Im Vergleich zu klassischen Silizium-Lösungen bestechen GaN-Bauteile außer mit niedrigeren RDS(on)-Werten und einer geringeren Gesamt-Gateladung vor allem durch hohe Drain-Source-Spannung, dem Wegfall der Sperrverzögerungsladung und sehr geringen intrinsischen Kapazitäten.
Heute besteht die größte Herausforderung im Bereich der Leistungselektronik darin, den wachsenden Forderungen nach mehr Effizienz und Leistung gerecht zu werden und gleichzeitig die Kosten und den Platzbedarf zu senken. Dieser Entwicklung folgt die Einführung der Galliumnitrid-Technologie (GaN), einer relativ neuen Verbindung mit großer Bandlücke (Wide Bandgap). Sie wird immer besser kommerziell verfügbar und kommt deshalb mit stark steigender Tendenz zum Einsatz.
Gekennzeichnet durch eine bessere Figure of Merit (FOM), einen niedrigeren RDS(on)-Wert und eine geringere Gesamt-Gateladung (QG) als entsprechende Silizium-Bauelementen, bringen es HEMTs (High-Electron-Mobility Transistors) auf GaN-Basis außerdem auf eine hohe Drain-Source-Spannung, gepaart mit dem Wegfall der Sperrverzögerungsladung und sehr niedrigen intrinsischen Kapazitäten.
Leistungswandler sind die erste Anwendung, in der die GaN-Technologie große Verbreitung gefunden hat. GaN stellt hier die führende Lösung zum Verbessern des Wirkungsgrads dar und ermöglicht die Einhaltung striktester Energiespar-Verordnungen. Ihre Eignung für höhere Schaltfrequenzen ermöglicht hohe Leistungsdichten, was eine Verringerung der Systemabmessungen, des Gewichts und der Kosten gestattet.
Entscheidend sind der Platzbedarf und die Energieeffizienz auch in elektronischen Motorsteuerungen. Ein Minimieren der in den Ansteuerschaltungen entstehenden Leitungs- und Schaltverluste ist entscheidend dafür, die Energievergeudung zu verringern.
Es gestaltet sich immer schwieriger, die Leistungsfähigkeit von Motortreibern auf Basis klassischer Silizium-MOSFETs und -IGBTs weiter zu steigern, weil die Silizium-Technologie hinsichtlich der Leistungsdichte, der Durchbruchspannung und der Schaltfrequenz mittlerweile an ihre theoretischen Grenzen stößt. Dank ihrer überragenden elektrischen Eigenschaften stellen GaN-Transistoren in Motorsteuerungs-Anwendungen mit hohen Spannungen eine geeignete Alternative zu MOSFETs und IGBTs dar.
Wichtige Vorteile verspricht GaN sogar in Anwendungen mit eher niedrigen Schaltfrequenzen bis etwa 20 kHz. Auf dem Gebiet der Hausgeräte sind motorbetriebene Systeme wie Waschmaschinen, Kühlschränke, Klimaanlagen und Staubsauger in hohem Maße auf die verwendeten Motor-Inverter angewiesen, was die Drehzahl, das Drehmoment und die Effizienz betrifft. Im Unterschied zu industriellen Servo- oder Präzisionsmotoren sind die Abmessungen dieser Motoren aufgrund mechanischer und funktionaler Vorgaben weitgehend festgelegt, weshalb die traditionelle Vorgehensweise zur Verringerung der Systemabmessungen durch Verkleinerung des Motors selbst hier nicht in Frage kommt. Verbesserungen müssen stattdessen im Inverter und in der zur Ansteuerung der Motoren dienenden Leistungselektronik angestrebt werden.
In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der Vorteil von GaN gegenüber Silizium nicht auf einem einzigen herausragenden Parameter beruht, sondern die Summe verschiedener, miteinander verflochtener Aspekte ist.
So weist GaN de facto eine vernachlässigbar geringe Sperrverzögerungsladung (Qrr) und geringe parasitäre Kapazitäten auf, was die Verwendung geringfügig höherer dV/dt-Werte erlaubt. Während die maximal zulässigen dV/dt-Werte durch die Wicklungen und die Isolierung des Motors festgelegt werden, bietet die bei GaN gegebene Eignung für höhere Schaltfrequenzen Designern Gelegenheit, die Schaltflanken sorgfältig zu optimieren.
Überdies ist es möglich, die Totzeit drastisch zu verkürzen, ohne das Risiko von Shoot-through-Fehlern einzugehen. In der Tat kann das Intervall zwischen dem high-seitigen und dem low-seitigen Schalten problemlos um den Faktor 10 verkürzt werden. Ohne Abstriche an der Motorzuverlässigkeit ist es dadurch möglich, die Inverter-Effizienz zu verbessern und die Schaltverluste zu reduzieren.
So bemerkenswert diese Leistungsfähigkeit auch sein mag, kommt noch ein weiterer Vorteil hinzu, denn alle diese „kleinen“ Verbesserungen zusammengenommen ermöglichen den vielleicht wichtigsten Vorteil, nämlich den Wegfall des Kühlkörpers.
Durch die beträchtliche Reduzierung der Verlustleistung haben Designer nun die Möglichkeit, die Kühlkörper in der Inverter-Leistungsstufe zu verkleinern oder sogar ganz wegzulassen, sodass die Zahl der benötigten Fertigungsschritte verringert werden kann. Auf Kühlkörper zu verzichten bedeutet ferner, dass keine Schrauben oder Verbindungen erforderlich sind und mechanische Ausfälle vermeidbar sind, zu denen es sonst bei langer Einsatzdauer kommen kann. Diese potenzielle Einsparung von Kundendienst- und Gewährleistungskosten ist durchaus interessant.
Unter dem Strich entsteht somit ein kompakteres, leichteres und kosteneffektiveres Inverterdesign, das besser in den anspruchsvollen und wettbewerbsintensiven Hausgerätemarkt passt.
In der Grafik verdeutlichen die Kurven die Gleichmäßigkeit und das niedrige Temperaturniveau von GaN-Bauelementen. So hat der Prüfling in diesem Beispiel einen RDS(on)-Wert von 80 mΩ, und der Motor-Inverter arbeitet mit einer Schaltfrequenz von 16 kHz sowie einem maximalen dV/dt-Wert von knapp 10 V/ns. Eine Leistung von etwa 800 W ist ohne das Risiko des thermischen Durchgehens erreichbar. Die dabei entstehende Temperaturzunahme Δt beträgt weniger als 70 ˚C, sodass ein hinreichender Abstand zur maximalen Betriebs-Sperrschichttemperatur (TJmax) von 150 ˚C besteht. Dieses bemerkenswerte Resultat wird zudem ohne Kühlkörper erzielt. Vielmehr befinden sich die GaN-Bauelemente auf einer gemeinsamen zweilagigen Leiterplatte, die auch die Wärmeabfuhr übernimmt.
Bei den GaN-Transistoren der STPOWER-Familie handelt es sich um selbstsperrende p-GaN-Gate-Anreicherungstransistoren mit einer Sperrverzögerungsladung von null. ST bietet derzeit sieben Typen mit einer Nenn-Durchbruchspannung (VDS) von 700 V an, mit RDS(on)-Werten zwischen 270 mΩ und 53 mΩ in den Gehäusebauformen DPAK, PowerFLAT 8x8 und TO-LL. Durch neue Produkte wird das Portfolio außerdem zügig mit weiteren Gehäusetypen, RDS(on)-Werten und Durchbruchspannungen erweitert.
Weitere Informationen finden Sie auf https://www.st.com/en/power-transistors/powergan.html