»Ohne Materialverknappung wäre unser Umsatzwachstum in diesem Jahr eventuell deutlich zweistellig«, stellt Oliver Walter, CEO der Camtec Power Supplies, fest. »Aufgrund der Materialverknappung ist eine genauere Vorhersage heute einfach nicht möglich.«
Für 2022 rechnet er trotzdem mit einer zweistelligen Umsatzsteigerung, wenn auch auf einem etwas geringeren Niveau als in diesem Jahr. Aktuell, so sein Fazit, »lassen sich eben schneller die Bauteile aufzählen, die wirklich pünktlich bei uns ankommen; um was es sich dabei dann schlussendlich handelt, spielt inzwischen kaum noch eine Rolle«.
»Umsatztechnisch sind wir in diesem Jahr praktisch wieder auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit«, freut sich Kai Heinemann, Geschäftsleiter Entwicklung und Produktmanagement bei Block Transformatoren-Elektronik, »aber die Materialknappheit lässt uns derzeit einfach vorsichtig in die Zukunft schauen«. Die Book-to-Bill sei bei Block derzeit stark verzerrt, »weil viele Kunden angesichts der Situation der Lieferkette schon weit im Voraus bestellen«.
Gefragt nach den derzeit größten Problemen in der Lieferkette, antwortet Heinemann eher grundsätzlich: »Eigentlich alles, was man zu den aktiven Bauelementen zählen kann, die 30 und mehr Wochen Lieferzeit sind dabei aber noch nicht mal das Hauptproblem.«
Ähnlich sieht das Sebastian Fischer, Geschäftsführer der Traco Power: »30 Wochen Lieferzeit für MOSFETs sind ja noch fast ein Glücksfall, 52 Wochen und länger sind inzwischen leider eher der Normalfall!« Im Vergleich zum Vorjahr liegt das Umsatzplus bei der Traco-Power-Gruppe bei 10 Prozent. Anders sieht es beim Auftragseingang aus. Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit liegt die Steigerung je nach Region bei bis zu 30 Prozent; »vergleicht man es mit dem Auftragseingang des Vorjahres, dann entspricht es sogar einer Steigerung um 70 bis 80 Prozent!« In Deutschland die liegt die Book-to-Bill aktuell bei 1,4, in anderen Regionen wie APAC und den USA sogar noch deutlich höher.
Auch wenn Traco Power seine Lieferzeiten bei Standardstromversorgungen aufgrund großer Lagerkapazitäten weiter halten kann, sieht die Situation bei kundenspezifischen Geräten aufgrund kurzfristig gestiegener Kundenbedarfe teilweise etwas anders aus. In letzter Konsequenz, so Fischer, »führt das dann dazu, dass wir etwa Kondensatoren zu erheblichen Mehrkosten auf den Spot-Markt kaufen müssen«.
»Die größte Veränderung der Book-to-Bill-Rate haben wir bei uns im 2. Quartal festgestellt«, erinnert sich Gustav Erl, General Manager bei TDK-Lambda Germany. »Da stieg die Rate um 30 Prozent. Das korrelierte mit der Lieferzeitsteigerung auf der Bauelementeseite und der von uns empfohlenen Ausweitung des Planungshorizonts.« Auf die begrenzten Transportkapazitäten von Asien nach Europa und die sehr schlechte Verfügbarkeit von Halbleitern, so Erl, »haben wir nun mal keinen Einfluss«.
Erl konzentriert sich mit seiner Mannschaft in Deutschland und Europa darauf, Produktionsstillstände bei den Kunden zu verhindern. »Verschiebungen der bestätigten Liefertermine aus den Herstellerwerken sind inzwischen fast an der Tagesordnung. Für uns gilt es dabei letztlich, das Unmögliche möglich zu machen.« Wie lange dieser Zustand noch anhalten wird, dazu will Erl keine Prognose abgeben, nur soviel: »Die Lieferzeiten bei Halbleitern liegen immer noch bei 52 Wochen.«
Zwiegespalten
Vor dem Hintergrund hoher Auftragseingänge war die Stimmung in der deutschen Stromversorgungsbranche bislang im ersten und zweiten Halbjahr 2021 besser als noch zu Jahresbeginn erwartet. Wobei für die positiven Werte vor allem auch die Distributoren verantwortlich sind. Einige Hersteller beurteilen die Situation dagegen negativer.
Dass sich die Stimmung in der 1. Jahreshälfte 2022 aufhellen könnte, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass für 2022 bei vielen Herstellern der Anlauf neuer Produkte und Kundenprojekte vorgesehen ist. Wie das mit dem Problem der Bauteilzulieferung in Einklang zu bringen ist, wird die Zukunft zeigen.