3,3-kV-Full-SiC-Halbleitermodule

Höhere Schaltfrequenzen verringern Verluste

6. November 2023, 8:30 Uhr | Von N. Soltau, E. Wiesner, J. Sakai, M. Matsuo und K. Hatorim von Mitsubishi Electric
Bild 1: LV100-Gehäuse und entsprechendes Schaltbild für FMF185DC-66A und FMF375DC-66A
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Mitsubishi Electric fokussiert mit den Full-SiC-Halbleitermodulen FMF185DC-66A und FMF3375DC-66A vor allem Hilfsantriebe und kleine Antriebsumrichter. Beide bieten verringerte Halbleiterverluste bei erhöhten Schaltfrequenzen. Mitsubishi kündigt bereits ein weiteres Modul mit 800 A Nennstrom an.

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Vor etwa 25 Jahren wurde erstmals ein Halbleitermodul mit IGBTs (Insulated Gate Bipolar Transistor) aus Silizium (Si) in einem Eisenbahnantrieb eingesetzt. Seitdem wird die Leistungsfähigkeit der Antriebssysteme durch Weiterentwicklung der Halbleiterbauelemente erhöht. Dies geschieht unter anderem durch Reduzierung der Halbleiterverluste oder durch Verbesserung der Aufbau- und Verbindungstechnik.

Jedoch nähern sich Silizium-Bauelemente zunehmend den physikalischen Grenzen. Entsprechend lassen sich weitere drastische Verbesserungen nicht mehr erwarten. Stattdessen gewinnen Halbleitermaterialien mit großer Bandlücke wie Siliziumcarbid (SiC) zunehmend Aufmerksamkeit, die erneut eine deutliche Leistungssteigerung der Antriebssysteme ermöglichen.

3,3-kV-Full-SiC-Halbleitermodule wurden vorrangig entwickelt, um Eisenbahnantriebssysteme kompakter und effizienter zu gestalten. Dabei gewährleisten verbesserte Bauteile, Materialien, Aufbau- und Verbindungstechniken und Screening-Technologien zur Identifikation von Materialdefekten eine hohe Zuverlässigkeit. Tatsächlich ist die Zuverlässigkeit von SiC-Halbleitermodulen genauso hoch wie die von Silizium-Halbleitermodulen.

Mit zunehmender Spannungs- und Stromklasse benötigen Eisenbahn- und Stromnetzanwendungen die höchste Leistungsfähigkeit und größtmögliche Zuverlässigkeit. Bereits im Jahr 2015 wurden 3,3-kV-Full-SiC-Halbleitermodule in Hochgeschwindigkeitszügen eingesetzt. Entsprechend wurde die Widerstandsfähigkeit durch viele Jahre im Feldbetrieb unter realen Betriebsbedingungen demonstriert. In dieser Anwendung, in einem Hochgeschwindigkeitszug, ermöglichen Full-SiC-Halbleitermodule ein effizienteres und kompakteres Antriebssystem.

Neben Antriebsumrichtern profitieren insbesondere Hilfsbetriebeumrichter, Batterieumrichter für Eisenbahnanwendungen und Gleichspannungswandler von der Schaltfrequenzerhöhung, die durch Full-SiC-Halbleitermodule ermöglicht wird. Mit der Steigerung der Schaltfrequenz ist üblicherweise eine Reduktion von passiven Bauteilen wie Transformatoren, Induktivitäten oder Kondensatoren möglich. Darüber hinaus kann die höhere Schaltfrequenz den Einsatz alternativer weichmagnetischer Kernmaterialien zulassen, die weiteres Potenzial zur Effizienzsteigerung und Kostenreduktion bieten.

Im weiteren Verlauf werden die 3,3-kV-SiC-Halbleitermodule von Mitsubishi Electric vorgestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den Halbleitermodulen mit 185 A beziehungsweise 375 A Nennstrom, die hauptsächlich für Hilfsbetriebe- und kleinere Antriebsumrichter entwickelt wurden. Für größere Antriebsumrichter bietet Mitsubishi Electric ein 750-A-Full-SiC- und ein 600-A-Hybrid-SiC-Halbleitermodul an. Darüber hinaus hat Mitsubishi Electric kürzlich die Entwicklung eines 800-A-Moduls bekanntgegeben, welches nochmals gesteigerte Schaltfrequenzen und höhere Ausgangsleistungen ermöglichen kann.

3,3-kV-Full-SiC-Halbleitermodule mit 185 A und 375 A Nennstrom

Mitsubishi Electrics Halbleitermodule FMF185DC-66A und FMF375DC-66A mit einem Nennstrom von 185 A beziehungsweise 375 A wurden speziell für Hilfsbetriebe- und kleinere Antriebsumrichter entwickelt. Ihr 2-in-1-Gehäuse, das als LV100 bezeichnet wird (Bild 1), ist identisch mit dem strommäßig größeren FMF750DC-66A, welches primär in Antriebsumrichtern eingesetzt wird. Aufbau- und Verbindungstechnik (Bild 2) der drei Module sind identisch, und die Zuverlässigkeit des Gehäuses hat sich bereits unter realen Bedingungen im Feld bewährt.

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Bild 2: Aufbau- und Verbindungstechnik der 3,3-kV-Full-SiC-Halbleitermodule mit Nennströmen von 185 A, 375 A und 750 A
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Vorteile in der Anwendung

Um die Vorteile von FMF185DC-66A und FMF375DC-66A in einer Hilfsbetriebeumrichter-Anwendung zu quantifizieren, wurden die Halbleiterverluste mit MELCOSIM berechnet. In Bild 3 und Bild 4 werden die schaltfrequenzabhängigen Halbleiterverluste und die Halbleitertemperaturen für FMF375DC-66A beziehungsweise FMF185DC-66A gegenüber dem Si-Halbleitermodul CM450DA-66A verglichen, das ebenfalls ein LV100-Gehäuse nutzt.

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Bild 3: Simulation der Halbleiterverluste und -temperaturen (FMF375DC-66A vs. CM450DA-66X)
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Als Betriebsbedingungen für den Vergleich in Bild 3 wurden dabei folgende Werte angenommen: Zwischenkreisspannung VCC = 1800 V, Ausgangsstrom IO = 185 A, Leistungsfaktor cos Φ = 0,85, Oberflächentemperatur des Kühlkörpers TS = 80 °C und Modulationsindex m = 1. Die Betriebsbedingungen des Gatetreibers entsprechen den empfohlenen Bedingungen.

Entsprechend Bild 3 erreicht das Silizium-Modul CM450DA-66X eine Halbleitertemperatur von 150 °C bei 4 kHz Schaltfrequenz. Bei gleicher Schaltfrequenz liegt die Halbleitertemperatur des FMF375DC-66A um 25 K darunter. Dank der maximal zulässigen Halbleitertemperatur von 175 °C, kann das FMF375DC-66A eine im Vergleich zum CM450DA-66X 2,5-mal so hohe Schaltfrequenz von 11 kHz bei 50 Prozent geringeren Verlusten erreichen.

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Bild 4: Simulation der Halbleiterverluste und -temperaturen (FMF185DC-66A vs. CM450DA-66X)
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In Bild 4 werden die gleichen Betriebsbedingungen angenommen wie in Bild 3, mit Ausnahme des Ausgangsstroms IO, der nun 90 A beträgt. Es zeigt sich, dass das FMF185DC-66A eine ähnlich hohe Halbleitertemperatur erreicht wie CM450DA-66X, obwohl der Nennstrom um 60 Prozent geringer ist.

Weiterhin sind die Halbleiterverluste des FMF185DC-66A bei 7 kHz um 85 Prozent geringer im Vergleich zum CM450DA-66X. Ebenso, dank der maximalen Halbleitertemperatur von 175 °C, erreicht FMF185DC-66A mit 10 kHz eine 1,4-mal höhere Schaltfrequenz bei 75 Prozent geringeren Halbleiterverlusten.

Fazit

Mitsubishi Electrics 3,3-kV-Full-SiC-Halbleitermodule FMF185DC-66A und FMF375DC-66A wurden insbesondere für Hilfsbetriebe- und kleinere Antriebsumrichter entwickelt. Dieser Artikel hat gezeigt, dass FMF375DC-66A 2,5-mal höhere Schaltfrequenzen bei 50 Prozent weniger Halbleiterverlusten erreichen kann im Vergleich zu einem aktuellen Silizium-Modul. Ebenso erreicht das FMF185DC-66A eine 1,5-mal höhere Schaltfrequenz bei 75 Prozent verringerter Halbleiterverluste im Vergleich zu eben diesem Silizium-Modul.

Hohe Schaltfrequenzen, die die SiC-Halbleitermodule ermöglichen, erlauben es, passive Bauelemente wie Transformatoren, Induktivitäten oder Kapazitäten zu verkleinern. Darüber hinaus kann die höhere Schaltfrequenz den Einsatz alternativer weichmagnetischer Kernmaterialien ermöglichen, welche das Potenzial zur weiteren Effizienzerhöhung oder Kostenreduktion bieten. Zusätzlich dazu werden die Umrichterverluste im Vergleich zu Silizium-Modulen signifikant reduziert, was in weiteren Wirkungsgradverbesserungen resultiert.

Mitsubishi komplettiert mit den beiden vorgestellten 3,3-kV-Full-SiC-Halbleitermodulen FMF185DC-66A und FMF375DC-66A sein Line-up, ergänzend zum FMF750DC-66A und dem Hybrid-SiC-Modul CMH600DC-66X, die beide hauptsächlich für Antriebsumrichter entwickelt wurden. Darüber hinaus ist ein weiteres Halbleitermodul mit 800 A Nennstrom in der Entwicklung, welches weitere Effizienz- und Leistungssteigerungen erwarten lässt. 


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