Die brückenlose Totem-Pole-PFC gilt als eine wichtige Anwendung für Wide-Bandgap-Leistungsschalter. Dieser Beitrag fasst eine Versuchsreihe zusammen, bei der verschiedene Wide-Bandgap-Schalter für diese Topologie getestet wurden.
Leistungsschalter, die auf einem Halbleitermaterial mit großer Bandlücke (Wide Bandgap, WBG) wie etwa Galliumnitrid (GaN) oder Siliziumkarbid (SiC) basiert, verbreiten sich immer mehr. Doch ungeachtet ihrer vielen Vorteile wird in realen Implementierungen deutlich, dass sich die Gehäuse der Bausteine, die Auswahl der Treiber und das Leiterplatten-Layout stark auf die Leistungsfähigkeit von WBG-Halbleitern auswirken, wenn es hohe Spannungen zu schalten gilt.
Das Power-System Design Team im Centre of Excellence (CoE) von Future Electronics hat verschiedene aktive Halbbrücken-Konfigurationen mit GaN-HEMTs und SiC-MOSFETs in der brückenlosen Totem-Pole-PFC-Topologie (Power Factor Correction) getestet und miteinander verglichen. Der vorliegende Artikel berichtet über diese Studien und gibt Empfehlungen für den Einsatz von WBG-Leistungshalbleitern in Lösungen zum Schalten hoher Spannungen.
Die Evaluierungen des Centre of Excellence erfolgten auf der GaNdalf-Plattform, einem modularen Entwicklungsboard mit einer brückenlosen Totem-Pole-PFC-Schaltung, die aus einem Universal-Netzspannungseingang eine Gleichspannung von 400 V am Ausgang liefert (Bild 1). Das GaNdalf-Board ist mit einem Steckplatz ausgestattet, um mehrere Halbbrücken-Steckkarten, die jeweils entweder mit GaN-HEMTs oder SiC-MOSFETs mit isolierten Treibern sowie isolierten DC/DC-Stromversorgungen bestückt sind, miteinander einfach vergleichen zu können.
Als Referenz für den Vergleich der verschiedenen Schalterkonfigurationen diente eine Halbbrücken-Karte mit GaN-Schaltern des Typs PGA26E06BA von Panasonic, ergänzt durch schnelle Optokoppler (zu Isolationszwecken) sowie schnelle GaN-Treiber des Typs Panasonic AN34092B (Bild 2). Dieses System brachte es bei einer Ausgangsleistung bis zu 1 kW auf einen Wirkungsgrad von 99 Prozent.
Durch Implementieren neuer Halbbrücken-Karten konnte das Centre of Excellence die Möglichkeiten ausloten, wie sich mehr Leistung und bessere thermische Eigenschaften erzielen und die Kosten für die Treiberschaltung reduzieren lassen.
Außerdem erkannte das Centre of Excellence die Möglichkeit, die potenziellen Vorteile von SiC-MOSFETs mit Nennspannungen von 600 V bis 700 V mit drei oder vier Anschlüssen in bedrahteten TO-247-Gehäusen zu evaluieren, weil sie besser Wärme ableiten können. In Bild 3 sind sämtliche SiC- und GaN-basierten Halbbrücken-Karten zu sehen, die vom CoE auf der GaNdalf-Plattform evaluiert wurden.
Frühe Versionen der Halbbrücken-Karte waren mit GaN-Bauelementen von Infineon, Panasonic und Exagan bestückt, deren Einschaltwiderstände zwischen 30 mΩ und 190 mΩ liegen. Diese Bauelemente werden in von der Unterseite gekühlten, oberflächenmontierbaren Gehäusen angeboten, deren Thermal Pads eine Größe zwischen 60 mm² und 80 mm² haben.
Der Lagenaufbau der Leiterplatte geht aus Bild 4 hervor. Ein an der Rückseite der Leiterplatte angebrachter Kühlkörper mit einem thermischen Widerstand von 4 K/W ist galvanisch mit dem Ausgangspotenzial der PFC-Stufe verbunden. Die thermische Kontaktfläche vom Kühlkörper über das isolierende Wärmeableit-Pad zur unteren Leiterplattenlage hatte eine Größe von typisch 300 mm².
Wegen ihrer hohen Schaltgeschwindigkeit können GaN-HEMTs beträchtliche Gleichtaktstörungen verursachen. Tatsächlich beträgt die Anstiegsgeschwindigkeit der Spannung (du/dt) häufig mehr als 100 V/ns. Um die Gleichtaktstörungen zu begrenzen, ist die kapazitive Kopplung zwischen dem schnell schaltenden Mittelknoten der Halbbrücke und den übrigen Knoten (sowie letztendlich dem Massepotenzial) zu minimieren. Dies jedoch steht in Konflikt mit den Maßnahmen für ein optimales Wärmemanagement, denn der Wärmeableitweg des oberen GaN-HEMTs (sein Source-Anschluss) ist gleichzeitig der schnell schaltende Knoten der Halbbrücke. Auch wenn man die kapazitive Kopplung auf der Leiterplatte in den Griff bekommt, ist eine gewisse kapazitive Kopplung zum Kühlkörper unvermeidlich.
Dieser Konflikt zwischen den elektrischen und den thermischen Aspekten der Anordnung der GaN-Schalter trat auch bei diesen Halbbrücken-Karten zutage: Ein hohes Maß an Gleichtaktstörungen stand einer korrekten Funktion der Karte im Weg, obwohl sich die verwendeten Gate-Treiber durch einen hohen CMTI-Wert (Common-Mode Transient Immunity) von über 100 V/ns auszeichneten.
Die Arbeitshypothese des CoE lautete, dass die Ursache des Problems in der kapazitiven Kopplung zum Kühlkörper lag, die mit etwa 20 pF berechnet wurde. Indem man die Kontaktfläche zum Kühlkörper von 300 mm² auf 100 mm² verkleinerte, ließ sich die Koppelkapazität auf weniger als 10 pF verringern, was die Gleichtaktstörungen so weit verbesserte, dass eine einwandfreie Funktion wiederhergestellt war. Natürlich ging das Verkleinern der Kotaktfläche am schnell schaltenden Knoten zu Lasten der thermischen Eigenschaften, sodass sich die maximale Ausgangsleistung reduzierte.
Die brückenlose Totem-Pole-PFC-Topologie (Power Factor Correction) ist eine Boot-PFC-Schaltung, die mit nur vier aktiven Schaltern, einer einzigen Induktivität und einem Ausgangskondensator einen hohen Wirkungsgrad ermöglicht. Während zwei der Schalter mit hoher Frequenz schalten, arbeiten die anderen mit der Netzfrequenz, um die Synchrongleichrichtung zu ermöglichen.
Im nichtlückenden Betrieb (Continuous Conduction Mode, CCM) werden die Transistoren einer hohen Spannung ausgesetzt. Silizium-MOSFETs eignen sich dafür nicht, da bei ihnen in einem solchen Betriebsfall hohe Schaltverluste auftreten. Neue Transistoren mit Wide-Bandgap-Werkstoffen wie etwa Galliumnitrid (GaN) oder Siliziumkarbid (SiC) können die Schaltverluste in einem solchen Betriebsfall deutlich senken und machen damit die praktische Implementierung dieser Art von PFC-Schaltung möglich.
Die grundlegende Funktionsweise dieser Topologie geht aus den Bildern hervor. Dargestellt ist jeweils, welchen Weg der Strom durch die Schaltung während der positiven bzw. der negativen Halbwelle der Netzspannung nimmt. Bei GaN1 und GaN2 handelt es sich um die beiden mit der PWM- Frequenz (nominell 70 kHz) arbeitenden GaN-FETs, während S1 und S2 die beiden Silizium-MOSFETs zur synchronen Gleichrichtung der Netzspannung sind. Diese schalten mit der Netzfrequenz von 50 Hz.
Während der positiven Halbwelle ist GaN2 der aktive Schalter, der mit einem Tastverhältnis D (die durch die Last und die momentane Höhe der Netzspannung bestimmt wird) für einen ansteigenden Strom durch die Boost-Induktivität sorgt. GaN1 ist der Synchronschalter, der mit dem Tastverhältnis 1–D einen Stromfluss von der Boost-Induktivität zum Ausgangskondensator ermöglicht. S2 ist während der positiven Halbwelle der Netzwechselspannung eingeschaltet, S1 dagegen ist ausgeschaltet.
Umgekehrt ist während der negativen Halbwelle der Netzwechselspannung GaN1 der aktive Schalter mit dem Tastverhältnis D, GaN2 dagegen der Synchronschalter mit dem Tastverhältnis 1–D. S1 ist während der negativen Halbwelle der Netzwechselspannung eingeschaltet, S2 dagegen ausgeschaltet.