekauft, und nicht nur das – Advanced Energy wäre mit einer erfolgreichen Akquisition zu einem Fast-Monopol in diesem Marktsegment geworden. Eine gute Ergänzung für das aktuelle Produktspektrum von Advanced Energy wären sicher auch die Hochspannungsnetzteile von Guth und FuG gewesen, zwei deutsche Spezialisten, die XP Power im Jahr 2022 übernommen hatte.
Ob auch die aktuellen Fertigungsstätten von XP Power für Advanced Energy hinsichtlich eventueller De-Risking-Pläne interessant gewesen wären, lässt sich schwer einschätzen. So verfügt XP über eigene Fertigungen in Kunshan, China, und in Nordvietnam. Zuletzt wollte XP eine neue Fertigung in Malaysia errichten, stoppte dann aber diese Pläne. „Mit der Abkühlung der Märkte, benötigten wir keine zusätzliche Produktionskapazität mehr“, erläutert XP-CEO Griggs damals, „wir wollen den Bau fortsetzen, wenn sich der Markt erholt hat“. Für einen „Fast-Monopolisten“ von Stromversorgungen für Halbleiterfertigungsanlagen, wäre ein Produktionsstandort in Malaysia mit Sicherheit keine Fehlinvestition gewesen.