Mit der Einführung eines Lizenzregimes für den Export von Gallium und Germanium versucht China seit dem 1. August Druck auf die internationale Halbleiterbranche auszuüben - bislang jedoch ohne spürbaren Erfolg. Ob darum auf diesen ersten Schritt bald ein Exportverbot folgt, wird sich zeigen.
Symbolpolitik, so könnte man Chinas seit dem 1. August geltende staatliche Auflagen für den Export von Gallium und Germanium nennen. Als das chinesische Handelsministerium Anfang Juli die Einführung eines Lizenz-Regimes für die beiden Metalle ankündigte, fielen die Reaktionen darauf unterschiedlich aus. Einerseits bemühte man sich, die Bedeutung dieses Schritts herunterzuspielen, gleichzeitig zog etwa der Preis für 1 kg Germanium um 10 Prozent auf 1380 Dollar an. Angesichts der Befürchtung, dass die Bearbeitung der jeweiligen Exportgenehmigungen mindestens zwei Monate in Anspruch nehmen würde, gingen manche davon aus, dass Abnehmer von Gallium und Germanium versuchen würden, sich kurzfristig die Lager zu füllen. Im Allgemeinen wird erwartet, dass die Auswirkungen im Bereich Gallium spürbarer sein werden als bei Germanium, wie etwa Prof. Leo Lorenz, Senior Principal bei Infineon Technologies und Präsident der ECPE, erläutert. Er verweist aber auch darauf, »dass die Firmen eigentlich darauf achten, dass sie immer mindestens drei Lieferquellen haben«.
Wie eine aktuelle Umfrage der Markt&Technik unter führenden Halbleiterherstellern zeigt, geht die Stoßrichtung dieser Maßnahme der chinesischen Regierung, die als Retourkutsche für verschiedene Exporteinschränkungen für Halbleiterfertigungs-Equipment westlicher Länder nach China verstanden wird, offenbar an der Halbleiterbranche vorbei.
»China hat in den letzten Jahren zwei parallele Kontroll-Regimes aufgebaut, eines für strategische Exportkontrolle und eines für militärische und Dual-Use-Exportkontrollen«, erläutert Antonia Hmaidi, Analystin am Merics (Mercator Institute for China Studies) in Berlin, die Hintergründe der chinesischen Entscheidung; »Germanium und Gallium werden durch das Dual-Use-Regime reguliert«. Beide Metalle sind wichtig, werden aber nur in kleinen Mengen eingesetzt. »Gallium wird vor allem für Hochleistungs- und Hochfrequenzhalbleiter eingesetzt sowie für optoelektrische Produkte wie LEDs, Laser und Solarzellen. Germanium ist vor allem für Glasfaserkabel und Radargeräte unersetzlich«, skizziert Hmaidi die Einsatzbereiche der beiden Metalle.
Von Bedeutung ist das in diesem Monat in Kraft getretene Lizenz-Regime Chinas, weil das Land bislang etwa 60 Prozent der weltweiten Versorgung mit den beiden Metallen abdeckt. So wurden nach Angaben des Merics im Jahr 2021 beispielsweise 290 Tonnen veredeltes Gallium produziert. »Es gibt aber auch außerhalb Chinas genügend Vorkommen dieser Stoffe, die mit genügend Investitionen abgebaut werden können«, urteilt Hmaidi, »das wird aber teurer sein, weil in China Gallium und Germanium als Abfallprodukte der Aluminium- und Zinkproduktion anfallen und der Abbau daher sehr effizient ist«. Langfristig, so die Merics-Analystin, »wird es spannend sein zu beobachten, ob China dann mehr Produkte, die Gallium oder Germanium enthalten, exportieren wird, die dann möglicherweise günstiger sein könnten als die aus westlicher Produktion«.
Aus Sicht der SEMI sind Gallium und Germanium wichtige Elemente für bestimmte Bereiche der Halbleiterfertigung, »da sich etwa Gallium durch ungewöhnliche Kristallisationseigenschaften auszeichnet, die für Legierungen nützlich sind, während Germanium wegen seiner hohen elektrischen Leitfähigkeit geschätzt wird«, erklärt Laith Altimime, President von SEMI Europe. Angesichts der bevorzugten Einsatzgebiete, etwa von Gallium in Hochfrequenz- und Hochgeschwindigkeitsbausteinen, Leistungsverstärkern und LEDs sowie von Germanium im Bereich der Infrarot-Optik und -Detektoren, dürften sich die Beschränkungen für Gallium und Germanium nach Einschätzung von Altimime nicht wesentlich auf die Produktion von Speichern und Hochleistungskomponenten wie CPUs und GPUs auswirken.
Auch wenn sich die Branche in den letzten Wochen vorbereiten konnte: Mögliche negative Auswirkungen will Altimime nicht ausschließen. »Die Beschränkungen könnten zunächst zu Lieferunterbrechungen bei einigen Halbleitern und Endprodukten führen. Angesichts der zusätzlichen Ungewissheit im Zusammenhang mit der Lizenzvergabe suchen ausländische Importeure von Gallium und Germanium jedoch nach einer zuverlässigeren Versorgung in anderen Ländern. Außerdem wird es verstärkte Bemühungen um das Recycling dieser Rohstoffe geben.« Zudem, so Altimime, »sind einige Analysten der Ansicht, dass die Ausfuhrbeschränkungen langfristig nicht wirksam sein werden, da die Unternehmen ihre Lieferketten diversifizieren werden«.