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SiC oder nicht SiC – das ist hier die Frage!

20. Oktober 2021, 11:14 Uhr | Von Dr. Martin Schulz, Global Principal im Application Engineering bei Littelfuse
Bild 1: SiC-MOSFET-basiertes 60-kW-Ladeleistungsteil
© Littelfuse

Wenn man eine Anwendung betrachtet, können Attribute wie geringere Größe, Effizienz, niedrigere Gesamtbetriebskosten (TCO), Langlebigkeit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit überraschenderweise zeigen, dass es am Markt bessere Lösungen gibt als die, die angepriesen werden.

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Gegenwärtig gewinnen Materialien mit breiter Bandlücke wie Galliumnitrid (GaN) und Siliziumkarbid (SiC) in der Leistungselektronik zunehmend an Bedeutung, da sie spezielle Vorteile bieten. Geringere Schaltverluste ermöglichen den Betrieb bei höheren Schaltfrequenzen und verringern die Größe von magnetischen Komponenten und Filteranordnungen.

Durch den Wechsel des leistungselektronischen Schalters vom bipolaren Transistor des IGBT zum Feldeffekttransistor des MOSFET verlagert sich der verlusttreibende Faktor von der Durchlassspannung Vf zum Kanalwiderstand RDSon. Durch Parallelschaltung lässt sich nun der Widerstand verringern, und die Effizienz wird zu einer Frage der Anzahl der verwendeten Bauelemente – oder der Kosten. Mit SiC-MOSFETs kann nun ein Spannungsbereich in Angriff genommen werden, der für MOSFETs auf Siliziumbasis kein Spielplatz war und von IGBTs dominiert wird. Aber macht das diese Bauelemente zu Alleskönnern?

Aufgrund ihrer Eigenschaften haben die Leistungshalbleiter mit breiter Bandlücke die Silizium-IGBTs zunächst in Anwendungen wie der Solarenergie ersetzt, in denen es auf hohe Effizienz ankommt, und gewinnen nun auch im Bereich der Elektromobilität in Personenkraftwagen an Ansehen. Antriebsstränge für Elektrofahrzeuge sowie Batterielade-Anwendungen auf der Basis von SiC-Bauelementen versprechen aufgrund der effizienteren Bauelemente eine höhere Reichweite pro Ladung und geringere Verluste beim Laden. Für Batterieladeschaltungen im 60-kW-Bereich wird bereits ein Wirkungsgrad von bis zu 97 Prozent vom Netz zur Batterie angegeben. In Bild 1 ist ein hocheffizienter Ansatz mit einem Wiener-Gleichrichter als Eingangsstufe und nicht isolierten DC-DC-Wandlern als Ausgangskonfiguration dargestellt. Durch die Verlagerung der galvanischen Isolierung auf den Ansteuertransformator werden die Verluste im Ladegerät reduziert, da die induktive Energieübertragung in einer lokalen Isolierstufe entfällt.

Inzwischen wird euphemistisch behauptet, dass Halbleiter mit breiter Bandlücke (WBG) so überlegen sind, dass sie in naher Zukunft alle anderen Technologien in der Leistungselektronik ersetzen werden.

Obwohl es keinen Zweifel an den physikalischen Fähigkeiten solcher Bauelemente gibt, verdient jede Anwendung eine genauere Betrachtung, um die bestmögliche leistungselektronische Lösung zu ermitteln. Dies ist eine vielschichtige Aufgabe, und die Energieeffizienz ist ein Teil davon. Dazu gehören auch die Kosten für die Schaltung sowie die voraussichtliche Lebensdauer, der Leistungsbereich und die Randbedingungen innerhalb einer bestimmten Anwendung.

Zu den Randbedingungen gehört die Schaltgeschwindigkeit der Halbleiter. Bei Bauelementen mit breiter Bandlücke kann diese leicht Spannungsflanken von 15 kV/µs überschreiten, was oft eine zu hohe Belastung für Isolationsmaterialien in Spulen oder Motorwicklungen darstellt. Sobald zusätzliche Filter erforderlich sind oder der Chip künstlich verlangsamt werden muss, um die Änderungsrate dv/dt zu verringern, können IGBTs wieder die bevorzugte Lösung sein.

Ein weiterer wichtiger Faktor neben den absoluten Verlusten ist die Verlustdichte. Das Verhältnis von Chipgröße und Stromstärke (mm2/A) ist bei WBG-Halbleitern weitaus geringer als bei Siliziumbauelementen. Dadurch werden die geringeren Verluste pro Strom überkompensiert und die Verluste pro Fläche steigen, was das Wärmemanagement erschwert.

Eine höhere Verlustleistungsdichte bedeutet auch eine höhere Temperaturschwankung des Chips, die der dominierende Faktor bei Verschleißmechanismen wie Leistungszyklen ist und eine der Ursachen dafür, warum die heutigen WBG-Bauteile, die auf der Lötbondtechnologie basieren, den IGBTs in dieser Disziplin unterlegen sind.

Eine Worst-Case-Anwendung, die außer­gewöhnliche Anforderungen an Leistungswechsel und Lebensdauer mit einem zweiten Schwerpunkt auf Effizienz verbindet, ist die Elektrifizierung von Schwerlastfahrzeugen und der entsprechenden Infrastruktur. Innerhalb des Fahrzeugs ist Effizienz wichtig, um die höchste Kilometerleistung pro Ladung zu erreichen. Der permanente Stop-and-Go-Betrieb in Bussen, LKWs, Lieferfahrzeugen und Baumaschinen führt zu einer hohen Anzahl von thermischen Zyklen pro Tag, während die Erwartung der OEMs eine Lebensdauer von 15 Jahren mit potenziell 80.000 Betriebsstunden ist. Solche Lebensdaueranforderungen sind selbst mit IGBTs nur schwer zu erfüllen. Ein Ansatz mit SiC ist möglich, aber die zur Erfüllung dieser Anforderungen erforderliche Chipfläche macht ihn wirtschaftlich weniger attraktiv.


  1. SiC oder nicht SiC – das ist hier die Frage!
  2. GaN-Bauelemente

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