Einen Kondensator auszuwählen ist ein mehrdimensionaler Prozess. Jeder Kondensatortyp hat spezifische elektrische Eigenschaften und mechanische und wirtschaftliche Aspekte. Wie wichtig diese Faktoren sind, hängt von der Anwendung, den Umgebungsbedingungen und der Funktion der Schaltung ab.
Bei der Auswahl eines zuverlässigen Kondensators für anspruchsvolle Elektronikanwendungen im Automobil müssen zwei Dinge beachtet werden: die Leistungsmerkmale der verschiedenen Technologien und die Betriebsbedingungen der Anwendung. Die Anwendungsumgebung kann das tatsächliche Verhalten in der Schaltung im Vergleich zu den Datenblatt-Spezifikationen erheblich beeinflussen. Dadurch ist sie entscheidend für die Auswahl des leistungsfähigsten und kostengünstigsten Typs.
Zwar sind Kapazität und Spannung in der Regel die wichtigsten Parameter bei der Auswahl von Kondensatoren (Bild), tatsächlich spielen allerdings noch viele andere Eigenschaften eine Rolle. In der Tabelle sind die typischen Werte der Dielektrizitätskonstante (K) und der Durchschlagfestigkeit der vier grundlegenden Kondensatortypen dargestellt. Eine Kombination aus niedrigem K und geringer Durchschlagfestigkeit (wie bei Folienkondensatoren) führt zu einer geringen Volumeneffizienz. Die daraus resultierende relativ große Bauweise solcher Folienkondensatoren kann jedoch akzeptabel sein, da sie extrem geringe Verluste und stabile elektrische Eigenschaften zu niedrigen Kosten bieten.
Der äquivalente Serienwiderstand (ESR) ist der Realteil der Impedanz (Z) eines Kondensators und stellt die Verluste dar in einem Ersatzschaltbild eines realen Kondensators. Er ist abhängig von der Temperatur, der Frequenz und der Art des Dielektrikums. Durch den Isolationswiderstand wird der Leckstrom bestimmt, der bei einer angelegten Spannung durch den Kondensator fließt. Dieser Leckstrom ist bei elektrostatischen Kondensatoren (Folien- und Keramikkondensatoren) im Allgemeinen deutlich geringer als bei anderen Kondensatortypen. Abhängig ist er von der Temperatur und der Höhe der angelegten Spannung. Von der Form der Elektroden hängt die äquivalente Serieninduktivität ab.
In den Gleichungen im Kasten sind die Zusammenhänge zwischen wichtigen Kondensator-Kenngrößen (kapazitiver Blindwiderstand, Verlustfaktor, induktiver Blindwiderstand und Impedanz) dargestellt. Der Isolationswiderstand wird durch einen sehr hohen Widerstandswert modelliert und bei der Berechnung der Gesamtimpedanz (Z) vernachlässigt.
Wichtig ist die Impedanz, weil sie ausschlaggebend dafür ist, wie ein Kondensator anliegende Signale beeinflusst. Während der Lade-/Entladezyklen spielt ein niedriger ESR eine entscheidende Rolle für hohe Energieeffizienz, geringe Wärmeverluste und hohe Zuverlässigkeit. Der kapazitive Blindwiderstand (XC) und der induktive Blindwiderstand (XL) sind Maße für die Energiespeicherfähigkeit und das vom Kondensator verursachte induktive Feld. Man beachte, dass bei der Resonanzfrequenz des Kondensators XC und XL gleich sind. Das zu wissen ist wichtig, wenn man einen Entkopplungskondensator sucht, der dazu dient, Wechselspannungskomponenten bzw. Störsignale aus einem Gleichspannungssignal zu entfernen. Um Wechselspannungskomponenten effizient aus einer DC-Stromschiene zu entfernen, sollte man einen Kondensator mit einer Resonanzfrequenz in der Nähe der Frequenz des unerwünschten Störsignals wählen, um eine minimale Impedanz und eine bestmögliche Ableitung nach Masse zu erzielen.
Automobilanwendungen werden in verschiedene Kategorien wie etwa Leistungssteuerung (ECU und Getriebe), Sicherheit und Komfort (beispielsweise Airbags und Klimasteuerung) eingeteilt, was bei der Betrachtung hinsichtlich kritischer Performance, Zuverlässigkeit und Genauigkeit wichtig sein kann. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Platzierung im Fahrzeug und die daraus resultierenden Betriebsbedingungen. Im Motorraum kann das Bauteil mit Wasser, Salzsprühnebel und Kraftstoff bzw. Öl in Berührung kommen und Betriebstemperaturen von +125 °C oder höher und Vibrationen von 15g bis zu 200 Hz ausgesetzt sein.
Diese Betriebsbedingungen unterscheiden sich drastisch von denen im Fahrgastraum. Alternative Kondensatortechnologien wie die Doppelschichtkondensatoren (EDLC) sind aufgrund ihrer begrenzten maximalen Betriebstemperatur (85 °C) auf den Einsatz im Fahrgastraum, beispielsweise Notstromversorgungen für elektronische Türschlösser, beschränkt.
Im Allgemeinen bieten Elektrolytkondensatoren (Tantal, Aluminium und EDLC) eine hohe Kapazität, sind aber polarisiert, während elektrostatische Kondensatoren (Folie und Keramik) nicht polarisiert sind und deshalb häufig sehr niedrige ESR- und Impedanzwerte aufweisen.
Für Fest-Tantal-Kondensatoren wird ein Spannungs-Derating von 50 Prozent und für Polymer- und Wet-Slug-Axialtypen ein Spannungs-Derating von 80 Prozent empfohlen, um maximale Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Um die sehr niedrigen ESR-Werte zu erzielen, die oft für Kondensatoren mit hoher Kapazität benötigt werden, sind Überspannungstests erforderlich. Typische Ausfallraten liegen zwischen 5 FIT (Ausfälle pro Milliarde Stunden) und 15 FIT mit Spannungs-Derating, und ihre elektrischen Eigenschaften sind über Zeit und Temperatur sehr stabil.
Aluminiumkondensatoren zeichnen sich durch eine hohe Kapazität aus; die Temperatur hat jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Bauteileigenschaften, und es gibt verschiedene Produktfamilien für den Betrieb bei 85 °C, 105 °C, 125 °C und 150 °C. Ein Strom-Screening ist nicht erforderlich, da die Lebensdauer der Kondensatoren bei bis zu 10.000 Stunden bei voller Nenntemperatur und vollem Ripple-Strom liegt. Diese Lebensdauer kann durch Derating weiter verlängert werden.
Keramikkondensatoren haben eine hohe Zuverlässigkeit auch ohne Spannungs-Derating, aber der Spannungskoeffizient der Kapazität muss berücksichtigt werden, da sie bis zu 40 Prozent ihrer Kapazität verlieren können, wenn sie bei ihrer Nennspannung betrieben werden. Ihre typische Ausfallrate liegt unter 1 FIT, und einige Produktfamilien vertragen problemlos Umgebungstemperaturen bis 150 °C. Der Ausfallmodus ist Kurzschluss oder Verschlechterung der elektrischen Eigenschaften.
Kunststofffolien-Kondensatoren sind im Allgemeinen für maximal 105 °C (PP) ausgelegt, obwohl bei Verwendung von anderen Dielektrikfolien 125 °C (PET), 150 °C (PEN) oder 160 °C (PPS) erreicht werden können. Ein Spannungs-Derating ist nicht erforderlich, und die typischen Ausfallraten liegen bei etwa 5 FIT, aber das Angebot an SMD-Typen ist begrenzt.
Wie wichtig diese Eigenschaften sind, hängt von der Anwendung ab und den gewünschten Anforderungen in Bezug auf Größe, Kosten und Bestückbarkeit. Sie helfen jedoch bei der Auswahl der optimalen Technologie unter Berücksichtigung der Schaltungsfunktion. Betriebsspannungsglättung erfordert eine hohe Kapazität, einen niedrigen ESR-Wert und eine höhere Temperaturbeständigkeit, weshalb sich Tantal-, Aluminium- und einige Keramik-Typen dafür am besten eignen.
Zur Speicherung großer Energiemengen für schnelle Entladung und Impulsanwendungen ist eine hohe Kapazität und ein niedriger ESR erforderlich. Auch in diesen Anwendungen kommen vorzugsweise Tantal- und Aluminium-Kondensatoren – und gewisse Kunststofffolien-Kondensatoren – zum Einsatz.
Tuning- und Timing-Schaltungen erfordern eine hochstabile Kapazität über Temperatur-, Frequenz- und Temperaturschwankungen hinweg. Für diesen Anwendungsbereich sind Klasse-I-Keramik- und Kunststofffolien-Kondensatoren meistens die beste Wahl. Entkopplungs- und Bypassfunktionen erfordern einen möglichst niedrigen ESR und einen günstigen Impedanzverlauf. Hier bieten sich Keramik-, Kunststofffolien- und speziell für solche Anwendungen optimierte Tantal-Polymer-Typen an. Für die EMI/RFI-Filterung für die Sicherheitsklassen X/Y ist eine hohe Spannungs- und Impulsfestigkeit notwendig; aus diesem Grund kommen hierfür ausschließlich Folien- und Keramikkondensatoren zum Einsatz.
Wichtige Zusammenhänge
Kapazitiver Blindwiderstand: Xc = 1/(2 π f C)
Verlustfaktor: DF = ESR/XC = 2 π f C × ESR
Induktiver Blindwiderstand: XL = 2 π f L
Impedanz: Z=√(ESR)2 + (XL – XC)2