Welche Bedeutung hat das Thema „Industrie 4.0“ für die Stromversorgungsbranche? Auf diese Frage fanden die Teilnehmer des Forums durchaus unterschiedliche Antworten: »Für mich ist das inzwischen nur noch ein Schlagwort, mit dem man Veranstaltungen und Kongresse interessant machen möchte«, stellt Tunk fest, »wenn man von der Produktion kommt, ist Industrie 4.0 etwas völlig anderes, als wenn man aus dem Vertrieb kommt oder wenn es um die Interaktion zwischen Firmen geht«.
Auch für Block-Manager Heinemann ist es in vielen Fällen nur noch ein Schlagwort. »Nach Definition kommuniziert die Maschine jetzt nicht mehr mit sich selbst, sondern auch mit ihrem Bediener«, so Heinemann, »aber nur weil die Maschine jetzt kommunikativer ist, arbeitet sie ja noch nicht schneller«. Kommunikation nach draußen könne dazu führen, dass Verschleißteile früher erkannt und rechtzeitig ausgetauscht werden können, »aber die große 4. Industrielle Revolution sehe ich deshalb noch nicht auf uns zukommen«.
»Was früher nur in der Großindustrie, etwa bei den Automobilherstellern, üblich war, greift nun auch immer mehr im mittelständischen Bereich um sich«, fasst Püthe seine Beobachtungen zusammen, »es werden immer mehr Informationen gesammelt. Ob sie dann auch wirklich ausgewertet werden, steht aber auf einem anderen Papier«. Maile stimmt ihm darin zu, »das im kundenspezifischen Bereich die Forderungen nach entsprechenden Schnittstellen und Features schon immer gegeben war. Wir sind gewohnt, das zur Verfügung zu stellen.«
Bei Phoenix Contact Power Supplies hat man sich, wie Heinemann berichtet, mit der Frage auseinander gesetzt, was Industrie 4.0 als Mehrwert im Stromversorgungsbereich bedeuten könne. Diese Überlegungen führten zu zwei Ergebnissen: Erstens dem Digital-Twin. Dabei handelt es sich um das digitale Abbild des Artikels, um dem Kunden die Integration zu erleichtern. Zweitens die Individualisierbarkeit der Stromversorgung ab der Stückzahl 1. Mit der 4. Generation der Quint-Power-Geräte wurde dieser Ansatz nun erstmals umgesetzt. »Der Kunde kann im E-Shop seine Stromversorgung individuell konfigurieren, von den Ausgangspannungen bis hin zu komplett anderen Ausgangskennlinien und Signalen«, berichtet Heinemann, »in dem Sinne könnte man diese Stromversorgung wirklich als Quint-Power 4.0 bezeichnen!«
Erdl erinnert in diesem Zusammenhang daran, das Kommunikationsfähigkeit bei Stromversorgungen nichts Neues ist, »im Bereich der Computer- und Telekommunikationsanwendungen ist das seit langem Standard, und nun wird sie vielleicht auch in den Industrieelektronikbereich Einzug halten«. Der Markt wird sich nach seiner Einschätzung differenzieren, »in diejenigen, die in Zukunft mehr Statusinformationen und Leistungsdaten erhalten wollen, und diejenigen, für die diese Informationen nicht so wichtig sind«. Eine Einschätzung, die Walter teilt: »Sicherlich gibt es damit die Möglichkeit, in Zukunft innerhalb eines Systems berichtsfähiger zu werden, aber nur im Sinne eines geschlossenen Systems«.
Erl und Walter sind sich ziemlich sicher, dass nur die wenigsten wirklich Internet-Zugang in ihrer Produktion haben wollen. »Dem theoretischen Mehrwert, sich über diesen Weg Einblick in den Maschinenablauf zu holen, steht ein viel größeres Sicherheitsrisiko gegenüber!« – »Ein paar Statusberichte über Feldbusse nach draußen geben, ja«, so Erdl, »aber deshalb die Rechner vernetzen, nein«. Stuxnet, so Erdl, sei noch nicht so lange her, und diese Schadstoffsoftware sei noch via Speicherstick eingeschleust worden. Auch Walter erinnert daran, wie viele Mitarbeiter, die oft nicht einmal zur eigenen Firma gehören, bei großen Unternehmen in der Produktion herumlaufen: »Das ist ein ausuferndes Thema, das wahnsinnig Geld kostet, wenn man da alles absichern will«.