Mit Milliardeninvestitionen in ihre Fertigungskapazitäten versuchen Leistungshalbleiterhersteller weltweit, die durch Megatrends wie die Energiewende und die E-Mobilität befeuerte enorme Nachfragesteigerung nach Leistungshalbleitern zu befriedigen.
Unabhängig davon, welche Auswirkungen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Nichtigkeitserklärung des zweiten Nachtragshaushalts 2021 nun auf die zugesagten Fördermilliarden für die Ansiedelung neuer Halbleiter-Fabs in Deutschland haben wird:
Im weltweiten Wettlauf um den Ausbau der Produktionskapazitäten im Bereich Leistungshalbleiter dürfte das letztlich nur eine Nebenrolle spielen. Zu groß sind weltweit die Summen, die derzeit nicht nur in den Ausbau der SiC-Fertigungskapazitäten gesteckt werden, sondern auch in den Ausbau klassischer Leistungshalbleiter wie MOSFETs und IGBTs.
Obwohl, mit der geplanten Fab im saarländischen Ensdorf steht für Wolfspeed schon einiges auf dem Spiel. Schließlich soll dort die weltweit größte 200-mm-SiC-Fertigung entstehen. Zusammen mit ZF aus Friedrichshafen will Wolfspeed in Ensdorf 3,5 Milliarden Euro in den Bau der weltweit größten 200-mm-Fertigung für SiC-MOSFETs stecken. Das Problem: Einen rechtskräftigen Förderbescheid für die in Summe von Bund und Ländern gemachten Subventionszusagen von rund 700 Millionen Euro gibt es, Stand Ende November, bisher noch nicht. Angesichts der bislang erhaltenen Zusagen von höchster Stelle, so ein ZF-Sprecher, gehen ZF und Wolfspeed davon aus, dass man die notwendige und zugesagte Unterstützung erhalten werde.
Infineon Technologies ist vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts gleich in zweifacher Weise betroffen. Einmal bezüglich der als Joint Venture mit TSMC und Bosch zu errichtenden Fab in Dresden. Für das auf 10 Milliarden Euro veranschlagte Projekt hatte der Bund eigentlich bereits 5 Milliarden Euro Subventionen versprochen. Zwar versicherte Bundeskanzler Olaf Scholz, die Förderung stehe nicht zur Disposition, aber auch hier gilt, zum Stand Ende November ist sie nicht rechtskräftig, es liegen nur Absichtserklärungen gegenüber den Unternehmen vor. Das gilt auch für den Ausbau von Infineons eigenem Produktionsstandort in Dresden. Für die Smart Fab Dresden bringt Infineon mit 5 Milliarden Euro die bislang höchste Investition seiner Unternehmensgeschichte auf. Auch hier hatte man bereits Subventionen von bis zu einer Milliarde Euro einkalkuliert und mit dem Bau des Werks im Herbst dieses Jahres begonnen.
Dass es auch eine Nummer kleiner geht, zeigt das Beispiel von Semikron Danfoss in Nürnberg. Das Unternehmen will an seinem Firmensitz in Nürnberg die Halbleiterproduktion ausbauen. Im Raum steht eine Verdreifachung der
bisherigen Produktionskapazitäten. Investieren will das Unternehmen dafür rund 250 Millionen Euro. Vom Staat, so das Unternehmen, benötige man dafür eine Förderung in Höhe von etwa 75 Millionen Euro. Sollte das nicht möglich sein, sei ein Ausbau des Nürnberger Werks nicht denkbar. Man werde sich dann nach Alternativen umsehen. Spekuliert werden darf in diesem Zusammenhang wohl vor allem über eine Alternative in den USA.
Während die Halbleiterhersteller in Deutschland also mit plötzlich aufgetauchten Subventionsproblemen konfrontiert werden, wird rund um den Globus massiv in den Fertigungsausbau, vor allem im Bereich SiC, investiert. Mit einer Gesamtsumme von 6,5 Milliarden Dollar ragt dabei sicherlich der US-SiC-Pionier Wolfspeed heraus. Aber auch Infineon investiert Milliarden Euro in den Ausbau seiner SiC- und GaN-Produktionskapazitäten in Kulim in Malaysia. Vor Kurzem wurden weitere Bauphasen mit einem Investitionsvolumen von 5 Milliarden Euro angekündigt. In Summe investiert Infineon damit in Kulim rund 7 Milliarden Euro in den Ausbau seiner Leistungshalbleiter-Fertigungskapazitäten.
Im Milliardenbereich liegen auch die Investitionen der asiatischen Wettbewerber. So investiert Toshiba aktuell rund 1,2 Milliarden Euro in den Bau einer 300-mm-Fertigung für Power-MOSFETs. Rohm hat sich entschieden, dass der schnellste Weg zu einer neuen Fab der Kauf einer bereits existierenden Fab ist, die man dann auf die Fertigung von SiC-Leistungshalbleiter umrüstet. Mitsubishi fährt zweigleisig und investiert einerseits ein halbe Milliarde Dollar in eine Ausgliederung des SiC-Geschäfts seines SiC-Wafer-Lieferanten Coherent. Gleichzeitig kündigt das Unternehmen an, ab 2026 rund 600 Millionen Euro in den Bau einer 200-mm-SiC-Fertigung zu investieren.
Eines steht fest: So dynamisch wie aktuell haben sich die Fertigungskapazitäten in der Leistungshalbleiterbranche seit Langem nicht entwickelt.