Ein neuer Steckverbinderstandard für SPE

Wie Single Pair Ethernet das IIoT vorantreibt

26. April 2025, 11:56 Uhr | Andreas Knoll
Single Pair Ethernet bietet neue Lösungsansätze für eine erfolgreiche Digitalisierung – etwa mit der SPE-Klemme für die Leiterplatte.
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Single Pair Ethernet (SPE) bietet für die Datenkommunikation in vielen Anwendungsbereichen große Vorteile. Seit kurzem ist eine Norm für ein einheitliches SPE-Steckgesicht in Arbeit, das der Technologie vor allem in der Industrie zum Durchbruch verhelfen dürfte.

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Im Gegensatz zu herkömmlichen Ethernet-Lösungen, die traditionell zwei oder sogar vier Adernpaare benötigen, kommt SPE mit nur einem Adernpaar aus – und kann damit Daten und Leistung übertragen. Die Übertragungsraten von SPE – 10 Mbit/s bei einer maximalen Übertragungslänge von 1 km bis hin zu 1 Gbit/s bei einer maximalen Übertragungslänge von 40 m – reichen auch für anspruchsvolle Aufgaben aus, etwa beim intensiven Einsatz vernetzter Sensorik mit smarten Messwertaufnehmern oder Kamerasystemen. Damit eignet sich SPE für viele Bereiche, die zuvor von Limitierungen hinsichtlich Datenraten, Reichweiten und nahtloser Kommunikation betroffen waren. (Bild 1)

Verbindungen von bis zu 1 km

Bild 1: Single Pair Ethernet bietet neue Lösungsansätze für eine erfolgreiche Digitalisierung – etwa mit der SPE-Klemme für die Leiterplatte.
Bild 1: Single Pair Ethernet bietet neue Lösungsansätze für eine erfolgreiche Digitalisierung – etwa mit der SPE-Klemme für die Leiterplatte.
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Als wesentliche Einschränkung herkömmlicher Standard-Ethernet-Lösungen gilt etwa die maximale Länge von 100 m für eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Um größere Distanzen in Industrieanlagen zu bewältigen, etwa bei Fließ- und Förderbändern, mussten bisher zusätzliche Repeater oder Switches eingebaut werden – störungsanfällige Schnittstellen, die zusätzlichen Wartungsaufwand erfordern. Die SPE-Technologie dagegen ermöglicht es, Geräte mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 10 Mbit/s über eine Entfernung von bis zu 1 km über ein Kabel zu verbinden und optional die Power-over-Data-Line-Technologie (PoDL) zu nutzen. Damit lassen sich auch spezifische Feldbustechnologien künftig durch SPE-Lösungen mit Datenraten bis 10 Mbit/s ersetzen.

SPE eignet sich auch, um komplexe Netzwerktopologien zu verwirklichen. Dank der Übertragungsgeschwindigkeiten von 10 Mbit/s bis 1 Gbit/s lassen sich mit SPE unterschiedliche Anwendungen realisieren. Aktuell werden in den IEEE-802.3-Konsortien SPE-Standards mit erweiterten Leistungsrahmen diskutiert. So könnten auch höhere Datenraten von >=10 Gbit/s für kurze Distanzen (<15 m) und 100 Mbit/s für Entfernungen bis 500 m möglich werden. Ganz neue Applikationsbereiche wären mit solchen neuen SPE-Standards erschließbar. (Bild 2)

Lückenlose und sichere Datenkommunikation

Bild 2: Die SPE-Standards sind in der IEEE 802.3 definiert. Diese Norm beschreibt die technischen Rahmenbedingungen für die ethernetbasierte Datenübertragung über ein Adernpaar.
Bild 2: Die SPE-Standards sind in der IEEE 802.3 definiert. Diese Norm beschreibt die technischen Rahmenbedingungen für die ethernetbasierte Datenübertragung über ein Adernpaar.
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Klassische Industrieanlagen verfügten bisher oft über ein Ethernet-Netzwerk und eine größere Zahl von Feldbussystemen auf der Feldebene. Das Aufkommen des Industrial Internet of Things (IIoT) mit der Notwendigkeit, Feldbusse durch effizientere Kommunikationssysteme zu ersetzen, lässt diese etablierten Anordnungen hinfällig werden. Eine ähnliche Verschiebung ist in jedem Anwendungsbereich zu beobachten, der eine lückenlose Kommunikation zwischen Sensoren und/oder Netzwerken verlangt. Für solche Einsatzzwecke ist eine nahtlose, sichere Datenverbindung entscheidend.

Kostengünstige Fabrikautomatisierung

Bereits heute fällt in einer durchschnittlichen Fabrik etwa ein Terabyte Daten pro Tag an – Tendenz steigend. Für die effektive Auswertung von Daten ist eine kontinuierliche Kommunikation unabdingbar. Hier kann SPE für eine durchgängige Vernetzung vom Sensor bis zur Cloud sorgen. Auch angesichts von immer mehr Sensorik und intelligenten Endgeräten in Industrieanwendungen bietet SPE die ideale Verkabelung – einfach, sicher, kompakt und kosteneffektiv: Beim Aufbau von Infrastrukturen werden SPE-Lösungen künftig wesentlich günstiger sein als die heutzutage üblichen Kombinationen von Feldbus- und Ethernet-Komponenten.

SPE und Roboter: Platzsparend und leistungsfähig

Beim Einsatz autonomer und kollaborativer Roboter bietet SPE viele Vorteile. Weil die Datenübertragungsrate höher ist als bei herkömmlichen Feldbussystemen, funktioniert die Kommunikation zwischen Roboter und Steuerungseinheit mit gesteigerten Abtastraten und größerem Datenaufkommen. Hinzu kommt die vereinfachte Verkabelung mit Daten und Energie in einer Bahn. Für Leistungsanforderungen, die über die definierten PoDL-Standards hinausgehen, werden künftig auch hybride SPE-Lösungen bereitstehen, mit Daten- und Leistungskontakten in einem Steckverbinder. Eine geringere Zahl von Kabeln und Verbindungen trägt zu weniger Ermüdungsausfällen, schnellerer Fehlerbehebung und einfacherer Wartung bei. Durch den geringeren Biegeradius kann SPE zudem eine wesentliche Optimierung bei der Auslegung des Roboterhandlings bewirken. (Bild 3)

Prozessautomatisierung mit SPE

Bild 3: Bei Robotern punktet SPE mit seiner Leistungsfähigkeit und dem geringen Platzbedarf.
Bild 3: Bei Robotern punktet SPE mit seiner Leistungsfähigkeit und dem geringen Platzbedarf.
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In der Prozessautomatisierung, etwa im Öl- oder Gassektor, geht es oft um riesige Areale mit sehr großen Gebäuden oder Tanks. Die vollständige Statusübersicht und Fernsteuerung aller weltweiten Standorte mit konsistentem Datenfluss vom Sensor bis in die Cloud oder in ERP-Systeme ist dabei für viele Unternehmen unabdingbar. SPE kann für effiziente Netzwerkstrukturen sorgen, ohne dass Netzwerkgeräte zur Signalmodulation oder Gateways dazwischengeschaltet werden müssen. Auch hier bietet Power-over-Data-Line (PoDL) in Kombination mit SPE die Vorteile einer simultanen Daten- und Leistungsübertragung.

Forum Single Pair Ethernet am 23.10.2025 in Ludwigsburg

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APL-Technologie für explosionsgeschützte Bereiche

Um auch im explosionsgeschützten Bereich (Zonen 0, 1 und 2) die hohen Anforderungen an die Daten- und Leistungsübertragung erfüllen zu können, gibt es Advanced Physical Layer (APL) als eigenen SPE-Standard. Ethernet-APL findet beispielsweise in der Prozessindustrie Anwendung. Dabei wird der 10BASE-T1L-Standard aus der IEEE 802.3cg zusammen mit dem IEC-Standard TS 60079-47:2021-03 (2-WISE = 2-Wire Intrinsically Safe Ethernet) verwendet. So sind Methoden des Explosionsschutzes inklusive der Eigensicherheit berücksichtigt.

Mit dieser Technologie lassen sich auch große Distanzen (Trunklänge bis 1 km, Spurs bis 200 m) überbrücken. Zudem stellt die Interoperabilität von Geräten und Systemen verschiedener Hersteller kein Problem dar. So können zahlreiche Zusatzdaten etwa für Maßnahmen wie Predictive Maintenance erfasst und analysiert werden.

Für Anlagen in den Branchen Öl, Gas und Chemie bieten sich mit APL zahlreiche Vorteile. Es lassen sich dadurch sichere und effiziente Netzwerke planen, die zukunftssicher sind. Aber es können mit dieser Technik auch bestehende Anlagen unter Einbindung vorhandener Verkabelungen und Ethernet-Protokolle wie EtherNet/IP, HART-IP, OPC UA und Profinet kostengünstig modernisiert werden. (Bild 4)

Reichweitenvorteile für den Energiesektor

Bild 4: Durchflussmessgeräte aus der Prozessindustrie werden über Ethernet-APL mit der bestehenden Verkabelung ins Netzwerk integriert.
Bild 4: Durchflussmessgeräte aus der Prozessindustrie werden über Ethernet-APL mit der bestehenden Verkabelung ins Netzwerk integriert.
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Aber auch im Bereich regenerativer Energien spielt SPE seine Stärken aus. Diese Energiequellen unterliegen Schwankungen und erfordern einen smarten Umgang mit Energienetzen sowie mit der Energie selbst. Intelligentem Datenmanagement kommt dementsprechend eine hohe Bedeutung zu. Ob bei Windenergie- oder Photovoltaikanlagen, die erzeugte Energie muss zu jeder Zeit gemessen und intelligent ins Energienetz eingespeist werden. Dabei stellen sich besondere Anforderungen. Von der Gondel bis zum Boden sind bei modernen Windenergieanlagen oft über 100 m zu überbrücken. Mit üblichen kupferbasierten Ethernet-Verbindungen ist diese Distanz nicht möglich. Betreiber weichen daher heutzutage noch auf Glasfaser- oder drahtlose Lösungen aus. Auch in Solarparks oder bei Power-to-Grid-/Gas-Anlagen kommen Entfernungen von mehr als 100 m vor; durch seine erhöhte Reichweite punktet SPE hier ebenfalls.

Einheitliches Steckgesicht für industrielle Anwendungen

Vor kurzem ist eine bedeutende Entscheidung bezüglich eines genormten SPE-Steckgesichts gefallen. Die Entscheidung bringt Klarheit und Sicherheit in ein lang erwartetes Thema. Besonders in der Fabrikautomatisierung, wo Profinet eine wesentliche Rolle spielt, wird dies als wichtiger Meilenstein wahrgenommen. Mit Hilfe eines einheitlichen Steckgesichts für Anwendungen im Schaltschrank, im Feld und für Hybridinstallationen entsteht ein verbindendes Element, das den Weg zu einem universellen SPE-Standard ebnet. Mit dem »universellen SPE-Standard« ist die von der PNO angestoßene Erweiterung der bereits bekannten IEC-63171-7-Spezifikation gemeint, die auf dem SPE-Hybrid-Steckgesicht beruht. Aktuell wird das neue SPE-Steckverbindersystem zur internationalen Standardisierung eingereicht. Die neue Steckverbinder-Generation stellt für die Industrie einen weiteren Schritt in die Zukunft dar. (Bild 5)

SPE per Steckverbinder oder Klemme

Bild 5: Die Profibus-Nutzerorganisation e.V. (PNO) spricht sich für ein einheitliches SPE-Steckgesicht aus.
Bild 5: Die Profibus-Nutzerorganisation e.V. (PNO) spricht sich für ein einheitliches SPE-Steckgesicht aus.
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Dank der vielseitigen Funktionalitäten kann SPE sowohl in industriellen Anwendungen als auch in vielen weiteren Branchen seine Leistungsfähigkeit ausspielen. Bei der Entwicklung von smarten Endgeräten wie etwa Sensoren müssen sich Gerätehersteller auch über die Anschlusstechnik Gedanken machen. Welche Anschlusstechnik nun zum Einsatz kommt, hängt jedoch oft von der Anwendung ab. Für Feldgeräte ist dabei häufig ein IP-Schutz nötig. Neben der Möglichkeit, einen IP-geschützten Steckverbinder an solchen Feldgeräten zu integrieren, besteht auch die Option, mit einer Kabelverschraubung die gewünschte IP-Schutzart herzustellen. Im Inneren der Geräte können nun Leiterplattenklemmen zum Einsatz kommen, die für die SPE-Datenübertragung getestet und geeignet sind. Dies bietet viele Vorteile. Zum einen hat der Gerätehersteller den Freiraum, die Position der kleinen SPE-Klemmen für ihn passend auf der Leiterplatte zu bestimmen. Zum anderen profitieren auch die Installateure vor Ort von der bekannten Schraub- oder Push-in-Anschlusstechnik. Je nachdem, wo solche Geräte installiert werden, stehen die Techniker vor verschiedenen Herausforderungen. Dank der eindeutigen Farbcodierung lassen sich auch in schwer zugänglichen oder mit ungünstigen Lichtverhältnissen behafteten Umgebungen die weiße und blaue Ader der SPE-Leitung eindeutig und intuitiv zuordnen, wodurch Fehler bei der Installation vermieden werden. (Bild 6)

Platzsparende Anschlusstechnik

Bild 6: Über PoDL ermöglicht die SPE-Leiterplattenklemme neben der 10-Mbit/s-Datenübertragung auch eine Versorgung des Feldgeräts mit Energie.
Bild 6: Über PoDL ermöglicht die SPE-Leiterplattenklemme neben der 10-Mbit/s-Datenübertragung auch eine Versorgung des Feldgeräts mit Energie.
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Neben der Installation IP-geschützter Feldgeräte können die SPE-Leiterplattenklemmen auch in IP20-Umgebungen ihre Stärken ausspielen, etwa in der Gebäudetechnik, wo ein Steckverbinder aus Platzgründen nur bedingt einsetzbar ist. Anwendungsfälle könnten dabei in einem Verteilerkasten oder auch in Unterputzdosen liegen. Genau hier bieten die Klemmen eine platzsparende Alternative. So lassen sich die Unterputz- oder auch Hutschienengeräte direkt über ein SPE-Verlegekabel anschließen und ins Netzwerk integrieren.

Fazit

Andy Schäfer, Product Manager PCB Connectors, Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg
Andy Schäfer, Product Manager PCB Connectors, Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg
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Es existieren viele weitere Bereiche, in denen -IP-basierte Netzwerke mit SPE sinnvolle Ergänzungen oder Neukonstruktions-Lösungen darstellen können – im Prinzip alle Anwendungen, die eine durchgängige und IP-basierte Kommunikation bei hoher Reichweite und beschränktem Platzangebot verlangen. Phoenix Contact hat sich schon früh mit dem großen Potenzial von SPE beschäftigt und bietet Unterstützung für dessen Integration. Die Möglichkeiten dieser Schlüsseltechnologie sind riesig. Im weitläufigen Gebiet der Digitalisierung bieten die Expertinnen und Experten das gewachsene Wissen, passende Tools und individuelle Services, um SPE für die Herausforderungen der Zukunft in den verschiedensten Bereichen um- und einzusetzen.

Der Autor:
Andy Schäfer, Product Manager PCB Connectors, Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg

Forum Single Pair Ethernet am 23.10.2025 in Ludwigsburg

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