Fischer hingegen findet, dass es nach der Pandemie genauso schwierig sei, Spezialisten zu finden wie zuvor. Kagel hat zudem den Eindruck, dass die Wechselwilligkeit im Vertrieb dort geringer ist, wo die Mitarbeiter gut durch die Corona-Zeit gekommen seien, »die Loyalität ist da groß«. »Wenn wir unseren offenen Mitarbeiterbedarf in der DACH-Region zusammenzählen, kommen wir vielleicht auf 100 Personen«, so Bier, »das ist eine überschaubare Größe«. Die Tatsache, dass eine große Zahl von Babyboomern in Pension gehe und damit Know-how aus dem Markt verschwinde, erfordere Risk-Management, das die, die international akquirieren können, vielleicht besser meistern können.
Mit der Frage, ob man heute noch richtige Troubleshooter finden könne, wirft Kalfhaus die grundsätzliche Frage auf, wie heiß heute viele noch auf den Erfolg im Beruf sind. »Für unsere Generation stand das nicht zur Diskussion«, so Kalfhaus, und findet mit dieser These Unterstützung bei Heinemann. »Allein der Wunsch nach mehr Work-Life-Balance führt dazu, dass uns die Führungspersönlichkeiten immer mehr abhanden kommen, die sagen, ich hänge mich für die Firma richtig rein, auch wenn ich nur Angestellter bin, ich will die Firma voranbringen. Ich habe nicht den Eindruck, dass da eine große Zahl nachkommt«.
Klar ist, ChatGPT ist ein Chatbot, ChatGPT wird sich also nicht direkt zur Entwicklung von Stromversorgungen einsetzen lassen, aber vielleicht im Umfeld der Stromversorgungsentwicklung? Dass sich KI sinnvoll in der Stromversorgungsentwicklung einsetzen lässt, davon ist die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer überzeugt. »Ich kann eine Stromversorgung in viele Teile zerlegen, die sich dann durch den Einsatz einer KI sicher optimieren lassen«, so Heinemann. »Wenn ich die KI entsprechend gut anlerne, glaube ich, werden sich da ganz wesentliche Arbeitsschritte automatisieren lassen.«
Erste Ansätze, die Entwicklung durch Softwareprogramme zu entlasten, gab es schon zu seiner Studienzeit, wie sich Heinemann erinnert: »Wenn man da den Knopf Auto-Routing beim Leiterplattenlayout gedrückt hat, übernahm die Software das. Unter EMV-Gesichtspunkten war das aber häufig der größte Mist, was da herauskam.« Dass der KI-Einsatz dazu führen könnte, Entwickler einzusparen, glaubt Heinemann nicht: »Ich glaube eher, dass die wenigen, die wir heute haben, dann dank dieser Unterstützung deutlich mehr machen können.«
»Es gibt ja heute schon Unternehmen, die Entwicklungsbeispiele in Datenbanken einpflegen, und wenn dann jemand beispielsweise Kaffeemaschine eingibt, bekommt er einen Entwicklungsvorschlag, der bereits 90 Prozent des Gesamtprojekts umfasst; er konzentriert sich dann darauf, die restlichen 10 Prozent Entwicklungsleistung hinzuzufügen«, ordnet Bier die Diskussion um den KI-Einsatz in der Stromversorgungsentwicklung in den aktuellen Gesamttrend zum Thema KI-Einsatz ein. »Ich gehe davon aus, dass diese Vorgehensweise in Zukunft großen Einfluss auf die Entwicklung haben wird«, so Bier. »Wenn ich dann bei der Entwicklung auf solche Systeme zurückgreife, habe ich auf jeden Fall schon einmal eine Stromversorgung, die für viele Applikationen funktionieren könnte, wenn auch nicht für alle.«
Walter steht dem Ansatz etwas skeptischer gegenüber. »Wenn sich solche Systeme auf die Applikationsbeispiele von Halbleiterherstellern beziehen, dann sehe ich beispielsweise das Problem, dass der Hersteller den Einsatz des Chips im Voltage-Mode vorsieht, wir ihn aber im Current-Mode einsetzen.« Aus seiner Sicht würde es einen enormen Aufwand benötigen, KI-Systeme so anzulernen, dass sie auch mit solchen Herausforderungen umgehen können. »Bisher habe ich in dieser ganzen KI-Diskussion nichts gesehen, was für komplexere Aufgaben in unserem Bereich einsetzbare wäre«, so sein vorläufiges Fazit.
Die Datensammlung sei bei solchen Systemen der Dreh- und Angelpunkt, pflichtet Hübner bei, »aber die Handhabung eines solchen KI-Systems müsste sehr flexibel möglich sein«. Nur weil jemand beispielsweise die KI darauf trainiert hätte, ein Recom-Modul in die Schaltung einzubauen, »muss ich problemlos die Möglichkeit haben, das durch mein Modul austauschen zu können«. Letztlich so Hübner, sei das dann aber Aufgabe der Community, da entsprechend zusammenzuarbeiten. Er geht aber nicht davon aus, dass man das schnell hinbekomme, »es sei denn, man stellt Regeln auf«. Hübner rechnet fürs Erste damit, »dass es mehrere Kleinlösungen geben wird, die über die Zeit wachsen werden; in einigen Jahren wird sich dann vielleicht eine dominierende KI durchsetzen; die Technologie für eine solche Entwicklungsunterstützung im Stromversorgungsbereich ist auf jeden Fall schon lange da«.
Auch Püthe hält es für wahrscheinlich, »dass wir ein solches Werkzeug in Zukunft gut in der Entwicklung nutzen werden können und das uns bei einzelnen Baugruppen oder in Unternehmensabläufen hilft«. Schließlich fehle es an Menschen, »und wer sich dem vor diesem Hintergrund völlig verschließt, wird untergehen«.
Heinemann hat auch schon ein Beispiel, wie sich der Einsatz von KI am Anfang gestalten könnte: »Nehmen wir an, ich habe einen einfachen Flyback-Wandler, der Kunde möchte aber gerne einen anderen Formfaktor. Auf so etwas könnte man hervorragend eine KI ansetzen.« Ein anderer Punkt, der in der Diskussion noch gar nicht berücksichtigt sei, wäre das Thema Software. »Einen Source-Code schreiben, das kann ansatzweise auch schon ChatGPT, und auf das Schreiben von Software entfallen gut 10 bis 15 Prozent des Entwicklungsaufwands eines Projekts«.