19. Januar 2023, 14:11 Uhr |
Von Richard Eden, Senior Principal Analyst, Callum Middleton, Senior Analyst, und Paul Pickering, Practice Leader, alle bei Omdia
Unter den Halbleitermaterialien mit breitem Bandabstand werden Siliziumkarbid-Dioden (SiC) seit mehr als zehn Jahren verwendet, vor allem in Schaltungen zur Leistungsfaktorkorrektur (PFC) in Stromversorgungseinheiten. SiC-MOSFETs/JFETs sind neuere Bauelemente, die bereits in verschiedenen Anwendungen wie dem Automobilsektor (insbesondere in Hybrid- und Elektrofahrzeugen), unterbrechungsfreien Stromversorgungssystemen und anderen industriellen Anwendungen, die einen robusten Betrieb bei hohen Temperaturen erfordern, eingesetzt werden.
Vor etwa sechs oder sieben Jahren tauchten sie erstmals in Onboard-Ladesystemen und Gleichspannungswandlern auf. Seit 2017 werden SiC-MOSFETs jedoch in den Hauptumrichtern des Tesla Model 3 eingesetzt. Seitdem wurde SiC auch in den Hauptwechselrichtern mehrerer anderer Elektrofahrzeuge eingesetzt und ist nun das Leistungshalbleitermaterial der Wahl bei den meisten neuen Fahrzeugwechselrichterprojekten.
Ähnlich, wenn auch zeitlich im Vergleich zu SiC um einige Jahre versetzt, verläuft die Entwicklung des Marktes für Galliumnitrid-Leistungstransistoren (GaN). Sie kommen inzwischen zunehmend in Netzteilen für Server und Spielekonsolen sowie in Netzteilen und Ladegeräten zum Einsatz. Neue Anbieter sind auf den Markt für GaN-Leistungshalbleiter vorgedrungen, wie Nexperia, Power Integrations, Tagore Technology und Vishay Intertechnology.
Herausforderungen in der Lieferkette
Zu den jüngsten Engpässen bei diskreten Leistungshalbleitern kam es, weil die Nachfrage schlicht die Fabrikkapazitäten überstieg. Durch die geringeren Liefervolumina während der Covid-Pandemie war es den Anbietern möglich, ihre Produktionskapazitäten an die Nachfrage anzupassen, sodass das Angebot an Si-Wafern nun größtenteils mit der Nachfrage gleichgezogen hat. Viele Anbieter von Leistungshalbleitern haben ihre Produktionskapazitäten im letzten Jahr erhöht, aber die Nachfrage lässt nun nach, sodass sich die Engpässe verringern.
Parallel dazu verlangsamte die Verknappung von SiC-Wafern mit einem Durchmesser von 150 mm im Jahr 2019 die Lieferungen und ließ die durchschnittlichen Verkaufspreise für diskrete SiC-Bauelemente steigen. Mehrere der größeren Anbieter von 150-mm-SiC-Wafern haben jedoch Pläne zur Erweiterung der Produktionskapazitäten angekündigt, sodass die Verfügbarkeit sowohl von Wafern als auch von Bauelementen steigt.
Darüber hinaus hat Wolfspeed bereits 2022 mit der Produktion von 200-mm-SiC-Wafern für den internen Gebrauch begonnen, sodass die Kapazitäten für Kunden bald verfügbar sein dürften. Viele andere SiC-Wafer-Lieferanten haben Pläne, in Zukunft die Produktion von 200-Millimeter-SiC-Wafern aufzunehmen. Die Aussichten für die Lieferkette im Jahr 2023 sehen gut aus, aber das künftige Angebot an SiC-Wafern sieht langfristig etwas besorgniserregend aus, wenn die Nachfrage weiter steigt.
Weitere Marktkonsolidierung durch Fusionen und Übernahmen
Auch 2022 hat sich der Trend, dass größere Halbleiterunternehmen kleinere Unternehmen aufkaufen, fortgesetzt. Zu den Beispielen aus dem Jahr 2022 gehören die nachfolgenden Transaktionen, von denen jedoch viele Mitte Dezember 2022 noch nicht abgeschlossen waren:
AMD schloss seine Übernahme von Xilinx in einem der größten Halbleiter-Deals der Geschichte ab.
Die Intel Corporation kaufte Tower Semiconductor, eine führende Foundry für analoge Halbleiter.
Das südkoreanische GaN-Epi-Wafer-Startup IVWorks erwirbt das GaN-Wafer-Geschäft von Saint-Gobain, einem französischen Unternehmen, das Materialien entwickelt, herstellt und vertreibt.
Der GaN-Waferherstellungsbetrieb von onsemi in Oudenaarde (Belgien) wurde von BelGaN übernommen.
Die SK Group erwarb eine Mehrheitsbeteiligung an dem SiC-Waferhersteller Yes Power Technix (Korea), um ihre Beteiligung an dem SiC-Waferhersteller SK Siltron zu ergänzen.
Navitas Semiconductor erwarb den SiC-Spezialisten GeneSiC Semiconductor und wurde damit zum einzigen reinen Leistungshalbleiterunternehmen der nächsten Generation mit breiter Bandlücke (WBG).
Vishay Intertechnology kaufte den fabriklosen Halbleiteranbieter MaxPower Semiconductor.
Was erwartet uns im Jahr 2023?
Es ist leicht vorhersehbar, dass die Fusionen von Halbleiterunternehmen in Zukunft weitergehen werden. Trotz besorgniserregender makroökonomischer Indikatoren und der russischen Invasion in der Ukraine ist der Appetit auf Fusionen und Übernahmen ungebrochen. In den letzten Wochen gab es Absichtserklärungen, dass Infineon Technologies ständig auf der Suche »nach geeigneten Unternehmen ist und eine Kriegskasse von einigen Milliarden Euro« aufgebaut hat. Wachstum sieht das Unternehmen vor allem in den Bereichen Elektromobilität, autonomes Fahren, erneuerbare Energien, Rechenzentren und Internet der Dinge (IoT).
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die führende europäische Halbleiter-Foundry X-Fab ihren Fokus vom Verbrauchergeschäft auf den Automobil-, Industrie- und Medizinmarkt verlagert. Trotz Chipknappheit und des erwarteten Marktabschwungs ist die Nachfrage so groß, dass die vorhandenen Kapazitäten für die nächsten drei Jahre ausverkauft sind. Das Unternehmen verfügt über sechs Halbleiterfabriken in der ganzen Welt und hat angekündigt, dass es weitere kaufen möchte.