Einer der Treiber: Green Energy

»Für uns stehen Expertise und Qualität an erster Stelle«

24. März 2025, 16:30 Uhr | Engelbert Hopf
Dr. Helko Meuche und Jan Wanior (v.l.n.r.) rechnen nicht mit negativen Auswirkungen von Trumps Zollpolitik auf die Lieferkette von Weichferriten nach Europa, sie sehen aber mögliche Risiken auf der Nachfrageseite.
© MB Electronic

Jan Wanior, Leiter Vertrieb und Marketing bei MB Electronic, und Dr. Helko Meuche, Vertriebsleiter Magnetics, können sich über ein deutliches Umsatzwachstum in den letzten Jahren freuen. Einer der Treiber: Green Energy.

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Zwar sehen sie keine Auswirkungen von US-Präsident Trumps Zollpolitik auf die Lieferkette nach Europa, aber Risiken auf der Nachfrageseite.

Markt&Technik: Sie vertreiben als MB Electronic Kühltechnik, Widerstände und Kerne. Wie hoch ist derzeit der Anteil der Weichferrite am Umsatz?

Jan Wanior: Unser Umsatzanteil mit weichmagnetischen Materialen beträgt etwa 50 Prozent. Weichmagnetische Materialien sind aber nicht nur Ferritkerne, sondern auch Pulverkerne wie Alloy oder Eisen und amorphe sowie nanokristalline Bandkerne.

Die Branche nutzt diese Begriffe. Leider werden weder in Messekatalogen noch in der Presse diese Begriffe oder die vollständige Materialpalette abgedeckt. Ferritkerne, hier die weichmagnetischen Ferrite, sind mit am bekanntesten und haben dadurch mehr Aufmerksamkeit erlangt.

Hat sich der Anteil der weichmagnetischen Materialien über die Jahre verändert?

Dr. Meuche: Nein, der Anteil der weichmagnetischen Materialien am Gesamtgeschäft der MB ist stabil und gemeinsam mit den anderen Geschäftsfeldern in den letzten Jahren solide gewachsen. Wir sind insgesamt in den letzten drei Jahren gewachsen, mit einer Verdopplung von 2021 auf 2023 und einem Rückschritt um etwa 25 Prozent im letzten Jahr. In Summe ergibt sich daraus über die letzten drei Jahre ein Wachstum von 50 Prozent, das sich über alle Produktbereiche erstreckt.

Weichferrite lassen sich auf die unterschiedlichsten Arten einsetzen. In welche Richtung geht die Mehrheit Ihrer Anfragen: Drosseln, Transformatoren oder EMV-Bauteile?

Wanior: Pulverkerne werden überwiegend in Drosseln eingesetzt, geringfügig auch bei EMV-Anwendungen. Weichferrite ohne Luftspalt kommen in Trafos und EMV-Anwendungen zum Einsatz, mit eingeschliffenem Luftspalt können sie aber auch für Drosseln verwendet werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in den letzten Jahren auf Anwendungen im induktiven Laden, beispielsweise für Flurförderfahrzeuge. Bei amorphen oder nanokristallinen Kernen ist der Einsatz vergleichbar mit dem weichmagnetischer Ferrite mit Schwerpunkt stromkompensierte Drosseln.

Wenn Sie die Anwendungsbereiche Ihrer Kunden betrachten, was sind die Haupteinsatzgebiete der von Ihnen gelieferten Weichferrit-Lösungen: Automotive, Industrie, Energie?

Dr. Meuche: Bisher war das Haupteinsatzgebiet unserer Produkte eher industrielle Stromversorgungen für die Bereiche Maschinenbau, Automatisierungs- oder Medizintechnik. In den letzten fünf Jahren ist besonders der Bereich Green Energy gewachsen. Hier sind vor allem Applikationen wie Solarwechselrichter, DC-Schnellladesäulen oder die Hochvolt-Gleichspannungsübertragung zu nennen. Zusätzlich sehen wir eine starke Nachfrage im Gebiet der Ladesäulen sowie in der Sensorik, wir liefern hier vor allem Schalenkerne für induktive Näherungsschalter.

Welche Bedeutung hatte die Lieferkette für Weichferrite in den Jahren der Corona-Pandemie?

Wanior: Während der Covid-Pandemie, mit der damit verbundenen temporären Abschottung Chinas, wurden die Lieferketten vor allem 2020/21 belastet. Dennoch waren wir immer lieferfähig. Über unser Lager konnten wir Schwankungen weitgehend abpuffern. Während der darauffolgenden Allokation in den Jahren 2022 und 2023 waren die weichmagnetischen Materialien nicht betroffen. Der Großteil dieser Produkte wird in Asien mit Schwerpunkt China produziert. Geringe Fertigungskapazitäten sind für Ferrite noch in Europa und Amerika vorhanden. In den Medien finden Diskussionen zur Liefersicherheit überwiegend bezüglich Halbleiter statt. Jedoch sind für die Leistungselektronik die weichmagnetischen Bauteile genauso unverzichtbar.

Ihre Lieferanten in puncto Weichferrite sind Micrometals und DMEGC. Warum haben Sie sich für diese Lieferanten entschieden?

Dr. Meuche: Wir sind schon über Jahrzehnte für die Alloy-Kerne einer der wichtigsten Vertriebspartner von Micrometals. Dies zeigt, wie wichtig es ist, in diesem Geschäft sichere und langfristige Partner zu haben. Daher arbeiten wir in diesem Bereich überwiegend mit den Marktführen zusammen. Für uns stehen Expertise und Qualität an erster Stelle. Auch die Partnerschaft mit DMEGC hat sich über fast zehn Jahre solide entwickelt. DMEGC ist global einer der beiden größten Ferrithersteller. Dort beziehen wir ebenfalls die nanokristallinen Kerne.

Welchen Leistungsbereich decken Sie in puncto Weichferrit-Lösungen ab?

Wanior: Unsere Kerne werden in Stromversorgungen von wenigen Watt, in DC-Ladesäulen und Solarwechselrichtern im KW-Bereich, aber auch in der Hochvolt-Gleichspannungsübertragung bei einigen GW eingesetzt. Hier sind alle Leistungsklassen vertreten.

Welches sind aus Ihrer Erfahrung bei der Suche nach der passenden Lösung für die Applikation des Kunden die größten Knackpunkte?

Dr. Meuche: Bisher basierte die Produktauswahl überwiegend auf der Erfahrung und Empirie der jeweiligen Entwickler. Dazu ist ein grundlegendes Verständnis der weichmagnetischen Materialien zwingend erforderlich. In den letzten Jahren wird diese Erfahrung zunehmend auch von Designtools unterstützt. Diese Tools erleichtern die Kernauswahl, aber ohne den Aufbau von Prototypen geht es noch immer nicht. Mittlerweile laufen auch hier die ersten Ansätze, KI-basierte Designs zu entwickeln.

Sie selbst benennen ja nur die Weichferrite – vielen Kunden geht es ähnlich. Pulverkerne sind zwar bekannt, die Auslegung unterscheidet sich gravierend von Ferritkernen. Aus diesem Grund herrscht große Verunsicherung. Entwickler gehen häufig den einfachen Weg und nutzen das Altbekannte, und das ist in diesem Fall Ferrit. Darüber hinaus stiftet die extrem breite Auswahl an Materialien innerhalb der Produktgruppen zusätzlich Verwirrung. Manche Anwender sehen buchstäblich vor lauter Bäumen den Wald nicht. Herr Wanior und ich arbeiten beide bereits seit über 25 Jahren mit diesen Materialien, und wir versuchen, unseren Kunden Orientierung und grundlegendes Verständnis der weichmagnetischen Materialien zu vermitteln, eigene Designtools und gerade auch das von Micrometals unterstützen uns dabei zusätzlich.

Mit welchen Vorlaufzeiten sollte eine Planung weichmagnetischer Lösungen erfolgen? Haben sich dabei in den letzten Jahren Veränderungen ergeben? Wie lang sind die aktuellen Lieferzeiten für Standardprodukte, hat die sich Lieferzeit in den letzten zwölf Monaten verändert?

Wanior: Von der ersten Idee bis zur Serienlieferung induktiver Bauteile sollte eine Zeit von etwa einem Jahr eingeplant werden. Aktuell beträgt die Regellieferzeit bei unseren weichmagnetischen Produkten etwa 24 Wochen. Sie setzt sich aus der Produktionszeit der Hersteller von vier bis acht Wochen und der Transportzeit zusammen. Derzeit ist die Produktionszeit bei unseren Herstellern stabil, jedoch verlängern sich die Transportzeiten bei den Seefrachten zum Teil dramatisch. Gerade aus Asien müssen wir derzeit mit etwa 14 Wochen Laufzeit inklusive Zollabfertigung und Nachlauf kalkulieren. Dies hängt im Wesentlichen an der Umfahrung Afrikas als Ausweichroute für den Suezkanal.

Sie heben bei Ihrer Beratungsleistung die Kernauswahl mit hausinternen Berechnungstools hervor – welchen Zusatznutzen können Sie hier gegenüber den Online-Designtools der Hersteller bieten?

Dr. Meuche: In unserer Beratung können wir herstellerübergreifend agieren. Daher ist es unser Anspruch, für den Kunden die technisch und kommerziell optimale Lösung zu finden. Zum Beispiel kann eine PFC-Drossel sowohl mit einem Pulverkern als auch mit einem Ferritkern mit Luftspalt aufgebaut werden. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Hier muss mit dem Kunde das Optimum gefunden werden. Naturgemäß verwenden die Designtools der jeweiligen Hersteller nur die jeweils eigenen Produkte. Hier kommen dann unsere hausinternen Tools zum Einsatz. Sie berücksichtigen alle Materialklassen, ob Pulver-, Ferrit- oder Bandkern der verschiedenen Hersteller.

Geo- und wirtschaftspolitisch hat Trump bereits in den ersten Wochen seiner zweiten Präsidentschaft durch Strafzölle und ähnliches einiges in Bewegung gesetzt. Ist zu befürchten, dass seine Maßnahmen auch Auswirkungen auf die Lieferverfügbarkeit und Preisentwicklung bei Weichferriten haben wird?

Wanior: Mit einem Einfluss auf die Verfügbarkeit und Lieferzeit ist im Moment eher nicht zu rechnen. In welcher Höhe sich Zölle für EU-Importe aus China erhöhen, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden. Da sich die Fertigungen aller wesentlichen Marktteilnehmer in China befinden, wird das wahrscheinlich Einfluss auf die Lieferfähigkeit und die Preise der Produkte selbst in den USA haben. Europa ist daher nicht direkt betroffen. Eventuell ‚profitieren‘ wir sogar. Allerdings sehen wir die Risiken auf der Nachfrageseite, da Herr Trump offensichtlich einen globalen Handelskrieg vom Zaun bricht.

 


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