Stabiler deutscher Stromversorgungsmarkt

Die Bedeutung kundenspezifischer Lösungen wächst kontinuierlich

13. Juli 2016, 13:49 Uhr | Engelbert Hopf
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Fortsetzung des Artikels von Teil 5

Eher Nachfolgeregelung als Marktkonsolidierung

Marschner, Eplax und die Schiederwerke – in den letzten Monaten wurden gleich drei deutsche Power-Spezialisten übernommen. Zeichnet sich hier eine Marktkonsolidierung ab, oder handelt es sich mehr um eine zufällige zeitliche Verdichtung?

»Powerbox hat bislang in Deutschland eher keine Marktanteile gehabt«, bewertet Peters die Übernahme von Eplax, »das hat sich für die gut in ihre Planung gefügt, dass man in Bremen einer soliden Nachfolgeregelung nicht abgeneigt war«. »Ich erhalte jede Woche Anfragen, ob ich Puls nicht vielleicht verkaufen möchte«, ergänzt Erdl, »eine ungelöste Nachfolgeregelung ist immer ein Ansatz. Es braucht immer zwei: einen der verkaufen will und einen, der zukaufen oder investieren möchte«.

Im Fall Marschner hat die Übernahme mehrere Facetten, wie Springindschmitten erläutert: »Es musste eine Nachfolgeregelung beschlossen werden, und Tabuchi hat nach einem Marktzugang in Europa gesucht, mit Schwerpunkt in Deutschland«. Beide Firmen setzen nach der Akquisition zwar weiter auf das Trafogeschäft, wenn auch der Fokus in Zukunft wohl mehr auf HF-Trafos liegen dürfte, und auf kundenspezifische Stromversorgungen. »Dieses Kern-Know-how ist in beiden Unternehmen seit Jahrzehnten vorhanden«, so Springindschmitten, »und nun werden wir das gemeinsam umsetzen«. Ob das alles passe, und sich wie geplant umsetzen lasse, werde man in ein paar Jahren sehen.

Bischoff wendet ein, dass eine wirkliche Konsolidierung unter den am Markt tätigen deutschen Stromversorgungsspezialisten wenig Sinn mache: »Ein Unternehmen, das daraus entstünde, würde zwar einen deutlich größeren Umsatz erzielen, aber gleichzeitig genau das verlieren, was die deutschen Hersteller bislang so erfolgreich macht: ihre Flexibilität. Von der betriebswirtschaftlichen Seite würde eine Marktkonsolidierung unter den deutschen Spezialisten für kundenspezifische Stromversorgungen darum überhaupt keinen Sinn machen.«

Ein Einwand, dem Maile mit dem Verweis auf die Aktivitäten der großen Distributoren im Stromversorgungsbereich beipflichtet: »Da wird dann immer von Speed-Booten gesprochen, die neben dem großen Tanker am Markt aktiv sein sollen«, so Maile, »die wollen dann mit ihrer Mannschaft immer ordentlich Gas geben, aber nach zwei, drei Jahren funktioniert das dann doch nicht so, weil die organisatorischen und strukturellen Bedingungen des Frachters sich auf die Speed-Boote auswirken und sie einbremsen«. Natürlich müsse man die Aktivitäten von Arrow, Avnet und TTI in diesem Bereich im Auge behalten, so Maile, »aber natürlich ergeben sich so auch immer wieder Gelegenheiten, wenn jemand gewillt ist zu verkaufen, und einer dieser großen gerade auf der Suche nach Know-how und Expertise ist«.

Was den Verkauf der Nürnberger Schiederwerke an die französische Group Legris Industries betrifft, waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, dass es sich auch hier in erster Linie um eine notwendige Nachfolgeregelung handelt. Zwar waren auch einige der Diskussionsteilnehmer prinzipiell an den Schiederwerken interessiert, den Preis, den die Franzosen aufriefen, wollte aber niemand bezahlen. Angesichts der Tatsache, dass der Käufer bislang über keine ausgewiesene Expertise im Stromversorgungsbereich verfügt, ist man nun gespannt, wie sich das weiter entwickelt.

InnoTrans 2016

»Auf der InnoTrans trifft man das Who-is-Who der Branche«, charakterisiert Tunk den im Herbst anstehenden internationalen Branchentreff in Berlin. »Das ist schlicht die größte Bahn-Fachmesse der Welt, für die großen Bahnspezialisten und ihre Zulieferer ist es ein Muss, dort zu sein«, versichert Peters. »Wer macht auf einer Messe noch Geschäfte?«, fragt Maile, »aber die InnoTrans ist eine hervorragende Plattform, um mit den Kunden im Gespräch zu bleiben«.

Es sind die neuen Züge, die auch die Kunden der deutschen Bahntechnikspezialisten unter den Stromversorgungsbauern nach Berlin ziehen. »Wir kommen dort in direkten Kontakt mit den entscheidenden Technikern unserer Kunden, nicht mit den Einkäufern«, hebt Maile hervor. Doch die Szene internationalisiert sich zunehmend, wie etwa Peters feststellt: »Vor zwei Jahren hat beispielsweise auch SynQor in Berlin ausgestellt. Mit ihren Printmodulen zählen die sicherlich nicht zu den klassischen Bahnlieferanten«.

Die Internationalisierung findet aber nicht nur unter den Ausstellern statt, sondern manifestiert sich auch durch die Investitionen asiatischer Unternehmen, wie etwa Hitachi, in europäische Bahntechnikunternehmen. Tunk: »Die kaufen hier strategisch ein, indem sie Systemanbieter und Zulieferer akquirieren«. Hintergrund dieser Maßnahme mag auch sein, dass man sich so leichter den Zugang auf den europäischen Markt mit seinen speziellen Vorschriften sichert. Dazu noch einmal Tunk: »Alle möglichen Anbieter sagen immer wieder, sie seien bahnspezifiziert – das sagt im Grunde eigentlich gar nichts, dazu gibt es im Bahnbereich viel zu viele unterschiedliche Normen. »Nur weil ich eine Eingangsspannung von 110 V biete, heißt das noch lange nicht, dass das ein Bahnwandler ist«, pflichtet ihr Maile bei.

»Einigen von denen, die da jetzt in den Bahn-Markt einsteigen, ist auch überhaupt nicht klar, dass die Zertifikate, die sie für ihre Produkte ausstellen lassen müssen, nach fünf Jahren auslaufen und wieder neu gemacht werden müssen«, meint Peters. »Unsere Wandler sind Frontendwandler, die müssen diese speziellen Bahnanforderungen erfüllen. Für Printwandler, die er auf seiner Leiterplatte in einem Subsystem einsetzt, hält letztlich der verantwortliche Entwickler seinen Kopf hin«, stellt Peters fest. »Und wenn jemand fragt, warum unsere Wandler so groß sind, dann deshalb, weil da schon alles drin ist: von den Filtern bis zur Kühlung«.

Dessen ungeachtet wird sich auch Recom in diesem Jahr erstmals auf der InnoTrans mit seinen Produkten präsentieren, wie Frischknecht ankündigt, »wir erzielen heute schon etwa 10 Prozent unseres Umsatzes in der Bahntechnik und wollen diesen Absatzmarkt noch ausbauen«. Bis zur Messe im Herbst werde man ein komplettes Kleinwandler-Portfolio mit Bahnzertifizierung vorweisen können, dessen Leistungsspektrum von etwa 8 bis 200 W reichen wird.


  1. Die Bedeutung kundenspezifischer Lösungen wächst kontinuierlich
  2. Hutschienen-Markt
  3. Zweistelliges Wachstum
  4. In kundenspezifischen Projekten
  5. Netzteile 4.0
  6. Eher Nachfolgeregelung als Marktkonsolidierung
  7. Forumsdiskussion „Stromversorgungen“: Die Forumsteilnehmer

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