Im SiC-Bereich fallen die neuen 400-V-SiC-MOSFETs von Infineon auf, andere Unternehmen bereiten sich vor allem auf den Übergang von 150- zu 200-mm-Wafern in der SiC-Fertigung vor. GaN erreicht in vielen Applikationen Tipping-Points und erweitert sein Anwendungs-Portfolio.
KI ist die Zukunft – das mag in vielen Punkten richtig sein, hat aber auch dramatische Konsequenzen für den weltweiten Energiebedarf. Betrug der Strombedarf der Datencenter 2022 weltweit noch 2 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs, werden es bis 2030 voraussichtlich bereits 7 Prozent sein. »Das entspricht in etwa dem Jahresbedarf von Indien«, ordnet Dr. Gerald Deboy, Senior Principal bei Infineon Technologies Austria, diese Zahl bei seiner Keynote-Speech auf der PCIM ein.
Der Energiebedarf einer KI-gestützten Zukunft lässt sich auch noch anders darstellen. Eine normale Google-Anfrage hat einen Energiebedarf von weniger als 1 Wh. Im Fall einer GPT-3-Anfrage bewegt sich der Bedarf bereits zwischen 1 und 10 Wh. Für das GPT-3-Training veranschlagen die Experten jedoch über 1 GWh. Um die benötigte Energie so effizient wie möglich zu nutzen, hat Infineon auf der PCIM die ersten 400-V-SiC-MOSFETs auf dem Markt vorgestellt und gleichzeitig das Rätseln darüber gelüftet, wofür diese neue Spannungsklasse von SiC-MOSFETs wohl gedacht sein mag.
Im Vergleich zu bestehenden 650-V-SiC- und Silizium-MOSFETs zeichnen sich die neuen Bauteile durch extrem niedrige Leistungs- und Schaltverluste aus. In einem mehrstufigen PFC implementiert, lässt sich mit ihnen der Spitzenwirkungsgrad an AC/DC-Stufen, wie sie in Server-Racks von Datencentern zum Einsatz kommen, auf über 99,5 Prozent steigern. Damit bleibt eine Leistungsdichte von mehr als 100 W/Inch3 erhalten. Gegenüber einem 650-V-SiC-MOSFET bedeutet das eine Effizienzsteigerung um 0,3 Prozentpunkte. Komplettiert wird die Schaltung für KI-Server-Stromversorgungen durch CoolGaN-Transistoren in der DC/DC-Stufe. Mit dieser Kombination aus Hochleistungs-MOSFETs und Transistoren kann das Netzteil mehr als 8 kW liefern. Im Vergleich zu aktuellen Designs entspricht das einer Verdreifachung.
Wie massiv sich inzwischen der Ramp-up der SiC-Welt entwickelt, wurde auch in einem Vortrag von Dr. Ino Kazuhide, Managing Executive Officer in Charge of Power Device Business und Member of the Board bei Rohm Semiconductor, deutlich. Einem aktuellen Umsatzziel von rund 760 Millionen Dollar im SiC-Bereich im Geschäftsjahr 2025 steht ein angestrebter Umsatz von über 1,5 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2027 gegenüber. Zählt man den Wert der Design-Wins zusammen, kommt man im Geschäftsjahr 2028 bei Rohm im SiC-Bereich auf ein Auftragspolster von fast 7 Milliarden Dollar. Für das Geschäftsjahr 2027 erwartet Rohm einen Gesamtumsatz im Leistungshalbleiterbereich von knapp 3 Milliarden Dollar, mehr als die Hälfte davon werden auf Wide-Bandgap-Bauteile entfallen.
Bewerkstelligt wird dies zum einen durch den beschleunigten Ausbau der Fertigungskapazitäten wie etwa der 8-Zoll-Fab in Chikuga und den Ausbau der vertikal integrierten Fabrik in Miyazaki, die in diesem Jahr mit der Fertigung von 8-Inch-Substraten beginnt.
Um die Effizienz der Anstrengungen zu erhöhen, arbeitet man eng mit Toshiba zusammen. So wird Rohm die neu eröffnete 300-mm-Fab von Toshiba in Kaga zur Fertigung von Silizium-Leistungshalbleitern wie MOSFETs und IGBTs nutzen, während Toshiba die neuen Fertigungskapazitäten in Miyazaki für die Fertigung seiner SiC-Dioden und -MOSFETs nutzen wird, wie Armin Derpmanns, Vice President Marketing & Operations bei Toshiba Electronics Europe, bestätigt. Er macht auch klar, dass sich Toshiba im GaN-Bereich intensiv darum bemüht, bis 2026 mit Normally-Off-Bausteinen auf den Markt zu kommen.
Bei Wolfspeed ist man derzeit intensiv damit beschäftigt, die Fertigungskapazität auf den 200-mm-Linien nach oben zu fahren. Dass das nicht ganz so schnell gelingt, wie das vielleicht einmal ursprünglich geplant war, hat nach Auskunft von Guy Moxey, Vice President Power Development, den einfachen Grund, »dass mit der Umstellung auf 8-Zoll-Wafer und das damit verbundene neue Equipment eine Lernkurve verbunden ist«. Eingefriedet werden konnten inzwischen offenbar auch die Sorgen einiger Investoren, die in den vergangenen Monaten dazu geführt hatten, dass die Marktkapitalisierung von Wolfspeed unter Druck kam. »Es ist nicht ganz einfach, Investoren zu erklären, warum ein Unternehmen, das etwa 1 Milliarde Dollar einnimmt, für mehrere Milliarden Dollar investiert.« Um hier für eine größere Transparenz zu sorgen, ist CEO Gregg Lowe inzwischen dazu übergegangen, in seinen Quartalsberichten dezidiert auf die Fortschritte in der neuen 8-Zoll-Fab einzugehen und die weitere Entwicklung dort zu skizzieren. In Endeffekt, so Moxey, »wird Wolfspeed dann bereits die volle Kapazität im 8-Zoll-Bereich erreicht haben, wenn der Wettbewerb gerade damit beginnt, seine Erfahrungen mit dem Ramp-up zu machen«.
Neues gab es auf der PCIM auch von VisIC Technologies. Nachdem das Unternehmen zu Beginn des Jahres mit massiven Problemen zu kämpfen hatte, weil die chinesischen Investoren die nötigen Investitionsmittel nicht aus China herausbekamen, wie am Stand erläutert wurde, läuft nun mit dem Einstieg westlicher Investoren wieder alles nach Plan.
So war am Stand unter anderem ein GaN-basiertes 400-V/600-A-Drop-in-Replacement für eine existierende SiC-basierte Anwendung eines namhaften Automobilherstellers zu sehen. Und dass der Wettbewerb für SiC in bestimmten Marktsegmenten noch härter werden dürfte, zeigen die zukünftigen Pläne. So wartet man derzeit nach Auskunft von Dieter Liesabeths, Senior Vice President, darauf, dass Aixtron seine Geräteentwicklung in der Richtung vorantreibt, dass ab 2027/28 GaN on Silicon auf 300-mm-Wafern gefertigt werden kann.
Manchmal kommt eine Messe einfach ein paar Tage zu früh, so im Fall Pulsiv. Nick Theodoris, Director of Global Sales and Distribution bei Pulsiv, hätte auf der PCIM nur allzu gerne fertige Module für USB-C-Anwendungen präsentiert, die auf der Osmium-Technologie von Pulsiv basieren und die das Unternehmen zusammen mit dem GaN-Spezialisten Innoscience und dem Magnetik-Experten Frenetic entwickelt hat. Das Modul misst 32 mm × 32 mm × 22,5 mm und wird damit nach Angaben von Theodoris das kleinste und mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von mehr als 95 Prozent das effizienteste 65 W-Modul auf dem Markt sein. Während die ersten 65-W-Produkte wohl bereits Anfang September auf dem Markt erhältlich sein werden, kündigt Theodris für die electronica 2024 bereits Modelle mit 100 und 140 W an.