Zelltesting und präventive Zellqualifizierung, wie sie das neue Ansmann-Batterielabor zum Aufbau seiner umfangreichen, auch ungewöhnliche Zellarten umfassenden herstellerneutralen Zelldatenbank praktiziert, ist kein Selbstzweck, sondern dient dem Ziel, die Bedürfnisse der Kunden optimal zu erfüllen.
Mehr als 400 unterschiedliche Zellen – über 300 Rundzellenarten, 60 prismatische und 40 sonstige – erfasst die Ansmann-Zelldatenbank derzeit, qualifiziert und vermessen im neuen Batterielabor. Ziel ist die optimierte Beratung der Kunden des Unternehmens bei neuen Akkulösungen. Denn bekanntermaßen hat jede Akkuanwendung ein sehr spezifisches Anforderungsprofil, für das die üblichen Standardzellen häufig nicht die beste Wahl sind.
Aus diesem Grund variiert Ansmann auch sehr stark bei den Herstellern. Neben den weltbekannten koreanischen und chinesischen Zellherstellern sind mit Murata, Eve, BAK, Great Power, Haidi und anderen europäische und internationale Hersteller im Portfolio, die sonst eher wenig Aufmerksamkeit erhalten und selten in die Auswahl geeigneter Akkuzellen einbezogen werden. Darunter eine ganze Reihe von Zellen, von denen aufgrund besonders herausragender Eigenschaften und Messergebnisse genau ein Zelltyp des jeweiligen Herstellers in die Ansmann-Zelldatenbank aufgenommen wurde.
Systematisch ist ein Expertenteam von Ansmann darum weltweit auf der Suche nach immer neuen Zelltypen und testet sie auch auf ungewöhnliche Parameter. Warum aber hat sich das Unternehmen entschlossen, in Form eines »Batterielabors« so massiv in die Bereiche Zellvermessung und -benchmarking zu investieren und stetig auszubauen? Im Grunde liegt die Antwort auf der Hand: So nimmt die Anzahl der Zellformate stetig zu. Überdies steigt die Zahl der Zellchemien und der Zellhersteller. Damit wird die Frage, welche Zelle sich am besten für welche Anwendung eignet, immer komplexer und schwerer zu beantworten. Hinzu kommt, dass die Datenblätter der Zellhersteller häufig nur einen begrenzten Teil der Wahrheit verraten, und das nur unter Idealbedingungen. Präventive, systematische Messreihen – auch über Monate hinweg und auch nach dem Zellausfall – schaffen dagegen Klarheit über die Eignung eines Zelltyps für spezifische aktuelle und kommende Anwendungen.
Die Verwendung ungeeigneter Zellen kann sich sehr negativ auf die Leistung und die Lebensdauer eines Akkupacks auswirken. So führt die überdurchschnittliche Alterung der Zellen in einer Anwendung dazu, dass die Kapazität und die Lebensdauer des Akkupacks schneller als erwartet abnehmen, was beim Endkunden des Kunden zu Reklamationen führen kann. Denn altert die Zelle vorzeitig, erhöht sich unter anderem ihr Innenwiderstand zu stark. Ihr Wirkungsgrad und ihre Leistungsfähigkeit in der Anwendung nehmen frühzeitig ab. Was immer die kritischen Auswahlkriterien waren, sei es Stromabgabemöglichkeit, Beschleunigung oder anderes: Die Performance des Akkupacks wird beeinträchtigt.
Damoklesschwert Zellalterung und Zellausfall
Vergleichbar und kaum weniger wichtig für die durchschnittliche Performance einer Geräteserie beim Endkunden ist das Problem der ungleichmäßigen Alterung in einem Akkupack: Wenn die Zellen innerhalb des Packs ungleichmäßig altern, kann auch dies zu einer unvorhersehbar verkürzten Lebensdauer führen und den vorzeitigen Austausch des Akkupacks erforderlich machen. Häufige Praxis ist dies im medizinischen Bereich. Akkupacks haben dort ein »Best before«-Datum mit üppigem Sicherheitspuffer, um Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Durch die Verwendung optimaler Zellen mit – auch in kritischen Situationen – gut bekanntem Verhalten kann dieses Datum deutlich nach hinten geschoben und damit Austauschkosten gespart werden. Ähnliches gilt für die radikale Reduktion der Wahrscheinlichkeit eines Komplettausfalls von Zellen innerhalb eines Packs. Auch dafür ist die gute Kenntnis des jeweiligen Zellverhaltens Voraussetzung.
Fakt ist: Wenn elektrisch betriebene Geräte wegen Schwächen des Akkupacks nicht die erwartete Leistung, Zuverlässigkeit und Lebensdauer bieten, kann die nicht optimale Zellauswahl sowohl für den Hersteller als auch für den Endnutzer erhebliche Kosten und Unannehmlichkeiten verursachen. Das klingt einfach und logisch. Fakt ist jedoch ebenso, dass das Belastungsprofil erheblichen Einfluss auf diese Parameter hat, insbesondere auf die Lebensdauer – jedoch ohne aufwendige Tests, wie sie Ansmann vornimmt und in der Datenbank auch für kommende Fragestellungen und Projekte zugänglich macht, nicht in die Zellauswahl einbezogen werden kann.
Wie groß die Unterschiede sein können, zeigt die nachfolgende Grafik. In Bild 1 sind die erreichten Zyklenzahlen bei unterschiedlicher Last abgebildet.
Ein besonders innovativer Ansatz im Zelltestlabor in Assamstadt ist außerdem das Testen über das Ende der vorgesehenen Lebensdauer hinaus. Dabei wird untersucht, wie sich die Zelle nach Ablauf ihrer Lebensdauer verhält. Ein kritischer Aspekt ist dabei, ob das Überdruckventil auslöst und die Zelle spannungsfrei wird, wodurch der gesamte Pack ausfällt und unbenutzbar wird. Diese Tests sind entscheidend, um die Zuverlässigkeit von Zellen und Akkupacks auch über ihre erwartete Lebensdauer hinaus zu gewährleisten und mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und zu minimieren.
Investition im modernen Testgerätepark mit erfahrenem Testteam
Mit neuen Batteriezell- und Packtestgeräten und zusätzlichen Temperaturschränken rücken nun die Experten für mobile Energie diesen Themen bei Ansmann bedarfsgerecht systematisch zu Leibe. Ein erfahrenes Expertenteam mit vier Mitarbeitern mit jeweils langjähriger Erfahrung und unterschiedlichem fachlichen Hintergrund erstellt die Prüfabläufe, begleitet die Messreihen und verfasst einen detaillierten Analysebericht. Es berät bei der Zellauswahl und unterstützt Kunden eigener oder fremder Produkte gezielt bei Akkuproblemen während der Produktlaufzeit. Ebenso ermöglichen die Daten die Beratung zu den Nutzungsparametern der Zelle oder des Packs bezüglich optimaler Ladeschlussspannung/Lade-/Entladeströme und Temperaturfenster. Zentrale Anwendungsparameter für die Analyse der Prüflinge sind dabei: Zyklenfestigkeit, nutzbare Kapazität, State-of-Health (SOH), Temperaturverhalten und Spannungsverlauf. Diese werden verglichen und die für den jeweiligen Bedarf geeignetste Zelle ausgewählt (Bild 2).
Nachhaltige Hilfe auch für Akkuprobleme im Bestandsmarkt
Nützlich ist das neue Detailwissen über das Verhalten bestimmter Zellen in Akkupacks jedoch nicht nur für Neuentwicklungen. Immer häufiger gibt es auch Anfragen für Analysen der Zellen in der aktiven, laufenden Anwendung – vor allem, wenn Herausforderungen bei der Nutzung der Batterien im Gerät auftreten, wenn zum Beispiel Packs vermehrt zu früh ausfallen. Dabei kann im Versuch eine Vielzahl von Parametern erfasst werden. Dazu gehören die relative und absolute Kapazität, der Innenwiderstand über den Lebenszyklus, die Temperatur des Prüflings und der Umgebung. Auch die Lebensdauer und Zyklenfestigkeit der Zellen, Lastprofile und dynamische Lastwechsel lassen sich nach genau vordefinierten Anforderungen simulieren und in der Praxis anwenden. In der nächsten Grafik werden präzise Lastprofile der Anwendung unter verschiedenen Zuständen nachgebildet und real an der Zelle beaufschlagt.
Vermessen werden im neuen Zelltestlabor in Assamstadt Rundzellen in allen typischen Größen wie 18650, 21700, 26650, 32140 – von 10280er als kleinster bis 60144er als größter Rundzelle reicht die Bandbreite. Dazu alle im Endverbraucherbereich üblichen Größen wie AAA, AA, C, D, 9-V-Blocks, Knopfzellen und weitere. Auch andere Zelltypen wie Pouchzellen und prismatische Zellen können geprüft werden. Ebenso gibt es bezüglich der Zellchemie kaum Einschränkungen – von Li-Ion, Li-Po, Li-Fe, NiMH, Alkaline, Zink bis hin zu neuen Kandidaten wie natriumbasierte Zellchemien. Testen können die Experten in ihrem Labor Zellen und Packs im Leistungsbereich zwischen 1 mWh und 10 kWh (Bild 3).
Durch Investitionen in einen modernen Anlagenpark an Mess- und Simulationsgeräten namenhafter Hersteller sowie mehrer Temperaturschränke sind alle wichtigen Parameter in breiter Spanne mess- und abbildbar. Die messbare Spannung reicht derzeit bei Einzelzellen von 0 V bis 5 V und bei Packs von 5 V bis 80 V. Bei der Stromstärke bis 400 A und Spitzenleistung von 2 kW, bei Zellen bis 280 A mit Spitzenleistung von 6 KW bei Packs. All dies in einem Temperaturbereich von Zelle und Pack von - 40 °C bis +100 °C und einer Umgebungstemperatur zwischen -40 °C und +100 °C.
Dank der erweiterten Testmöglichkeiten ergeben sich deutliche Vorteile im Hinblick auf die Produktlebensdauer: Optimierte Zyklenfestigkeit in Relation zur Produktlebensdauer, die Kapazität, die der Zelle oder dem Pack aufgrund ihres Lastprofils entnommen werden kann, der State-of-Health über die Anzahl der Zyklen und die Erfassung des Verhaltens von Prüflingen im relevanten Temperaturbereich ermöglichen es, das Produkt des Kunden und damit auch die Erfahrung der Benutzer mit dem jeweiligen Produkt nachhaltig zu optimieren – in den Kerneigenschaften, die es ausmachen.
Längere Akkupack-Wechselintervalle, längere Produktlebensdauer
Als besonders interessanter Vorteil für qualitativ sehr hochwertige oder sicherheitskritische Anwendungen erweist sich die Optimierung der empfohlenen Wechselintervalle anhand der zu erwartenden Lebensdauer. Sie kann auf Basis der im Labor ermittelten Daten deutlich gezielter erfolgen als zuvor. Ein aktuelles Beispiel für Kosteneinsparung aus dem Maintenance-Bereich zeigt: Durch Tests anhand der konkreten Geräte-Belastungsprofile konnte vor Kurzem bei einem sehr leistungsstarken, hochwertigen Akkupack im Dentalbereich die zu erwartende Lebensdauer vorab konkret ermittelt und das notwendige Austauschintervall im Feld für den Kunden sehr präzise festgelegt und dadurch deutlich verlängert werden.
Stefan Ehrler, Innovationsmanager bei Ansmann, ist die hohe Präzision und Realitätsnähe wichtig, in der diese Tests nun seit zwei Jahren umgesetzt werden können. Neu ist dabei auch die präventive Datensammlung über das exakte Zellverhalten in verschiedenen Stadien der Nutzung, während Qualitätstests an Zellen seit jeher gemacht werden. Auch Zellen bis zum Versagen zu testen, wäre nicht neu. Ehrler ist seit 2010 bei Ansmann tätig. Ihn zeichnen mehr als zwölf Jahre Erfahrung in der Qualitätssicherung und im Service rund um das Thema Akkupacks und Einzelzellen und die daraus resultierenden Herausforderungen in der Anwendung aus. Seine Erfahrungen von Kunden-, Produktions- und Lieferantenseite rund um das Thema Zellen bringt er seit zwei Jahren in das neu gegründete Zellkompetenzteam ein.
Für Ehrler und seine Kollegen ist es wichtig, dass dieser neue, konsequente Schritt zur Erweiterung der Zelltestungs- und Zellvermessungsmöglichkeiten – wo erforderlich auch mit Profilerstellung über Monate hinweg – es nun ermöglicht, bei der Vorauswahl von Zellen viel gezielter vorzugehen. Dadurch ist es nun möglich, die Optimierung des Lebenszyklus der Zellen und der Akkupacks im Produkt viel exakter vorzunehmen und dem Kunden dadurch mittelfristig Aufwand und Kosten zu ersparen.
Der Nutzen der erweiterten Zelltestung ist vielfältig. Durch präzise Tests und Analysen wird sichergestellt, dass der ausgewählte Zelltyp die Anforderungen der spezifischen Anwendungen eines Kundenprojekts optimal erfüllt. Zudem nutzt das Zellkompetenzteam seine neuen Möglichkeiten auch für Analysen der Zellen in der aktiven, laufenden Anwendung. Dies ermöglicht die gezielte Beratung bei Akkuproblemen während der Produktlaufzeit sowie eine optimierte Nutzung der Zellen und Packs. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kostenoptimierung. Durch die Auswahl der richtigen Zellen können die Gesamtkosten für den Kunden gesenkt werden, da weniger häufige Austauschintervalle und eine höhere Effizienz der Zellen die Betriebskosten senken.