Vorteile von Silizium und SiC verbinden

Wärmepumpen erfordern optimierte Lösungen

23. September 2024, 14:00 Uhr | Von Frank Malik und Radoslav Valchev, Toshiba Electronics Europe
Ein Referenzdesign mit dem Ziel, den Bau möglichst effizienter Wärmepumpen dadurch zu ermöglichen, dass man die Vorteile von Silizium- und SiC-Bauteilen kombiniert.
© Toshiba Electronics

Toshiba Electronics stellt mit dem RD219 ein Referenzdesign für den Bau effizienter Wärmepumpen vor. Dabei werden fortschrittliche Siliziumkomponenten für die digitale Steuerung und leistungsstarke Bauelemente verwendet, die das Potenzial von Wide-Bandgap- und Siliziumtechnologien optimal nutzen.

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Wärmepumpen haben sich zur bevorzugten Wahl für kohlenstoffarme Heiz- und Klimasysteme entwickelt. Dank ihres hohen Leistungskoeffizienten (COP) können sie eine weitaus effizientere Temperaturregelung im Haus und Büro bieten als herkömmliche Systeme. Damit noch mehr Wärmepumpen zum Einsatz kommen, müssen die Hersteller Materialliste und Systemkosten sorgfältig prüfen. Referenzdesigns bieten wertvolle Orientierungshilfen, da sie zeigen, wie verschiedene Komponenten durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Technologien mehr leisten können als die Summe ihrer Einzelteile.  

Wärmepumpen basieren auf einem starken, aber einfachen Konzept: dem Wärmeaustausch mit der Umgebung eines Gebäudes durch gezielte Verdichtung und Expansion eines Kältemittels. Mit diesem Prozess erreicht die Wärmepumpe eine optimale Energieausnutzung.

Schwerpunkt auf Leistungsumwandlung

Entscheidend für einen effektiven Wärmeaustausch ist die Motorsteuerung, da sie Verluste reduziert und eine optimale Energienutzung ermöglicht. Toshiba hat das Referenzdesign RD219 entwickelt, um Ingenieure bei der Entwicklung einer effizienten Wärmepumpensteuerung zu unterstützen. Herzstück dieses Designs ist ein einzelner Mikrokontroller (MCU) in Kombination mit verlustarmen Leistungskomponenten in einer Architektur, die die Materialkosten optimiert.

Die Technologie zur Leistungsumwandlung spielt eine tragende Rolle im gesamten ­Design. Sowohl der Kompressor sowie die Flüssigkeits- und Luftpumpen sind zentrale Stellen für die Motorsteuerung. Um den Fluss des Kältemittels im Innenheizsystem zu regeln, werden Kreislaufpumpen und Ventile verwendet, die entweder mit Motoren oder Magnetspulen (Solenoiden) betrieben werden. Permanentmagnet-Synchronmotoren (PMSM) oder bürstenlose Gleichstrommotoren (BLDC) mit geringem Stromverbrauch können genutzt werden, um zusätzliche Lüfter anzutreiben und die Luftverteilung im Innenbereich zu erhöhen.

Da Wärmepumpen erhebliche Mengen an Strom verbrauchen, ist eine effiziente Gleichrichtung der Netzwechselspannung eine wichtige Anforderung an die Stromversorgungselektronik. Bei den Designs muss eine Leistungsfaktorkorrektur (PFC) durchgeführt werden, um hohe Mengen an Blindleistung zu vermeiden, die durch einfache Gleichrichterschaltungen entstehen, selbst unter Einsatz von kapazitiver Glättung.

Aktive PFC-Schaltungen bieten bessere Korrekturmöglichkeiten. Wenngleich Entwickler zwischen verschiedenen PFC-Methoden wählen können, bietet der nichtlückende Betrieb (kontinuierlicher Leitungsmodus, CCM) die geringste Stromwelligkeit. Eine Konsequenz daraus ist die potenzielle Erzeugung eines Rücklaufstroms, der sich auf den Strom auflegt, der durch die Induktivität der Schaltung fließt, wenn die Leistungstransistoren ausgeschaltet werden.
Durch die Verwendung einer Schottky-Diode wie Toshibas TRS24N65FB lassen sich die Verluste minimieren. Ihre Siliziumkarbid-Technologie sorgt für eine geringere gespeicherte Ladung und damit für niedrige Schaltverluste. Ein schnell schaltender IGBT wie der GT30J65MRB steigert die Effizienz zusätzlich.

Besonderes Einsparpotential bietet der Kompressormotor der Wärmepumpe.

Feldorientierte Steuerung

Der Schlüssel zur Effizienz dieses Motors liegt in der Nutzung einer fortschrittlichen feld­orientierten Regelung (FOC) anstelle einfacherer Methoden wie Volt pro Hertz. FOC passt kontinuierlich den Strom an, der den drei Gruppen von Statorwicklungen in einem typischen bürstenlosen Gleichstrommotor (BLDC) zugeführt wird, um den Rotor von einer Position zur nächsten zu bewegen. Im Gegensatz dazu weisen einfache Steuerungs-methoden verschiedene Mängel auf, zum Beispiel starke Drehmomentschwankungen, übermäßige Verluste und eine langsame Reaktion auf schnelle Änderungen der Lastbedingungen.

Bei der FOC ist das Drehmoment das zentrale Element der Strategie. Die Technik funktioniert, indem das Magnetfeld im Inneren des Motors präzise modelliert wird. Sie verwendet dieses mathematische Modell, um den Zustand des Motors einschließlich der Rotor­position zu jedem Zeitpunkt vorherzusagen. Wenn sich die Lastbedingungen ändern und die Sensoreingaben beeinflussen, reagiert die FOC, indem sie die Strom- und Spannungsversorgung für jede Phase anpasst. Diese Reaktionsfähigkeit stellt sicher, dass der Motor auch bei wechselnden Last- und Geschwindigkeitsanforderungen mit optimaler Effizienz arbeitet.

Ein wesentlicher Vorteil der FOC liegt in ihrer Fähigkeit, die Oberwellenverzerrung im elektrischen System zu reduzieren. Diese Methode gewährleistet, dass die dem Motor zugeführte Stromwellenform einer gleichmäßigen Sinuskurve entspricht, und verringert damit die Verluste, die mit Oberwellenströmen verbunden sind. Somit erzeugt der Motor weniger Wärme, und die Gesamteffizienz des Systems verbessert sich.

Durch die Nutzung eines mathematischen Modells zur Bestimmung des Rotorzustands entfällt die Notwendigkeit, bei der Konstruktion Positions- oder Drehbewegungssensoren zu verbauen. Der Algorithmus ist in der Lage, den Rotorwinkel lediglich mithilfe des Stromrückkopplungssignals eines einfachen Shunt-Widerstands zu berechnen.

Hochgeschwindigkeitsverarbeitung

Das mathematische Modell erfordert komplexe Berechnungen, die auf wiederholten Multi­plikationen sowie Sinus- und Kosinusfunktionen beruhen. Dies stellt eine Herausforderung für herkömmliche MCUs dar. Sie verfügen selten über optimierte Befehlssätze für solche spezifischen Aufgaben. Um diese Geräte nutzen zu können, müssen Entwickler Softwarefunktionen auf Basis von Lookup-Tabellen für die trigonometrischen Funktionen implementieren und komplexe Multiplikationen durch Multi-Instruktions-Emulation nachbilden. Eine Alternative besteht darin, einen digitalen Signalprozessor (DSP) zu verwenden, der die erforderliche Hardware­unterstützung für diese Operationen bietet, allerdings möglicherweise nicht über die notwendige Infrastruktur für eine Interrupt-gesteu­erte Ein-/Ausgabesteuerung verfügt, die ebenfalls für die Motorsteuerung erforderlich ist.

Obwohl die Pumpenmotoren relativ einfache Motorsteuerungstechniken verwenden können, da sie nicht den großen Drehmomentschwankungen des Kompressors ausgesetzt sind, gibt es Benutzeranforderungen, die das Design kompliziert machen. So führen die Drehmomentschwankungen bei einfachen trapezförmigen Steuersignalen, die häufig zur Steuerung von BLDC-Motoren verwendet werden, zu unerwünschtem Lärm und Vibrationen. In Wohnumgebungen, in denen Menschen möglicherweise in der Nähe der Außeneinheit der Wärmepumpe schlafen, stellt das ein Problem dar.

Daher könnten Systementwickler es als notwendig erachten, mehrere MCUs einzusetzen, möglicherweise in Kombination mit einem DSP, um die FOC-Berechnungen durchzuführen. Durch sorgfältige Beachtung der Anforderungen der einzelnen Subsysteme lässt sich jedoch eine Lösung finden, bei der ein einziges System-on-Chip (SoC) sämtliche Hauptfunktionen einer Wärmepumpe steuern kann.

Integriertes Design

Für FOC und andere Algorithmen, die fortgeschrittene arithmetische und trigonometrische Funktionen erfordern, besteht eine ­Lösung darin, einen Hochgeschwindigkeits-Arm-Cortex-M-Prozessor zu verwenden und diesen in Kombination mit On-Chip-Beschleunigern einzusetzen. Beispiel dafür ist ­Toshibas TMPM4KL, der den auf Arm Cortex-M4 (RISC) basierenden Prozessorkern mit einer Geschwindigkeit von bis zu 160 MHz nutzt. Eine wichtige Ergänzung des Prozessorkerns ist die Advanced Vector-Engine (A-VE), die die benötigte Hardwareunterstützung und Befehle bereitstellt, um die für FOC erforderliche fortschrittliche DSP-Leistung zu erbringen.

Es ist möglich, die Leistung der PWM durch den Einsatz von On-Chip-Hardwareeinheiten wie Toshibas A-PMD zu verbessern. Diese Einheit implementiert eine Wellenformgeneratorschaltung, die mit einer synchronen Trigger-Generationsschaltung verbunden ist. Über drei Phasen hinweg erzeugt die Wellenformgeneratorschaltung in jedem Zyklus die entsprechenden PWM-Signale. Damit ist auch das Einfügen einer Totzeitperiode für jede Phase möglich, was ein entscheidendes Element der PWM-Algorithmen ist, um Kurzschlüsse in den Leistungsschaltstufen zu verhindern. Diese Funktionen können automatisch basierend auf den von einem einzelnen Strom-Shunt erhaltenen Daten geplant werden.

Toshibas Referenzdesign RD219 koppelt den TMPM4KL mit weiteren sorgfältig ausgewählten Unterstützungskomponenten. Im Kompressorteil sorgt beispielsweise der MOSFET TK20A60W5 600V DT-MOS für geringe Leitungsverluste und ermöglicht schnelles und effizientes Schalten dank niedriger parasitärer Kapazitäten. Vereinfacht wird die Steuerung der Motorschaltphasen durch den TPD4204F, der einen Pegelwandler-Gate-Treiber-IC mit Superjunction-MOSFETs integriert.

Weitere Motoren lassen sich mit dem Motorsteuerungstreiber TC78B011FTG durch sensorlose sinusförmige Regelung steuern. Mit dem TMPM4KL ist es möglich, dies alles zu verwalten, da er dank seiner Beschleuniger die Kapazität hat, zwei Motoren mit FOC zu steuern, die PFC durchzuführen und die Steuerung von Pumpenmotoren und elektromagnetisch betriebenen Ventilen zu übernehmen.

Insgesamt ergibt sich ein Referenzdesign, das die Grundlage für den Bau effizienter Wärmepumpen bildet. Die Verwendung von fortschrittlichen Siliziumkomponenten für die ­digitale Steuerung und leistungsstarke Bauelemente führt zu einer optimalen Nutzung des Potenzials von Wide-Bandgap- und Siliziumtechnologien. Auf diese Weise sorgt das Referenzdesign für niedrigere Systemkosten und eine verkürzte Entwicklungszeit.


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