Hoffnung auf Besserung

Passive Bauelemente: KI ist Wachstumsmotor, aber nicht in Europa

27. Januar 2025, 15:00 Uhr | Engelbert Hopf
Branchenbarometer: Viele Unsicherheiten, vage Hoffnungen // Und wieder hat es nicht geklappt. In der Branche hatte man sich Hoffnungen auf einen Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte 2024 gemacht, der aber ausblieb. Wie sehr die Einschätzungen daneben lagen, zeigt ein Vergleich der Stimmungseinschätzung im Herbst 2024 für das erste Halbjahr 2025 mit aktuellen Einschätzungen. An der Stelle des Werts von -0,44 im Herbst steht heute -0,79. Ähnlich sieht es für das zweite Halbjahr 2025 aus. Ging man da im Herbst 2024 noch von einem Stimmungswert der Branche von 1,28 aus, liegt die Einschätzung heute bei 0,71. Immerhin bewegt sich diese Prognose im positiven Bereich. Trifft sie wirklich zu, wäre das eine Premiere, denn der Stimmungswert der Branche bewegt sich inzwischen seit vier Quartalen, also seit dem zweiten Halbjahr 2023, im negativen Bereich. Und da die Zukunft immer besonders hell leuchtet, fallen auch die Einschätzungen für das erste Halbjahr 2026 aus heutiger Sicht wirklich phantastisch aus: Ein Branchenwert von 1,93 würde in etwa der Branchenstimmung im zweiten Halbjahr 2022 entsprechen. Bleibt zu hoffen, dass sich die Prognosen dieses Mal als nachhaltig erweisen! Nationale und internationale Ereignisse der nächsten Tage und Wochen könnten entscheidend für die weitere Entwicklung nicht nur in der Branche der passiven Bauelemente sein.
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Auch 2024 blieb die erhoffte Wende für Anbieter passiver Bauelemente in Deutschland aus. Angesichts des zweiten negativen Wirtschaftswachstums in Folge und weiterhin mieser Investitionsstimmung, richten sich die Hoffnungen einmal mehr auf die Zukunft.

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 2025 soll es besser werden, ab der zweiten Jahreshälfte. 

Wie lange fahren wir noch? Diese berühmte Frage von der Rücksitzbank dürfte jeder kennen, der Kinder hat. Etwas ähnlich verhält es sich längerer Zeit mit der Frage, wann sich die Stimmung, etwa in der Branche der Passiven Bauelemente wieder aufhellen wird? In den letzten zwei Jahren ergaben Umfragen dieser Zeitung unter führenden Herstellern und Distributoren immer wieder, dass der Aufschwung nur zwei oder drei Quartale entfernt sei. Besonders hoffnungsfroh war man dabei zumeist, was die zweite Jahreshälfte des beginnenden oder des nachfolgenden Jahres anging. Allein – diese Prognosen lagen immer wieder daneben.

Man könnte einwenden, das sei schließlich nicht verwunderlich, angesichts einer deutschen Wirtschaft, die 2024 zum zweiten Mal in Folge schrumpfte. Immer mehr Unternehmen denken inzwischen angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung darüber nach, Mitarbeiter zu entlassen, statt neue einzustellen. Seine Aufgabe als Lokomotive der europäischen Wirtschaft erfüllt Deutschland inzwischen auch nicht mehr zuverlässig. Länder wie Frankreich, Italien und Spanien weisen inzwischen eine robustere wirtschaftliche Entwicklung als Deutschland auf. Hierzulande hingegen vereinbart der VW-Konzern nach Medienberichten schon mal vorsorglich mit den Gewerkschaften die mögliche Einführung der 28-Stunden-Woche. Und der »Global Risks Report« des in Kürze stattfindenden Weltwirtschaftsforums in Davos ist auch nicht unbedingt dazu angetan, um optimistisch in die Zukunft zu blicken.

Wie hoch ist der reale Jahresbedarf?

Angesichts des immer wieder vorgetragenen Arguments der massiv aufgestockten Lager während der Corona-Pandemie und der Klage darüber, dass diese Bestände einfach zu langsam abfließen würden, stellt sich die Frage, ob die Branche jemals eine konkrete Vorstellung davon hatte, wie hoch der reale Jahresbedarf eigentlich wirklich war? Glaubt man den Aussagen, dass sich Kunden ab 2020/21 bis zu zwei, drei Jahresbedarfe auf Lager gelegt hätten, müssten diese nach Adam Riese inzwischen wirklich abgeschmolzen sein. Es könnte also an anderen Dingen liegen. Vielleicht daran, dass die globalen Rahmenbedingungen sich negativ verändert haben – Stichwort »Krieg«, unter anderem in der Ukraine? Oder daran, dass Märkte in bestimmten Bereichen ein Sättigungsniveau erreicht haben, das man so nicht kommen sah? Daran, dass man das zukünftige Wachstum an Märkten orientierte, die sich dann nicht in der gewünschten Form realisierten, wie etwa die Märkte Elektromobilität oder Erneuerbare Energien? Märkte, die inzwischen zwar in China boomen, an denen westliche Anbieter aber aufgrund der in den letzten Jahren verschärften systemischen Konkurrenz vor allem zwischen den USA und China nicht mehr teilhaben können. Schutzzölle und Local-for-Local-Vorschriften spielen da eine wichtige Rolle. Es scheint viele Gründe zu geben, warum das schöne, andauernde Wachstumsversprechen einer All Electric Society nicht mehr in dem Maße zum Wachstum der Branche beiträgt wie in den Jahren vor der Corona-Pandemie.

Die Markteinschätzung führender Hersteller und Distributoren

Fragt man bei den führenden Herstellern und Distributoren, die in Deutschland tätig sind nach, wie sie das Jahr 2024 im Rückblick einordnen, so fallen deren Anworten zwar unterschiedlich aus, sind in der Tendenz aber eindeutig. »2024 war im ersten Quartal noch stark«, meint Ferdinand Leicher, Vide President Sales EMEA bei Bourns, »brach dann im zweiten und dritten Quartal deutlich ein, und hat sich schließlich im vierten Quartal nur leicht verbessert«. Immerhin, so Leicher, »lagen wir 2024 deutlich über 2019, das aber eigentlich auch schon ein Abschwungjahr war, nach dem starken Jahr 2018«.

»Deutlich über dem Jahr 2019, aber auch deutlich unter 2022 und 2023«, lautet die Antwort von Rüdiger Scheel, Vice President Mobility, Branch Manager bei Murata auf die Frage nach 2024. Von einem wahrscheinlich deutlich über 2019 liegenden Jahr 2024 spricht Olaf Lüthje, Senior Vice President Marketing Operations bei Vishay. Bei Taiyo Yuden lag der Umsatz 2024 nach Angaben von Harald Sauer, Director Taiyo Yuden Europe, über dem Jahr 2019. Bei TDK bewegt man sich nach Angaben von Josef Vissing, President TDK Europe, »nahezu auf dem Niveau von 2019, jedoch erheblich unter dem Peak des Jahres 2022«. Die Hoffnungen auf eine Belebung in der zweiten Jahreshälfte hätten sich nicht erfüllt, so Vissing, »mit zum Teil dramatischen Folgen, speziell in der Automobil-Zuliefererbranche«.

Bei Isabellenhütte Heusler sieht Guido Renner, Global Sales Director BU Components, ein Wachstum im Vergleich zu 2019 – vor allem getrieben »durch die Elektrifizierung in der Automobilindustrie«. Dass der Gesamtumsatz bei Yageo im Jahr 2024 über 2019 lag und nach Angaben von Thomas Heel, Director Global Distribution, EMEA Sales Business Group, sogar dem Rekordergebnis aus 2022 nahe kam, dürfte nicht unwesentlich mit dem durch die Akquisitionen der letzten Jahre gewachsenen Produkt- und Technologieportfolio zu tun haben. Dass es auch anders laufen kann, zeigen die Beispiele Jianghai Europe und SRT Resistor Technology. »Wir sind 2024 mit einem blauen Auge davon gekommen«, blickt Dr. Lutz Baumann, Geschäftsführer der SRT Resistor Technology auf das vergangene Jahr zurück, »wir lagen im Umsatz leider etwas unter dem 2019er Wert, sind aber unterm Strich noch ganz zufrieden«. Auch Dr. Arne Albertsen, Senior Sales Manager bei Jianghai Europe Electronic, berichtet von nicht erfüllten Erwartungen auf eine Marktbelebung, »so dass der aktuelle Umsatz sogar etwas unter dem Umsatz von 2019 liegt«.

Und bei der Distribution? Da gibt Bert Schukat, Geschäftsführer von Schukat electronic an, »dass wir 2024 einen Umsatz erzielen konnten, der im einstelligen Prozentbereich sowohl über 2019 als auch 2020 lag. Leider ist die von allen erhoffte Markterholung im zweiten Halbjahr 2024 jedoch ausgeblieben«. »2018 und 2019 waren noch die starken Jahre, die durch die MLCC-Allokation getrieben waren«, erinnert sich Stefan Sutalo, Vice President Product Marketing Passive Components bei Rutronik: »Vergleichen wir unseren Umsatz im Vorjahr mit 2020, sind wir in etwa gleichauf.« Antonio Rodas, CTO von Endrich Bauelemente, blickt auf ein aufreibendes, aber nicht erfolgloses Jahr 2024 zurück: »Aus Sicht der Passiven lagen wir 2024 über 2019, unter anderem aufgrund von Großkundengeschäft.«

Wie vielversprechend sind die Chancen für 2025?

Und wie sieht die Branche zu Jahresbeginn 2025 die Chancen für das neue Geschäftsjahr? Gibt es begründete Hoffnungen, oder wird sich die schwache Konjunktur mit allen ihren Konsequenzen weiter fortsetzen? Aus Sicht von Alexander Gerfer, CTO von Würth Elektronik eiSos, sind durchaus erste Hoffnungsschimmer zu sehen: »In verschiedenen Ländern steigen die Auftragsniveaus. Wir erwarten aber frühestens Mitte 2025 eine spürbare Belebung.« Dr. Albertsen, Jianghai Europe, verweist auf einen positiven Book-to-Bill-Trend in den letzten Monaten, »zudem mehren sich Pull-Ins durch neue Serienanläufe«. Rüdiger Scheel, Murata, ist da pessimistischer: »Für Europa sehen wir aktuell nur Hinweise auf eine Stabilisierung auf dem Niveau von 2024, aber keine Zeichen für einen Aufschwung.« Harald Sauer, Taiyo Yuden, hält Aussagen, die einen Aufschwung für die zweite Jahreshälfte 2025 vorhersagen »für Wunschdenken. Ich hätte auf Basis meiner Informationen für diesen Aufschwung keine logische Erklärung«.

»Sehr verhalten«, nennt Guido Renner, Isabellenhütte, Informationen vom Markt »bezüglich einer Erholung in 2025«. Aktuell lasse sich eine Erholung im Book-to-Bill-Ratio noch nicht nachhaltig erkennen, »eine Erholung kann man vielleicht Anfang 2026 erwarten«. Etwas optimistischer ist da Josef Vissing, TDK Europe: »Es gibt einige Parameter, die die Hoffnung auf ein besseres 2025 unterstützen könnten, dazu zählt ein steigendes GDP für Europa von etwa 1 Prozent, die leichten Zinssenkungen und die strengeren CO2-Ziele für Fahrzeugflotten«. Vissing nimmt jedoch an, »dass die geopolitischen Entwicklungen und die Auswirkungen der neuen Trump-Regierung die Konjunktur im Jahr 2025 deutlich stärker beeinflussen werden«.

Thomas Heel, Yageo-Gruppe, geht davon aus, dass auch 2025 AI-Applikationen und der chinesische EV-Markt für Wachstum sorgen werden. Da insbesondere die USA und Asien die Regionen mit der größten Aktivität rund um KI-relevante IT-Systeme sind, erwartet er auch für dieses Jahr vor allem in den USA und Asien ein moderates Wachstum. Ähnlich sieht das Olaf Lüthje, Vishay: »Wir erwarten für dieses Jahr eine Erholung im Bereich der Industrie und der Automobilindustrie sowie starke Impulse im Bereich AI und Künstliche Intelligenz«. Aus Sicht von Dr. Lutz, SRT Resistor Technology, »kann es nur besser werden; die electronica hat eine positive Grundstimmung gezeigt, trotz aller Unzufriedenheiten«. Ferdinand Leicher, Bourns, schließlich verweist darauf, »dass Bourns wie alle Hersteller passiver Bauelemente die Produktionskapazitäten deutlich gesenkt hat, so dass schon leichte Nachfrageschwankungen bei einzelnen Produktbereichen zu starken Lieferzeiterhöhungen führen können und ab dem ersten Quartal und zweiten Quartal 2025 auch zu starken Erhöhungen führen werden«.

Hat die Distribution mehr Informationen über einen bevorstehenden Aufschwung? Bert Schukat, Schukat electronic, sieht aktuell keine gravierenden Faktoren, auf die sich 2025 positiv einwirken ließe: »Wir gehen von einer weiteren Stabilisierung im Jahresverlauf aus, und wenn überhaupt, dann nur einem leichten Anstieg in der zweiten Jahreshälfte.« Stefan Sutalo, Rutronik sieht keine verlässlichen Daten, die 2025 auf einen deutlichen Marktaufschwung hinweisen, »jedoch sehen wir kundenseitig einen deutlich besseren Forecast und Backlog«. Auch Joachim Pfülb, Vice President Sales Components bei Beck Elektronik Bauelemente, stellt nüchtern fest, »dass es keine begründeten Informationen zu einem Marktaufschwung 2025 gibt«.

Aktuell niedrige Lieferzeiten

Was sicherlich in den Augen aller Anwender positiv ist, sind die aktuell niedrigen Lieferzeiten, was angesichts einer mehr als verhaltenen Ordertätigkeit auch nicht weiter verwunderlich ist. So liegen die Lieferzeiten für Highrunner bei Murata etwa aktuell bei vier bis sechs Wochen, speziellere Produkte sind mit Lieferzeiten von acht bis zwölf Wochen erhältlich. Ähnlich sieht es bei Taiyo Yuden aus, dort liegen die Lieferzeiten bei zehn bis zwölf Wochen; für speziellere Artikel oder Artikel mit Seefracht betragen sie jedoch 20 bis 25 Wochen. Ein Zeitrahmen, den auch Dr. Albertsen, Jianghai Europe so sieht: »Je nach Produkt liegt das bei uns zwischen 16 und 20 Wochen, wobei in diesen Angaben immer ein zeitlicher Puffer enthalten ist, der der Situation am Horn von Afrika Rechnung trägt.«

Es gibt aber auch hier Ausnahmen. So sind etwa die Lieferzeiten für einige Produkte, die in AI-Applikationen zum Einsatz kommen, wie etwa spezielle Polymer-Tantalkondensatortypen, durch die gestiegenen Bedarfe in die Höhe gegangen, wie Olaf Lüthje, Vishay, erläutert. Eine Entwicklung die auch Bert Schukat, Schukat electronic, bestätigt: »In speziellen Produktbereichen wie etwa bei Polymerkondensatoren liegen die Lieferzeiten aktuell schon bei 40 Wochen.« Auch Thomas Heel, Yageo-Gruppe, weist darauf hin, »dass bei einzelnen Produktgruppen, wie Polymer-Kondensatoren, die Lieferzeitentendenz seit Mitte 2024 nach oben zeigt, und die Auslastung, insbesondere durch Anwendungen in der künstlichen Intelligenz, bewegt sich inzwischen auf 100 Prozent für das erste Halbjahr 2025 zu«.

Und wie verhalten sich die Käufer? »Unserer Beobachtung nach haben sich die Vorlaufzeiten auf Seiten der Kunden bislang nicht entscheidend geändert«, so Alexander Gerfer, Würth Elektronik eiSos, »aufgrund der wirtschaftlichen Situation ist das Bestellverhalten sehr kurzfristig und vorsichtig geworden«. »Die Kunden bestellen auf Sicht«, bestätigt auch Dr. Albertsen, Jianghai Electronic, »die angebotene Lieferzeit plus einen Tag, um die Bevorratung von Waren zu minimieren und um ihre Liquidität zu schonen«. Im Automotive-Bereich, so Rüdiger Scheel, Murata, »wird unverändert mit einem Forecast von 12 bis 24 Monaten gearbeitet, aber die Verlässlichkeit des Forecast ist sehr schlecht, in anderen Anwendungsbereichen wird wieder kurzfristiger disponiert«. Aus Sicht von Guido Renner, Isabellenhütte, sind die Kundenabrufe heute realistischer als noch vor einem Jahr, »das Kundenverhalten ist aber weiterhin volatil«. Josef Vissing, TDK Europe meint: »Die über sechs bis zwölf Monate laufender Forecast werden erst sehr kurzfristig den realen Bedarfen angepasst. Aufgrund einer gewissen Unterauslastung in unseren Werken funktioniert das momentan noch recht gut. Das kann sich aber schlagartig ändern, wenn nur ein paar Bedarfe überdurchschnittlich steigen.«

»Die Planung und die Bestellung der Kunden erfolgen bereits seit längerem im Rahmen der Lieferzeiten«, stellt Olaf Lüthje, Vishay, fest. »Aktuell sehen wir stabile und kurze Vorlaufzeiten bei unseren Kunden.« Auch beim Widerstandsspezialisten SRT Resistor Technology sind die Vorlaufzeiten momentan sehr niedrig, »unter acht Wochen beziehungsweise in der Größenordnung der Lieferzeit«, erläutert Dr. Lutz, »Anfang letzten Jahres lagen diese Werte noch bei 4 bis 5 Monaten«. Auch Thomas Heel, Yageo-Gruppe, beobachtet keine langen Vorlaufzeiten mehr bei den Kunden, was bedeuten könne, »dass es schon bei Neuanläufen oder kurzfristigeren Zusatzbedarfen zur Gefahr einer Eskalation kommen kann«. Nach Ansicht von Ferdinand Leicher, Bourns, waren die Vorlaufzeiten der Kunden Ende 2024 sehr schlecht, »und den EDI-Bedarfsmengen im System trauen momentan auch die Einkäufer der Kunden selbst kaum«. Die Sichtbarkeit für die Distributoren sei gering, da die kurzen Lieferzeiten es den Kunden erlaubten, die Läger weiter abzusenken und damit ihren vielleicht punktuell viel zu schwachen Cash Flow »aufzuhübschen«.

Und wie sehen die Distributoren das? »Aktuell werden nicht mehr als Quartalsbedarfe angefragt«, so Bert Schukat, Schukat electronic, »die Kunden fahren aus Sicht und hoffen letztlich bei dieser kurzfristigen Planung auf weiter fallende Preise«. »Viele Einkäufer passen sich den Marktgegebenheiten an, und versuchen ein hohes Lager zu verhindern«, so die Beobachtung von Stefan Sutalo, Rutronik. »Großkunden geben zwar einen Forecast von ein bis zwei Jahren ab«, so Antonio Rodas, Endrich Bauelemente, »große Schwankungen sind dabei aber weiterhin keine Seltenheit«. Bei den Industriekunden unterscheide sich das zum Teil stark, »manche von ihnen erhalten ihre Aufträge auch nur mit einem Vorlauf von wenigen Wochen, und wollen kein Risiko eingehen, sich Ware unplanmäßig auf Vorrat zu halten«. »So kurz wie möglich«, auf diesen Nenner bringt es schließlich Joachim Pfülb, Beck Elektronik Bauelemente, Grund sei die unzuverlässige Wirtschaftslage. Erfahrende Kunden, so Pfülb, »arbeiten auch für das Jahr 2025 mit Vorlaufzeiten von 20 Wochen aufwärts«. Sie dürften für einen plötzlich einsetzenden Konjunkturaufschwung, so er den 2025 wirklich kommt, dann etwas besser als der Wettbewerb gerüstet sein.

Bundestagswahl 2025: Hoffen auf mehr als Problemverwaltung

Die Erwartungen der Wirtschaft an die neue Bundesregierung, die sich nach der Wahl am 23. Februar bilden wird, sind hoch. Ob es gelingt, den gordischen Knoten aus Rezession, politischer und wirtschaftlicher Verzagtheit, Investitionsunlust und Überbürokratisierung durch langfristige, zielführende und zuverlässige Weichenstellungen in den nächsten Monaten zu zerschlagen, wird sich zeigen. Die Forderungen aus dem Bereich der Hersteller und Distributoren passiver Bauelemente an eine neue Bundesregierung sind ziemlich klar. »Wir alle wünschen uns wieder positive Rahmenbedingungen für die Wirtschaft«, so Alexander Gerfer, Würth Elektronik eiSos, »wir benötigen Investitionen in die Infrastruktur, die digitale Transformation, die Energiewende und wettbewerbsfähige Energiepreise sowie Investitionen in Bildung und Ausbildung«. Rüdiger Scheel, Murata, wünscht sich eine aktive Industriepolitik, eine Abschaffung überbordender bürokratischer Vorgaben wie etwa des Lieferkettengesetzes, verstärkte Arbeitsanreize in Kombination mit einer Abschaffung des Bürgergelds, und dass Deutschland wieder seine wirtschaftliche Führungsrolle in Europa übernimmt. Dass es wirklich zu substanziellen Impulsen durch eine neue Bundesregierung kommt, glaubt er aber nicht.

Harald Sauer, Taiyo Yuden, sieht den größten Handlungsbedarf bei der Entbürokratisierung, der Senkung der Energiepreise und einer nachhaltigen Rentenreform. Wirkliche Reformen traut er jedoch keiner der handelnden Parteien zu, würden tiefgreifende Reformen doch zur Abwahl führen. Thomas Heel, Yageo-Gruppe, erhofft sich, dass die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft durch eine neue Regierung verbessert werden, allerdings ist er sehr vorsichtig, was kurzfristig erhoffte Effekte angeht. Den größten Korrekturbedarf sieht er beim Bürokratieabbau, niedrigen und stabilen Energiepreisen sowie unter anderem einer klaren Strategie, was den Ausbau von Elektroautos anbelangt, inklusive der benötigten Infrastruktur. Für Schlüsselindustrien wie die Automobilindustrie müssen nach Ansicht von Guido Renner, Isabellenhütte, Wege gefunden werden, globalen Veränderungen wie etwa Schutzzöllen für den US-Markt oder den Elektromobilitätsbemühungen Chinas besser begegnen zu können. »Da muss die neue Regierung mit hoher Priorität tätig werden, sonst gehen weitere Arbeitsplätze in Europa verloren!«

»Es wäre wünschenswert, wenn eine Industrie-freundlichere Bundesregierung für Aufbruchstimmung in der Bevölkerung und in der Wirtschaft sorgen würde«, so Ferdinand Leicher, Bourns. Persönlich erwartet er aber ein weiteres »Durchwursteln«, weil Veränderungen auch Geld kosten würden. Klare Anreize zur Absatzförderung erhofft sich Dr. Arne Albertsen, Jianghai Electronic, von einer neuen Bundesregierung: »Es geht vor allem um Verlässlichkeit, und Planungssicherheit für Investitionen.« Der Schlingerkurs der Wirtschaftspolitik der ablaufenden Legislaturperiode habe das Investitionsklima vergiftet und bereits getroffenen Investitionsentscheidungen die Grundlage entzogen.

Bert Schukat, Schukat electronic, weist darauf hin, eine neue Bundesregierung dürfe nicht nur alte, erfolgreiche Muster aus der Vergangenheit wieder aufleben lassen, »sondern sie muss die Wirtschaft entlasten, und gleichzeitig Fragen zur Dekarbonisierung, dem Fachkräftemangel, dem Bürokratieabbau und der Deglobalisierung in der ganzen Breite tragfähig beantworten«.

 


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