Dr. Arne Albertsen, Senior Sales Manager, Jianghai Europe Electronic Components
Wir haben ein Beispiel für passive Integration, bei dem nicht (nur) die Miniaturisierung im Fokus steht, sondern die energieeffiziente und EMV-freundliche Umwandlung von elektrischer Energie mit Anwendungsbeispielen aus der Leistungselektronik (etwa für Ladegeräte und Fahrzeugantriebe).
Es handelt sich dabei um kundenspezifische Folienkondensator-Module: Die Module vereinen z. B. Stromschiene, Zwischenkreiskondensator, X- und Y-Kondensatoren sowie Thermoelemente in einem kompakten Gehäuse, und sie sind verlustarm und niederinduktiv direkt an Stromquelle und Leistungshalbleiter angeschlossen.
Die Module werden maßgeschneidert für die jeweilige Applikation und bieten neben der Platzersparnis und der leichteren Montage eine überlegene elektrische Spezifikation im Vergleich zur diskreten Lösung.
Olaf Lüthje, Senior Vice President Marketing Operations, Vishay
Im Bereich der Netzwerke und Arrays mit speziellen Anforderungen an enge technische Parameter und technischen Gleichlauf (Matching) sehen wir eine Steigerung der Anforderungen und Bedarfe im Rahmen der steigenden Energieeffizienzanforderungen in den entsprechenden Applikationen. Mit dem Einsatz von WBG-Halbleitern (Wide-Bandgap-Halbleiter: GaN und SiC) und damit verbunden dem Anstieg der Arbeitsfrequenzen und erhöhter Packungsdichte ist eine Integration von passiven Bauteilen erforderlich.
Auch eine Vollintegration ist machbar und wird derzeit auch in Interposern, FPGAs und Leistungshalbleitermodulen auf verschiedenste Art und Weise realisiert. Auch der HF-Bereich verlang mit steigenden Frequenzen nach einer Integration.
Aufgrund der breiten Bedarfe an den diversen passiven Bauelementen in ihren mannigfaltigen Bauformen und technischen Spezifikationen sind die genannten Halbleiterfertigungsverfahren lediglich eine kleiner Teilbereich, der im Bereich der Standardbauelemente in Form von passiver Integration seit etlichen Jahren nur als Spezialgebiet seine Anwendung findet. Eine Änderung sehen wir hier weiterhin nicht. Es ist durchaus realistisch, dass für spezielle Anforderungen, z. B. hochkapazitive Filterkondensatoren, Gate-Widerstände oder Snubber im Rahmen der Integration, diesen Technologien ein erhöhter Stellenwert zukommt.
Auch für die kommenden Jahre erwarten wir ein starkes Wachstum für die diskreten passiven Bauelemente, sowohl im Bereich der Standardbauelemente, aber noch stärker im Bereich der Spezial- und kundenspezifischen Bauelemente. Der bereite Bedarf in den schnell wachsenden Anwendungen wie Elektrofahrzeuge, IoT/Industry 4.0, erneuerbare Energien und Energiemanagement und die sich daraus ergebende Notwendigkeit zu hoher Flexibilität bei steigender Performanz wird Einzelbauelemente auch in der Zukunft den größten Teil der Anwendungen hervorragend abdecken lassen.
Alexander Gerfer, CTO Würth Elektronik eiSos
Seit vielen Jahren wird an der Integration einfacher passiver Bauelemente wie Widerständen, Kondensatoren und Induktivitäten in Halbleiterstrukturen geforscht. Man denke dabei an MiM-Kondensatoren, Spulenstrukturen in den Metallisierungsebenen und Widerständen, deren Wert sich durch die Dotierung des Halbleitermaterials definieren lässt.
Die Integration von Widerständen und Kondensatoren in Halbleiterchips ist etabliert, allerdings bezüglich des Wertebereichs und der Toleranzen eingeschränkt. Diskrete passive Bauelemente bieten eine größere Auswahl und werden aus Gründen der Flexibilität zur Einstellung von Parametern häufig diskret belassen. Bei Induktivitäten beschränkte sich die Integration bislang auf Luftspulen mit sehr eingeschränkten Leistungsdaten.
In Zusammenarbeit mit Partnern aus der Halbleiterfertigung konnte Würth Elektronik eiSos deutliche Fortschritte bei der Integration von Dünnschicht-Induktivitäten und -Transformatoren auf Halbleiterbasis erzielen und zur Marktreife bringen. Mit dieser neuen Technologie lassen sich besonders kleine und flache (etwa 200 µm) Induktivitäten und Transformatoren herstellen, die sich als ungehäuste Chips, auch »Bare Dies« genannt, mit etablierten Kontaktierungsverfahren wie Bonding oder Flip-Chip in sehr kompakter Weise in Module und SiPs (System-in-Package) integrieren lassen (Beispiel: Mikrotrafo). Ein weiterer Vorteil ist, dass man auf Wafern auch Bänke oder Arrays von miteinander verschalteten induktiven Komponenten, sogar mit unterschiedlichen Werten, realisieren kann. Diese Technologie eröffnet völlig neue Integrationskonzepte im Bereich getakteter Spannungsversorgungen und der Signalverarbeitung.
Bei der Integration in Module werden typischerweise diskrete passive Bauelemente eingesetzt und auf ein Substrat aufgelötet. Allerdings spielt beim Einsatz von passiven Bauelementen in Modulen häufig die Baugröße eine entscheidende Rolle. Ein gutes Beispiel sind hier unsere Stromversorgungsmodule aus der MagI3C-Familie, die sehr kompakt gebaut und daher auf passive Bauelemente angewiesen sind, die ebenfalls kleine Abmessungen aufweisen, wie unsere SMT-Speicherinduktivität MAPI oder die neuen Mikrotrafos. Module stellen daher einen guten Kompromiss zwischen kompakter Baugröße und optimalem Funktionsumfang dar, was sich auch im Markterfolg niederschlägt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass für Anwendungen mit niedrigen Leistungen halbleiterähnliche Fertigungsprozesse für passive Bauelemente die Miniaturisierung weiter beflügeln und neue Anwendungen ermöglichen, während die klassischen diskreten passiven Bauelemente mit der stets weiter fortschreitenden Elektrifizierung unserer Gesellschaft auch künftig unverzichtbar bleiben werden. Dies wird übrigens auch durch das nach wie vor wachsende Marktvolumen der passiven Bauelemente bestätigt.