Sie ist ein Eckpfeiler des European Green Deal, die neue EU-Batterieverordnung. Am 17. August 2023 in Kraft getreten, hat sie nach einer Frist von sechs Monaten seit dem 18. Februar 2024 in allen EU-Mitgliedsstaaten Gültigkeit erlangt. Zum Teil gelten aber noch deutlich längere Übergangsfristen.
Am hehren Ziel der Batterieverordnung äußert auch niemand unter den Teilnehmern des diesjährigen Batterie-Forums der Markt&Technik Kritik, sehr wohl aber an der Umsetzung, dem administrativen Aufwand und der Herleitung der einzelnen Punkte der umfangreichen Batterieverordnung. Der zentrale Vorwurf dabei: Ein großer Teil der Verordnung atme den Geist der Automotive-Welt. »Das mag aus Sicht der Automotive-Branche zielführend sein«, so Ralf Isermeyer, Gründer und CEO der VRI Batterie-Technik, »für mittelständische Batterie-Konfektionäre ist das aber kaum darstellbar und umsetzbar«.
Dazu kommt, dass vieles in der neuen EU-Batterieverordnung nicht klar definiert ist. »Vieles ist nebulös geschrieben und man weiß nicht, wo man sich hinlegen soll«, beklagt etwa Werner Suter, Geschäftsführer der Schweizer Tefag Elektronik, »und es gibt Kreuzverweise ohne Ende, das sorgt für zusätzliche Unsicherheiten und Interpretationsmöglichkeiten«.
Kurt Korn, Verkaufsleiter bei Omnitron Griese, sieht in der Umsetzung der neuen EU-Batterieverordnung durchaus auch Chancen: »Wir haben inzwischen eine eigene Abteilung geschaffen und letzte Woche etwa 16 Mitarbeiter bei einem Kunden geschult. Das ist durchaus nichts Unlösbares, wenn man sich damit befasst, und bietet Chancen zur Differenzierung.«
Thilo Hack, Vorstand bei Ansmann, findet den grundsätzlichen Ansatz der EUBatterieverordnung gut, »speziell wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht, da stehen aber große Speicher und Automotive im Mittelpunkt.
Der damit verbundene Batteriepass wird für Lösungen über 2 kW kommen, damit sind wir mittelständischen Konfektionäre mit dem, was wir heute tun, großteils erst mal raus«. Auch für ihn gilt mit Blick auf die neue EU-Batterieverordnung, »dass es sich grundsätzlich um etwas Gutes handelt, ich muss das dann aber auch so organisieren, dass das für alle umsetzbar ist«.
Das aktuelle Hauptproblem scheint nach Darstellung der Forumsteilnehmer darin zu liegen, »dass jeder das umfangreiche Werk der EU-Batterieverordnung anders liest und anders versteht – das führt aktuell zu einer großen Verunsicherung in der Branche, die von den Herstellern über die Konfektionäre bis zu den Anwendern reicht«. Ein aktuelles Beispiel dafür gibt Isermeyer: »Wir hatten bislang laut Batterieverordnung eine Unterteilung in fünf Batteriearten: Gerätebatterien, Batterien für leichte Verkehrsmittel, Batterien für Elektrofahrzeuge, Industriebatterien und Starterbatterien. Seit letzter Woche haben wir nun eine sechste Kategorie – die Komponenten-Kategorie.«
Wie aus der Diskussion der Teilnehmer deutlich wird, scheinen sich auch Industrieverbände in Deutschland manchmal darüber uneins zu sein, welche Batterie in welche Kategorie fällt. Zum Teil wird das davon abhängig gemacht, ob jemand die Batterie als Privatperson oder als Unternehmen kauft. Und dann sind da noch angestrebte Zukunftsmärkte wie der Second-Life-Einsatz von Batterien aus dem Elektroautoeinsatz für die Verwendung in Energiespeichern. Wie genau ist das einzuordnen? Im Detail ist die neue EU-Batterieverordnung umfangreich und detailliert, ihre Umsetzungsziele reichen teilweise bis in die Mitte des nächsten Jahrzehnts.
In Frage stellen einige Diskussionsteilnehmer beispielsweise die Vorgaben für recycelte Inhaltsstoffe für Batterien. Zwar gäbe es Batteriehersteller in Europa, die diese Vorgaben dann wohl auch umsetzen würden, »aber die meisten Batteriehersteller sitzen außerhalb der EU«, merkt Isermeyer an. »Wie soll ich einen chinesischen Hersteller dazu zwingen, sich an diese Vorgaben zu halten? In China gelten unsere europäischen Vorgaben nicht.« Dass ausländische Batteriehersteller zwei Fertigungen fahren, eine für Europa und eine für die übrige Welt, ist wohl unwahrscheinlich.
Die Ansicht, bei der neuen EU-Batterieverordnung handle es sich um ein protektionistisches Gesetz, teilt keiner der Diskussionsteilnehmer. So hätten die chinesischen Hersteller in den Normungsausschüssen in Brüssel gesessen, als die EU-Batterieverordnung entstand. Zum Teil habe die Europäische Kommission mit dem Argument Druck gemacht, wenn die EU-Normungsausschüsse nicht Tempo machten, würde man die fertigen chinesischen Normen übernehmen, um schneller ans Ziel zu kommen.
Fazit der Diskussion: An der nachhaltigen Ausrichtung der EU-Batterieverordnung gibt es aus der Branche keine grundlegende Kritik, sehr wohl aber an der Automotive-Lastigkeit der Verordnung, die in ihren Kosten für Mittelständler kaum darzustellen ist. Nach Angaben der Verbände gehen inzwischen wöchentlich Änderungsanträge nach Brüssel, »nur wann diese Änderung dann wirklich kommen«, so Isermeyer, weiß leider keiner. Und so herrscht weiter Planungsunsicherheit in der Branche, schließlich will niemand in den nächsten Monaten Detailvorschriften umsetzen, die dann in einem Jahr wieder abgeändert wurden.
Mehr über die aktuellen Entwicklungen in der Batterie- und Akku-Welt jenseits der EU-Batterieverordnung erfahren Sie im Trend-Guide »Stromversorgung & Power-Management«, der am 19. Juli erscheint.