Interview mit Clemens Müller, ams Osram

Neue optische Technologien für sichere Rauchmelder

26. März 2024, 16:11 Uhr | Nicole Wörner
Clemens Müller, ams Osram: »Die Gefahrenerkennung mit hochwertigen optoelektronischen Rauchmeldern funktioniert extrem zuverlässig und ist daher mittlerweile eine der gefragtesten Technologien auf diesem Feld.«
© ams Osram

Wie neuartige Licht- und Sensor-Komponenten in optoelektronischen Rauchmeldern für mehr Sicherheit, effizientere Bauweisen und spannende neue Anwendungsmöglichkeiten der kleinen „Lebensretter“ sorgen, erklärt Clemens Müller, Senior Director Application Marketing bei ams Osram.

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Markt&Technik: Auch in Rauchmeldern steckt sie drin, die technologische Superkraft von Licht. Dabei sprechen wir natürlich nicht nur von dem blinkenden Signallicht, das jeder von der eigenen Zimmerdecke kennt. Herr Müller, wie genau werden LED-Detektoren und Emitter zur Raucherkennung eingesetzt?

Clemens Müller: Die Gefahrenerkennung mit hochwertigen optoelektronischen Rauchmeldern funktioniert extrem zuverlässig und ist daher mittlerweile eine der gefragtesten Technologien auf diesem Feld. Unser System basiert im Wesentlichen auf einem intelligenten Design der Rauchkammer, innerhalb derer zwei Hauptkomponenten verbaut sind: ein Fotodetektor und ein LED-Emitter. Der LED-Emitter sendet ein permanentes Lichtsignal aus. Der Detektor ist so platziert, dass im Regelzustand weder das Signal des Emitters noch sonstiges Umgebungslicht auf ihn fällt. Wenn aber Rauchpartikel in die Rauchkammer gelangen, bricht sich das Licht des LED-Emitters an ihnen, wird gestreut und in das Sichtfeld des Detektors abgelenkt. Sobald dieser das gestreute Licht empfängt, schlägt das System Alarm.

Welche Eigenschaften müssen die optischen Komponenten eines Rauchmelders haben, um verlässlich zu funktionieren?

Um das Risiko zu minimieren, dass Licht direkt auf den Empfänger trifft, muss der LED-Emitter einen engen Abstrahlwinkel besitzen. Eine direkte Erkennung könnte einen falschen Rauchalarm auslösen und außerdem die Empfindlichkeit des Geräts verringern. Die kleinwinklig abstrahlenden LEDs sollten darüber hinaus sowohl in infraroten als auch in blauen – also sichtbaren – Wellenlängen erhältlich sein. Die mehrparameterfähige Auswertung anhand einer zusätzlichen Wellenlänge ist nicht nur sicherer, sondern ermöglicht dem System auch, verschiedene Arten von Rauch zu identifizieren.

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Wenn Rauchpartikel in die Rauchkammer gelangen, bricht sich das Licht des LED-Emitters an ihnen, wird gestreut und in das Sichtfeld des Detektors abgelenkt. Sobald dieser das gestreute Licht empfängt, schlägt das System Alarm.
Wenn Rauchpartikel in die Rauchkammer gelangen, bricht sich das Licht des LED-Emitters an ihnen, wird gestreut und in das Sichtfeld des Detektors abgelenkt. Sobald dieser das gestreute Licht empfängt, schlägt das System Alarm.
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Der Detektor indes sollte einen breiten Empfangswinkel besitzen, um im Ernstfall möglichst viel Streulicht auffangen zu können. Das erhöht die Empfindlichkeit des Rauchmelders, sodass bereits geringe Rauchkonzentrationen in der Atmosphäre den Alarm auslösen. Bei einem Brand kann diese frühzeitige Erkennung entscheidend sein.

Die verwendeten Komponenten sollten zudem auf minimalen Energieverbrauch bei gleichzeitig gutem Signal-Störabstand optimiert sein. Das verlängert die Betriebszeit und verringert den Wartungsaufwand – besonders bei batteriebetriebenen Rauchmeldern sind dies wichtige Kriterien.

Nun sehen Rauchmelder alle mehr oder weniger gleich aus und funktionieren in großen Teilen auch gleich – und doch gibt es enorme preisliche Unterschiede. Woran liegt das?

Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Zum einen sorgt die steigende Anzahl an Regulierungen für qualitative und entsprechende preisliche Unterschiede. Kombinierte Daten aus den USA, Europa und anderen Ländern aus dem Jahr 2016 zeigen, dass fast zehn Prozent aller ausgelösten Feueralarme Fehlalarme sind, von denen wiederum ca. 80 Prozent unbeabsichtigt oder aufgrund einer Fehlfunktion des Systems ausgelöst wurden. Das hat die Regulierungsbehörden veranlasst, die Vorschriften für Brandmelder so zu erweitern, dass die Alarmauslösung auf mehreren verschiedenen Parametern beruht, die parallel ausgewertet werden.

Der Mehrkanal-Spektralsensor AS7343 von ams Osram ermöglicht eine genaue Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten der Verunreinigungen in der Umgebungsluft.
Der Mehrkanal-Spektralsensor AS7343 von ams Osram ermöglicht eine genaue Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten der Verunreinigungen in der Umgebungsluft.
© ams Osram

Weltweit geltende Normen für Brandmeldeanlagen und Rauchmelder, aber auch nationale und regionale Normen stellen zusätzliche Anforderungen. Komponenten sowie Melder, die alle Regularien vollständig erfüllen, sind aufwendiger herzustellen und dadurch teurer als solche, die nur die absoluten Mindestanforderungen erfüllen. Herkömmliche Rauchmelder können nicht nur durch Rauch, sondern auch durch Dampf, Staub und den Ausstoß von Nikotin-Verdampfern ausgelöst werden.

Die Qualität eines Melders lässt sich aber nicht hoch genug schätzen: Einerseits, weil die korrekte Auswertung und Alarmauslösung Leben retten kann und andererseits, weil Fehlalarme beträchtliche Mehrkosten provozieren. Aber auch die Innovationsoffenheit eines Produktes macht in puncto Qualität und Preis einen Unterschied. Fortschrittliche Technologie im Bereich der Spektralmessung und Signalverarbeitung eröffnet den Herstellern von Rauchmeldern Möglichkeiten, wertvolle neue Funktionen, wie zum Beispiel eine Präsenzkontrolle, zu integrieren. Das verschafft ihnen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Standardlösungen, aber die Einführung solcher Innovationen ist eben nicht mit Discounter-Preisen zu decken.

Genauso vielfältig wie das Qualitäts- und Budgetspektrum gestalten sich auch die Einsatzbereiche von Rauchmeldern. Sind die technischen Anforderungen in Privaträumen andere als beispielsweise in der Gastronomie oder in Industrieanlagen?

Ja, die verschiedenen Anforderungsprofile sind spezifisch für die am Einsatzort häufig auftretenden Szenarien. So unterscheiden sich zum Beispiel die Luftqualität sowie häufig präsente Dämpfe, Gase und Staubeinflüsse in Küchen, Wohnbereichen, Tiefgaragen, Produktionsumfeldern und Krankenhäusern deutlich voneinander und müssen bei der Entwicklung der Systeme berücksichtigt werden. Auch die Netzwerkfähigkeit, die Energieversorgung oder der Bedarf an automatisierter Alarmauslösung unterscheiden sich je nach Einsatzbereich und Budget.

ams Osram ist schon seit 50 Jahren aktiver und treibender Teilnehmer am Rauchmelder-Markt und hat so manchen bleibenden Trend beeinflusst. Was sind die neusten Innovationen auf Komponenten-Ebene?

Wir gehören zu den Pionieren der SMD-LED-Technologie, die aktuell eine gefragte Alternative zu klassischen radialen Emittern und Detektoren darstellt und unseren Kunden den nächsten Entwicklungsschritt im Rauchmelder-Markt eröffnet. Dabei setzen wir weiterhin auf Technologien wie die radiale Produktfamilie mit Abstrahlwinkeln bis zu ±3° Halbwinkel, die optische Parameter bietet, die bisher mit der SMD-Technologie noch nicht erreichbar sind. So bieten wir die volle Auswahl für ein kundenspezifisches Rauchmelder-Design.

Im Bereich der optischen Komponenten in Rauchmeldern kommen neben der bereits genannten Kombination aus Infrarot-LED und Detektor seit gar nicht langer Zeit auch vermehrt eine zusätzliche blaue LED zum Einsatz. Der Vorteil des erweiterten Analysebereichs kommt speziell bei der Erkennung von Fettbränden zum Tragen. Unter dem Stichwort „Burger-Test” wird diese Fähigkeit im aktuellen ANSI/UL-217-2021-Standard-Prüfverfahren gefordert.

Ein weiterer Trend aus dem Bereich Beleuchtung ist der, dass Systeme mittlerweile neben dem rein akustischen Signal auch auf Warnlichter setzten. Hierzu werden in den Rauchmeldern zusätzliche High Power sichtbare LEDs verbaut, die im Gefahrenfall den Anwender auf einer weiteren Sinnesebene warnt. Die geforderte mehrparameterfähige Auswertung stellt Hersteller außerdem vor Herausforderungen bei der Integration der verschiedenen Emitter und Detektoren. Diese müssen schließlich synchron angesteuert bzw. akkurat ausgelesen und in einem Mikrocontroller bearbeitet werden. Eine neue Option von ams Osram verspricht eine deutlich verbesserte Leistung in einem hochintegrierten analogen Frontend. Durch den Einsatz dieses Frontends können Hersteller von Rauchmeldern ihr Design vereinfachen, die Anzahl der Komponenten reduzieren und die Stücklisten- und Montagekosten senken. Gleichzeitig bietet es maximale Flexibilität für die Unterstützung aktueller Regularien und deren Erweiterungen.

Welche Trends sorgen auf Anwenderseite für echten Mehrwert?

Wie bei allen sicherheitsrelevanten Lösungen ist die Zuverlässigkeit eines Rauchmelders das A und O für das Vertrauen der Nutzer. Brände schnell erkennen, zuverlässig Alarm schlagen und keine Fehlalarme auslösen: darauf kommt es an. Darüber hinaus gibt es aber tatsächlich Trends, die zusätzliche Vorteile versprechen. Neueste Mehrkanal-Spektralsensoren, wie der AS7343 aus unserem Portfolio, ermöglichen eine genaue Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten von Rauch, Dampf, Staub und anderen Verunreinigungen der Umgebungsluft. Das Meldesystem wird dafür auf die im gewählten Einsatzumfeld normalen, also erwartbaren, Umgebungsbedingungen adaptiert. Jede Verunreinigung der Umgebungsluft hat ihre eigene, ganz spezielle spektrale Signatur, die vom AS7343 mit seinen bis zu 14 Spektralkanälen im Bereich von 400-850 nm sicher erkannt und gegebenenfalls als Alarmfilter oder -trigger hinterlegt werden kann.

Häufig präsente Dämpfe, Gase und Staubeinflüsse müssen bei der Entwicklung berücksichtigt werden, um Fehlalarme zu vermeiden.
Häufig präsente Dämpfe, Gase und Staubeinflüsse müssen bei der Entwicklung berücksichtigt werden, um Fehlalarme zu vermeiden.
© ams Osram

Hersteller entdecken mehr und mehr den Wert einer intelligenten Raucherkennung, die verschiedene Brandherde und Brandszenarien von anderen Störgrößen sicher unterscheiden kann. Zum einen wird durch diese Fähigkeit die Häufigkeit von Fehlalarmen deutlich reduziert. Ist ein Rauchmelder in der Lage, Brandherde wie Holz, Kunststoff und Öl genau zu erkennen, kann dies auch die Notfalleinsätze effektiver gestalten: Feuerwehrleute haben dank solcher Informationen die Möglichkeit, mit der entsprechenden Lösch- und Sicherheitsausrüstung am Einsatzort zu erscheinen.

Darüber hinaus gibt es auch Bestrebungen, die Alarmierung durch den Melder mit einer dynamischen Fluchtwegsignalisierung zu kombinieren. So geraten im Fall des Falles zu evakuierende Personen nicht in Situationen, in denen ihr Fluchtweg z.B. durch neue Brandherde plötzlich blockiert ist.

Um also ihre vorangegangene Formulierung noch einmal aufzunehmen: Ja, sie sehen von außen alle relativ gleich aus und werden es wohl auch in 50 Jahren noch tun. Im Inneren der kleinen Lebensretter spielt sich jedoch eine Menge Musik ab und das Innovationspotenzial für zukünftige, sicherheitserhöhende Funktionen ist immens.


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