Kompakt, selbstschirmend und verlustarm

Speicherinduktivitäten für energieeffiziente Anwendungen

29. April 2025, 8:00 Uhr | Von Theo Ritzmann und Gerhard Stelzer
Für ein verbessertes EMV-Verhalten sorgen eine selbstschirmende Wicklung und Kernkonstruktion.
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Eine kompakte, neu entwickelte Baureihe von Induktivitäten vereint dank geschickter Materialauswahl und Fertigungstechnologie die bestmögliche Leistungsdichte und Stromtragfähigkeit bei geringen Eigenverlusten.

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Die Online-Design-Plattform Redexpert unterstützt mit realitätsnahen Simulationen und bei der Auswahl. 

Energieeffiziente Geräte sind wichtige Bausteine, um Ressourcen zu sparen und die Umwelt zu schonen. Je effizienter die Elektronik ist, umso länger ist bei mobilen Geräten die Batterielebensdauer und in großen Industrie- und Serveranlagen mit tausenden von Verbrauchern reduziert sich spürbar der Energiebedarf.

Maßgeblich wird die Basis für energieeffiziente Geräte auch durch das Netzteil beeinflusst. Waren früher noch Linearregler die meistverwendeten Spannungsregler, so sind in modernen Leistungselektronikschaltungen überwiegend Schaltnetzteile zu finden. Seinen Teil dazu beigetragen hat die kontinuierliche Verringerung der Prozessorspannungen. Vor wenigen Jahren waren noch Schaltfrequenzen bis 300 kHz sehr verbreitet, doch heute sind moderne Schaltregler auf Basis von GaN- und SiC-Transistoren meist mit Frequenzen im MHz-Bereich getaktet. Neben den Schaltverlusten einerseits stellen aber vor allem auch die Verluste der Speicherdrossel in diesem hohen Frequenzbereich auf der anderen Seite einen wichtigen Aspekt im Entwurf von Schaltnetzteilen dar [1].

Steigender Energiebedarf

Neben der Energieeffizienz spielt auch ein steigender Energiebedarf eine zunehmend wichtigere Rolle. Verbraucher werden immer leistungsfähiger, benötigen im Umkehrschluss aber auch immer leistungsfähigere Spannungsversorgungen. Dies bedeutet, dass Schaltnetzteile immer höhere Ströme liefern und infolgedessen auch die Leistungsinduktivitäten eine deutlich größere Stromtragfähigkeit aufweisen müssen. Erschwert wird das Erreichen dieser Leistungsfähigkeit durch den zusätzlichen Trend der Miniaturisierung. Schaltnetzteile müssen immer kleiner und kompakter werden, aber dennoch bei geschrumpftem Volumen die gleiche oder sogar eine höhere Leistung liefern. Fazit: Die Anforderungen an die Leistungsdichte der Induktivität werden im größer.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird kontinuierlich an neuen Materialmischungen aus der Gruppe der Eisenlegierungen geforscht, um die Kernmaterialverluste für Hochstrom-Speicherdrosseln weiter zu reduzieren. Darauf basierend wurde die neue Serie WE-MXGI entwickelt, die durch geschickte Materialauswahl und Fertigungstechnologie die bestmögliche Leistungsdichte und Stromtragfähigkeit bei geringstem RDC und minimalen Eigenverlusten vereint.

Unterstützt wird der Stromversorgungsentwickler dabei durch die Online-Design-Plattform Redexpert [2], mit der sich die Gleich- und Wechselstromverluste von Speicherdrosseln in einer bis dato nicht verfügbaren Genauigkeit bestimmen lassen. Dies geschieht durch ein messtechnisch gestütztes Verfahren, das die Berechnung von Kernverlusten erheblich genauer zulässt, als dies mit den Steinmetzformeln möglich wäre.

Besondere Konstruktion mit selbstschirmender Wirkung

 

Speicherdrossel WE-MXGI im Überblick

Die Speicherdrossel WE-MXGI ist die neueste und innovativste Spulenserie von Würth Elektronik. Bei herkömmlichen Ferritdrosseln wird meist der Kupferlackdraht um den Kern gewickelt und an das Terminal gelötet oder geschweißt. Anschließend finden die Montage des äußeren Schirmrings sowie die Verklebung mit dem inneren Kern und der Wicklung statt. Dagegen gehört die WE-MXGI zur Gruppe der verpressten Speicherinduktivitäten. Das Kernpulver besteht aus einer innovativen Eisenlegierung, das im Gegensatz zu einer Ferritdrossel um die Wicklung herum gepresst ist. Dies verleiht der WE-MXGI hohe Induktivitätswerte bei kleiner Bauform. Durch die besondere Konstruktion des Kerns entsteht zugleich eine selbstschirmende Wirkung.

Über einen großen Temperaturbereich hinweg ist das Kernmaterial selbst temperaturstabil, ohne Anzeichen von thermischer Alterung sowie mit weichem Sättigungsverhalten und geringer Drift der Sättigung ausgestattet. Außerdem hat es eine hohe Spannungsfestigkeit, was die Spezifikation einer Arbeitsspannung von 80 V ermöglicht. Eine Erklärung, wie Würth Elektronik die Arbeitsspannung definiert, ist in der App Note ANP126 [3] beschrieben. Um den Kern resistent gegen Umwelteinflüsse und Rostbildung zu machen, wird auf die Oberfläche zusätzlich eine Schutzschicht aufgebracht.

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Bild 1. Das Direktkontaktverfahren der WE-MXGI ermöglicht niedrige RDC-Werte.
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Ein Großteil der im Markt verbreiteten verpressten Induktivitäten enthält noch einen Clip, an den die Wicklung geschweißt ist. Bei der WE-MXGI hingegen erfolgt die Kontaktierung der Wicklung mit einem Direktkontaktverfahren ohne Löt- und Schweißvorgänge direkt an den Anschlusspads des Bauteils. Durch die Einsparung eines Clips wird der Raum innerhalb des Kernmaterials optimal genutzt. So kann der Spulendurchmesser vergrößert und ein dickerer Kupferdraht verwendet werden. Dies drückt sich in einem deutlich reduzierten Gleichstromwiderstand (RDC) der Wicklung aus (Bild 1).

Bild 2
Bild 2. Übersicht über die verfügbaren Bauformen und Auszug aus den mittlerweile 27 Produkten der Speicherdrossel WE-MXGI, die weiter ausgebaut werden.
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In der Anwendung wird in der Regel der Start der Wicklung der Spule mit dem Schaltknoten des Schaltreglers verbunden – das Bauteil trägt dazu eine Markierung. Dadurch verringern sich Kopplungseffekte und Störungen, ausgehend vom Schaltknoten, und werden durch die Wicklung abgeschirmt. Aufgrund der optimierten Drahtgeometrie der WE-MXGI, basierend auf Runddraht, ist diese Schirmwirkung überhaupt erst möglich. Im Markt häufig vertretene Produkte auf Flachdrahtbasis haben diesen Effekt nicht [4]. Die neue WE-MXGI-Serie ist aktuell in den Bauformen 4 x 4 x 2 mm3 und 5 x 5 x 3 mm3 erhältlich und wird kontinuierlich erweitert (Bild 2).

Verluste in Speicherdrosseln

Bei einer Speicherdrossel setzen sich die Verluste aus den Kernmaterialverlusten und aus den Wicklungsverlusten zusammen. In der App Note ANP031 von Würth Elektronik sind die Verlustmechanismen detailliert beschrieben und im Folgenden auszugsweise zusammengefasst. So lassen sich die Wicklungsverluste selbst unterteilen in Gleichstromverluste, maßgeblich beeinflusst durch den Gleichstromwiderstand RDC der Wicklung (siehe nachfolgende Gleichung) und den Wechselstromverlusten RAC der Wicklung, die sich durch den Skin- und Proximity-Effekt ergeben: P = I2 · RDC

Es gibt einige Methoden zur Ermittlung der AC-Verluste der Wicklung – wie etwa die Dowell-, Ferreira- oder Nan/Sullivan-Methode.

Welchen Stellenwert in modernen Schaltreglern die Verluste haben, lässt sich mit einem simplen Aufbau und der Messung der entsprechenden Verluste ermitteln. Als Beispiel kommt ein Tiefsetzsteller mit einer Eingangsspannung von 24 V zum Einsatz. Am Ausgang steht eine Spannung von 6 V bei einem Strom von 8 A zur Verfügung, bei einer Taktfrequenz von 1 MHz. In dem Vergleich in Bild 3 wurde eine Speicherinduktivität mit 2,2 µH der Serie WE-MXGI 5030 vermessen und mit einer bauformgleichen Speicherinduktivität verglichen. Es ist deutlich zu erkennen, dass sowohl die AC-Verluste als auch die DC-Verluste der WE-MXGI niedriger als bei den Wettbewerbsprodukten liegen.

Bild 3
Bild 3. Anteile der AC- und DC-Verluste einer 2,2-µH-Spule (WE-MXGI) bei einem Tiefsetzsteller (Buck Converter) mit 24 V Eingangsspannung, 6 V Ausgangsspannung, 8 A Ausgangsstrom und 1 MHz Taktfrequenz im Vergleich zu einer anderen Spule.
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In Schaltreglern ist die Spule eines der wichtigsten Bauelemente. Deshalb ist die genaue Ermittlung der Verluste und Erwärmung ein kritischer Schritt bei der Auswahl des richtigen Bauelements. Um die Erwärmung vorhersagen zu können, müssen zunächst die AC-Verluste genau ermittelt werden.

Ein Ansatz wären die Steinmetzmodelle, wobei diese vor allem bei sinusförmigen Anregungen und einem Tastverhältnis von 50 Prozent eine akzeptable Annäherung bieten. Genauere Resultate liefert hingegen das Würth-Elektronik-Modell. Um die kompletten AC-Verluste in Induktivitäten präzise ermitteln zu können, umfasst der AC-Verlustrechner in Redexpert ein Modell. Dieses Modell basiert auf den empirischen Daten, die mit einem Echtzeitanwendungsaufbau gewonnen werden. Hierbei findet zunächst eine Unterteilung der Gesamtverluste der Induktivität in Wechselstrom- und Gleichstromverluste statt.

Erfasst werden die empirischen Daten mit einem DC/DC-Wandler. An die Induktivität ist eine pulsierende Spannung angelegt, wobei die Eingangsleistung Pin und die Ausgangsleistung Pout gemessen werden. Auf dieser Basis ergibt sich Ploss = Pin - Pout und die Wechselstromverluste der Spule PAC werden separiert. Dieser Vorgang wird für unterschiedlichste Parametereinstellungen – beispielsweise Schwankungen der magnetischen Aussteuerung, Schaltfrequenz, Rippelstrom und Ähnliches – gemessen, und diese empirischen Daten werden aufgezeichnet. Mithilfe dieser empirischen Daten wird das Modell zur Berechnung der AC-Verluste erstellt: PAC = f(ΔI ,freq, DC, k1, k2)

Bild 4
Bild 4. AC-Verluste bei den Kernmaterialien MnZn und Eisenpulver und einem Tastverhältnis von 33 Prozent nach verschiedenen Steinmetzmodellen, durch Simulation mit Redexpert und real gemessenen Werten.
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Vorteile des Würth Elektronik AC-Verlustmodells

  • Die empirischen Daten basieren auf einem DC/DC-Wandler
  • Genaue Ermittlung der Verluste für jedes gegebene Tastverhältnis
  • Genau über einen weiten Frequenzbereich (10 kHz bis 10 MHz)
  • Berücksichtigt auch kleinste Veränderungen des Kernmaterials und der Wicklungsstruktur
  • Gültig für Bauteile mit mehr als einem verwendeten Material
  • Genaue Ermittlung der Verluste von Bauteilen mit Eisenpulver und Metalllegierungen
  • Gültig für jede beliebige Kernbauform und Windungsstruktur
  • Beinhaltet auch die AC-Wicklungsverluste

Würth Elektronik hat das Modell ausgiebig validiert und mit bestehenden Modellen und gemessenen Daten verglichen. Wechselstromverluste für verschiedene Materialien wie WE-Superflux, Eisenpulver, NiZn, MnZn und Ähnliche wurden über große Tastverhältnis- und Frequenzbereiche gemessen und mit theoretischen Modellen verglichen (Bild 4).

In den Diagrammen sind die mit der Steinmetz-Leistungsgleichung (Pst), Modifizierten Steinmetzgleichung (Pmse) und Generalisierten Steinmetzgleichung (Pgse) ermittelten Kernverluste dargestellt. Mit Redexpert ist der Wechselstromverlust nach Berechnung mit dem AC-Verlustmodell von Würth Elektronik gekennzeichnet. »Real« ist der gemessene AC-Verlust.

Bild 5
Bild 5. Simulation eines DC/DC-Abwärtswandlers in Redexpert mit WE-MXGI-Komponenten.
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WE-MXGI mit Redexpert auswählen

Mit ihrem innovativen Kernmaterial und dem durchdachten Design sind die WE-MXGI-Speicherinduktivitäten auf eine maximale Leistung und Effizienz auf kleinstem Raum ausgelegt und somit perfekt für eine Demonstration des AC-Verlustrechners geeignet. Für energieeffiziente Schaltregler wählt man die passende WE-MXGI-Speicherdrossel am besten mit Redexpert, der Online-Design-Plattform von Würth Elektronik, aus (Bild 5). Hier ist das weltweit genaueste AC-Verlustmodell integriert, welches über weite Wertebereiche für die Parameter Frequenz, Rippelstrom und Tastverhältnis eine sehr hohe Genauigkeit erreicht. Darüber hinaus schlägt Redexpert passende Produkte vor, sobald die erforderlichen Parameter einer Kundenanwendung eingetragen wurden.

Stelzer / Ritzmann
Gerhard Stelzer (links) ist Senior Technical Editor bei Würth Elektronik eiSos.Theo Ritzmann absolvierte sein Bachelorstudium der Elektrotechnik an der Hochschule Heilbronn. Seit 2017 ist er im Produktmanagement bei Würth Elektronik eiSos im Bereich Power Magnetics tätig. Zunächst in der Rolle des Produktmanagers und seit 2022 in der Position des Technical Lead. Zu seinen Kernkompetenzen gehören die Entwicklung und Freigabe von verpressten Induktivitäten. Außerdem beschäftigt er sich aktuell mit der Forschung im Bereich der Metalllegierungswerkstoffe hinsichtlich Betriebsspannung und thermischer Alterung.
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Bei der Auswahl des passenden Produkts unterstützt seit Neuestem auch der Nennstromrechner von Würth Elektronik, der ebenfalls in Redexpert zu finden ist [5]. Dieser beinhaltet ein thermisches Modell jeder Induktivität, ebenfalls basierend auf Messdaten, um anwendungsabhängig den Nennstrom entsprechend den Leiterplattenabmessungen zu bestimmen. Eine Erläuterung des thermischen Verhaltens von Leistungsdrosseln finden Sie in der Application Note ANP096 [6].

Würth Elektronik eiSos auf der PCIM: Halle 6, Stand 322

 

Literatur

[1] Gerfer, A. ; Brahmanpalli, R.; Baier, J.: Ermittlung der idealen Speicherinduktivität für energieeffiziente Anwendungen. Application Note ANP031 von Würth Elektronik: www.we-online.com/ANP031

[2] Online-Design-Plattform REDEXPERT von Würth Elektronik: https://redexpert.we-online.com/redexpert/#/

[3] Frankemölle, A.; Lang, A.: Spannungsspezifikation für verpresste Induktivitäten. Application Note ANP126 von Würth Elektronik: www.we-online.com/ANP126

[4] Bramanpalli, R.: Das Verhalten elektromagnetischer Strahlung von Speicherinduktivitäten in Schaltreglern. Application Note ANP047 von Würth Elektronik: www.we-online.com/ANP047

[5] Blakey, R.: Kundenspezifischer Nennstromrechner. Application Note ANP138 von Würth Elektronik: www.we-online.com/ANP138

[6] Blakey, R., Gerfer, A.: Was bedeuten die Nennstromwerte? Application Note ANP096 von Würth Elektronik: www.we-online.com/ANP096


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