Hermann Püthe, Geschäftsführender Gesellschafter der inpotron Schaltnetzteile, geht das Thema etwas anders an. »Wenn wir die Wachstumszahlen der Branche mal bereinigt um die Preissteigerungen ansehen, dann wirkt das alles vielleicht auch nicht mehr ganz so dolle.« Er verweist auf andere Industrien, namentlich die Bauindustrie, die im März, April einen massiven Einbruch erlitt. »Die Ausstattung von Gebäuden, etwa mit KNX-Netzteilen oder Stromversorgungen für LED-Beleuchtungen, stellt für uns keinen unerheblichen Umsatzanteil dar, auch in der Investitionsgüterindustrie ist Zurückhaltung zu spüren.« Vor diesem Hintergrund rechnet er mit einem Rückgang der Auftragseingänge ab September, Oktober und rechnet mit einer Marktabkühlung. »Es würde mich sehr wundern, wenn das nicht so kommt.«
Steffen Heinrich, Geschäftsleitung Technik bei der MTM Power Messtechnik Mellenbach, sieht Auftragsverschiebungen, »weil sich der geplante Ramp-up für neue Projekte bei Kunden um ein, zwei Jahre verzögert, aber das sind Verschiebungen, keine Stornierungen.« Auch er sieht die jetzige Situation im Wesentlichen durch die Marktsituation der letzten zwei Jahre geprägt: »Als die Lieferzeiten für Bauteile bei 365 Tagen lagen, mussten wir natürlich mit unseren Kunden auch Klartext sprechen, denn die reservieren bei uns eigentlich Fertigungskapazitäten, wenn sie uns ihre Aufträge erteilen.«
Schieben, nicht stornieren, das kennt auch Nico Kagel, der Regional Sales Director Central Europe bei XP Power. »Das liegt natürlich auch daran, dass wir in der Vergangenheit angesichts der langen Lieferzeiten darauf hingewirkt haben, dass unsere Kunden ihre Bestellungen mit langen Vorlaufzeiten platzieren.« Wenn mancher Kunde nun feststelle, er habe zu viel auf Lager und müsse das Lager abbauen, schlage sich das in Auftragsverschiebungen nieder. Und das Phänomen der Lagerreduzierung, so Kagel, beschränke sich nicht auf den deutschsprachigen Markt.
Tobias Hübner, Head of Sales EMEA bei TDK-Lambda, hält es nicht für richtig, die aktuelle Situation mit den letzten zwei Jahren zu vergleichen, »ich halte es für ehrlicher, das Jetzt mit der Prä-Covid-Zeit zu vergleichen«. Was dazwischen liege, sei toll, aber sehr schwierig gewesen. Aktuell befinde man sich in einer Phase der Normalisierung, der Anpassung, »dafür den Ausdruck Rezession zu verwenden ist in meinen Augen ein zu starkes Wort«. Die Kunden seien zurückhaltender geworden, weil sich ihre Läger mehr und mehr füllten, »weniger bei kundenspezifischen Geräten, aber bei Standardware«. Aktuell arbeite man bei TDK-Lambda immer noch Auftragsbestand ab.