Ganz ähnlich sieht das auch Richard Eden, Senior Principal Analyst für Power Semiconductors bei Omdia: »Die führenden nichtchinesischen Hersteller von GaN-Leistungshalbleitern sind durch die Einführung dieses Lizenzregimes nicht alarmiert, einfach durch die Tatsache, dass China zwar einen großen Anteil am Weltmarkt bei diesen Metallen hat, aber es eben auch namhafte Quellen außerhalb Chinas gibt.« Eden verweist in diesem Zusammenhang auf die Statements, die speziell die Hersteller von GaN-Leistungshalbleitern kurz nach der Ankündigung des Lizenzregimes veröffentlichten.
So betonten etwa Transphorm, EPC, GaN-Systems, Infineon Technologies und Navitas, dass die Ankündigung und die Umsetzung des Lizenz-Regimes für sie kein Problem darstelle. In den Statements, etwa von Infineon, wird darauf hingewiesen, dass man eine Multi-Sourcing-Strategie fahre und Lieferbeziehungen zu Lieferanten in verschiedenen geografischen Regionen unterhalte. Zu den möglichen Quellen, die aufgezählt werden, zählen etwa Australien, Brasilien, Indien, Jamaica und die USA. Auch Doug Bailey, Vice President Marketing bei Power Integrations, verweist darauf, »dass die weltweit größten Bauxit-Vorkommen in Australien und Guinea zu finden sind, es gibt also Möglichkeiten, die Gallium-Versorgung mit Quellen außerhalb Chinas sicherzustellen«.
Neben dem Hinweis, dass man sich bei Power Integrations ausreichend mit dem benötigten Material eingedeckt habe, verweist er auf die Marktkräfte, »die dafür sorgen werden, dass sich bei entsprechendem Bedarf die Versorgung mit Gallium aus anderen Regionen als China intensivieren wird«. Sowohl Transphorm als auch EPC heben hervor, dass sie Trimethylgallium für die Produktion ihrer Chips verwenden. Dr. Alex Lidow, früherer CEO von International Rectifier und Gründer des GaN-Pioniers EPC, betont denn auch, dass Trimethylgallium (TMGa-Gas), eine metallorganische Verbindung des Galliums, nicht unter die chinesischen Exportrestriktionen fällt. Navitas-CEO Gene Sheridan verweist auch darauf, dass Navitas’ Wafer-Partner TSMC keine chinesischen Lieferanten bei Gallium verwendet.
Bei STMicroelectronics sieht man derzeit keine größeren Auswirkungen im Hinblick auf die Materialversorgung, wie Alexis Breton, Director PR & Media Operations, versichert. »Wir beziehen diese Materialien im Rahmen unserer Multi-Sourcing-Strategie aus einer ganzen Reihe von Ländern, werden die weitere Entwicklung aber natürlich beobachten.«
Keine wesentlichen Auswirkungen der Restriktionen auf Microchip Technology erwartet Ganesh Moorthy, der CEO des Unternehmens. Ganz ähnlich die Reaktion beim SiC-Spezialisten Wolfspeed: »Nach einer internen Untersuchung gehen wir davon aus, dass Wolfspeed von den angekündigten Export-Restriktionen bei Gallium und Germanium nicht betroffen sein wird.« Zu demselben Ergebnis ist man bei Diodes gekommen. »Eine interne Prüfung des Bedarfs hat ergeben, dass wir keine großen Mengen an Gallium und Germanium in unserer Produktion benötigen«, stellt Raphael Hrobarsch, European Regional & Automotive Sales Manager bei Diodes fest, »und dass wir den bestehenden Bedarf mit Lieferanten außerhalb Chinas abdecken«. Wie er weiter ausführt, »bestätigen uns auch die Lieferanten unserer Foundry-Partner, dass sie aktuell keine Probleme durch die Restriktionen sehen«.
Das bestätigt so auch die weltgrößte Foundry – TSMC. Nach einer Evaluierung gehe man davon aus, dass die Export-Restriktionen keine direkten Auswirkungen auf die Produktion bei TSMC haben. Die taiwanische Wirtschaftsministerin Wang Mei-Hua erläuterte in diesem Zusammenhang, „dass China im Wesentlichen Rohmaterialien aus seinen Minen exportiere, das dann vor allem in den USA und Japan raffiniert werde, um dann beispielsweise von der Halbleiterindustrie verwendet zu werden«.
Olaf Lüthje schließlich, Vishays Senior Vice President CRM and Marketing Operations, berichtet davon, dass Rückfragen beim Gallium-Lieferanten von Vishay ergeben haben, »dass es zu Verzögerungen bei den Lieferungen kommen könnte – wir haben deshalb als Sofortmaßnahme zusätzliche Bestellungen aufgegeben«. Um den Materialpuffer zu erhöhen, werden parallel dazu weitere Produkte etablierter Hersteller außerhalb Chinas qualifiziert, um die Lieferkette zu stärken. »Aktuell sind wir von dieser Exportkontrolle nicht so stark betroffen«, versichert Lüthje, »wir halten sie jedoch auch nicht für relevant für unser weiteres Geschäft mit Halbleitern«.
Auch außerhalb der klassischen Halbleiterbranche sieht man Chinas Lizenz-Regime bislang entspannt. So verwendet ams Osram zur Herstellung seiner LEDs Gallium-Arsen-Substrate und verfolgt auch bei der Beschaffung dieser Stoffe eine globale Strategie, wie das Unternehmen betont. Seit Beginn der Exportkontrollen konnte man nach Darstellung von ams Osram bisher noch keine Beeinträchtigung der Versorgung feststellen.
Um trotzdem für die Zukunft gewappnet zu sein, verstärkt man bei ams Osram neben einer breit aufgestellten Lieferantenbasis die eigenen Recyclingbemühungen; man geht zudem davon aus, dass die Lieferanten ebenfalls ihre Recycling-Bemühungen verstärken werden. In Kombination mit der Produktionserhöhung von Gallium außerhalb Chinas rechnet man auch in Zukunft nicht mit möglichen Auswirkungen des Lizenz Regimes.