Da es einigen Personen nicht möglich war, persönlich am diesjährigen Forum »Aktuelle Trends und Entwicklungen bei passiven Bauelementen« teilzunehmen, haben wir ihnen angeboten, Statements zu drei ausgewählten Punkten der Forumsdiskussion zu formulieren.
Da die fünf befragten Personen ihre Antworten etwa zwei Wochen nach dem Forumstermin eingereicht haben, spielt der Krieg in der Ukraine in ihren Antworten eine andere Rolle als noch während des Forums. Was Ende Februar noch als hypothetische Möglichkeit im Raum stand und so von den Diskussionsteilnehmern behandelt wurde, ist inzwischen nicht mehr nur eine Möglichkeit, sondern brutale Realität. Die drei ausgewählten Fragen aus der Forums-Agenda lauten:
Olaf Lüthje, Senior Vice President Business Marketing Passives bei Vishay
1) Trotz weitreichenden Kapazitätserweiterungen erwarten wir, dass der Bedarf an Bauelementen weiterhin auf einem hohen Niveau bleibt. Bei Lieferzeiten von bis zu über einem Jahr ist eine kurzfristige Entspannung leider nicht zu erwarten. Mit Hinblick auf die jetzige Kostenentwicklung bei Rohstoffen, Logistik und Energie und die weltweit steigende Inflationsrate ist ein weiterhin hoher Kostendruck zu erwarten.
2) Von unserer Seite gibt es keine Zurückhaltung bei den geplanten Kapazitätserweiterungen. Im Gegenteil, Vishay erhöht seine Investitionen in diesem Bereich auf das höchste Niveau in der Unternehmensgeschichte sowohl für passive Bauelemente wie auch für Halbleiter. Die jetzige starke Wirtschaftslage führt aber auch bei den Fertigungserweiterungen zum Teil zu erheblichen Verzögerungen durch lange Lieferzeiten, langwierigere Inbetriebnahmen aufgrund von Reiseeinschränkungen und ähnlichen Herausforderungen.
3) Wir stellen auf der einen Seite Einschränkungen bei Design-in-Aktivitäten fest, bedingt durch Reiseeinschränkungen und vermehrter Homeoffice-Tätigkeit, auch in der Entwicklung auf Kundenseite. Dies hat persönliche Treffen stark einschränkt bis unmöglich gemacht. Das hat sicherlich dazu geführt, dass einige Trends in den letzten zwei Jahren verzögert wurden. Auch hat sich die Zeitachse durch Verfügbarkeit der Mitarbeiter etwa im Labor verlängert. Zusätzlich hat auch die Belieferung mit Materialen gelitten, da auch hier der Fokus der Zulieferer auf Großbedarfe lag. Hinzu kommt, dass sich durch die angespannte Liefersituation der Fokus der Kunden auf Redesigns zur Sicherstellung des Fertigungsbetriebs verschoben hat. Dadurch sehen wir neben neuen Designs und der Entwicklung der nächsten Generation der Kundenanwendungen auch neue Kundenkontakte und neue Möglichkeiten im Rahmen des Redesigns zur Lieferantenerweiterung für bestehende Applikationen.
Annette Landschoof, Product Manager bei Schukat electronic
1) Eine Prognose wird aufgrund der aktuellen Ereignisse immer schwieriger. Der Krieg in der Ukraine wird Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft haben. Aktuell reichen die Spekulationen von 20 Prozent bis deutlich darüber. Ob es zu Stornowellen kommen wird, bleibt abzuwarten. Aktuell gehen wir noch davon aus, dass es nicht über das gesamte Portfolio zu Verschärfungen der jetzigen Liefersituation kommen wird. In einigen Bereichen gehen wir derzeit davon aus, dass die aktuelle Situation sogar zu freien Kapazitäten in den Werken führen kann.
2) Einige unserer Hersteller haben bereits investiert oder sind dabei es zu tun, um den Ausbau der Fertigungskapazitäten voranzubringen. Jedoch geschieht dies hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Miniaturisierung. Im Fokus stehen dabei Investitionen für neue Maschinen für kleine Bauformen. Bei älteren Maschinen für größere Bauformen, bei denen die Miniaturisierung aber vorangetrieben werden soll, wurde verhaltener agiert.
3) Neuentwicklungen und Markteinführungen wurden durch die Corona-Pandemie nach hinten verschoben. Technische Neuerungen sind in der Tat nur sehr schleppend ins Laufen gekommen oder wurden während der letzten zwei Jahre zurückgehalten. Das Augenmerk der Hersteller lag vielmehr auf der hohen Auslastung der Fertigungskapazitäten und der Personalsituation während der Pandemie. Die realen Bedarfe auf dem Markt mussten bedient werden trotz personeller Einschränkungen und Knappheit der Rohstoffe.
Josef Vissing, President TDK Europe
1) Die Perspektive für die weltweite Konjunkturentwicklung war ja bislang schon durch die Entwicklung der Corona-Pandemie und die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China belastet und unsicher. Jetzt ist als sehr schwer einzuschätzender Faktor der Russland-Krieg gegen die Ukraine hinzugekommen, mit derzeit nicht absehbaren Auswirkungen auf die Liefersituation von Materialien und die Entwicklung der Abnehmermärkte für unsere Bauelemente. Wir beobachten dazu ständig die aktuelle Entwicklung und mögliche Auswirkungen von Sanktionen oder blockierten Lieferketten. Schon jetzt gibt es etwa aufgrund fehlender Zulieferungen aus der Ukraine stillstehende Fertigungen bei deutschen Autobauern. Was unsere TDK-Produkte angeht, sehen wir auf der Grundlage von Rückmeldungen unserer direkten und indirekten Lieferanten derzeit aber noch keine ernsthaften Auswirkungen auf die Verfügbarkeit unserer Produkte.
2) Wir haben über die vergangenen Jahre hinweg kontinuierlich in den Ausbau unserer Fertigungen investiert. Das tun wir immer ausgerichtet an dem Bedarf, der sich aus unseren engen Kundenbeziehungen ableiten lässt, und das werden wir so auch fortsetzen – gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen.
3) Bei Industrial-Kunden hat es tatsächlich einige Projekt-Verzögerungen gegeben. Dem gegenüber stand im Bereich Automotive sogar eine höhere Dynamik bei neuen Projekten. Treiber ist hier vor allem die E-Mobilität. Bei TDK selbst hat die Pandemie zu keinen spürbaren Verschiebungen in der Produktentwicklung geführt. Wir sehen auch keine relevanten pandemiebedingten Verschiebungen im Marketing und Vertrieb unserer Produkte.